Flutbasalte. Eine Wortkombination, die meiner Meinung nach schaurige Assoziationen weckt. Es sind die größten vulkanischen Eruptionen, die bis dato bekannt sind und haben auch unsere Entwicklung vermutlich stärker beeinflusst, als das allgemeine Schulwissen lehrt. Sie eignen sich wunderbar um mittel- und langfristig Untergangsstimmung in einer Spielwelt zu verbreiten, ohne sie gleich mit einem Schlag auszulöschen (wie bei Meteoriteneinschlägen vergleichbarer Intensität).
Flutbasalte, Plateaubasalte, oder “Traps” sind eine Unterkategorie der Large Igneous Provinces (LIP), riesige Akkumulate aus Vulkangestein, die in diesem Fall allerdings subaerisch (über der Meeresoberfläche) stattfinden. Aus unzähligen, kilometerlangen Spalten dringt überwiegend dünnflüssige Lava empor und bedeckt tausende bis Millionen von Quadratkilometern. Im Laufe der wenige Hunderttausend bis wenige Millionen Jahre andauernden Aktivität können Schichtfolgen von 2km Mächtigkeit entstehen. Während der Aktivitätsphase können bis zu 1000 kubikkilometer gefördert werden. Diese Zahlen in den Raum geworfen, sollen vorweg zeigen, daß hier geklotzt und nicht gekleckert wird.
Eines meiner Lieblingsbilder in dieser Thematik lässt die Ausmaße eindrücklich erahnen, die sich als Ganzes kaum und vom Boden schon gar nicht erfassen lassen:
(Luftaufnahme der Snake River Plains, Idaho)
Bekannte Beispiele der Geologie sind die Deccan Traps in Indien mit einer Fläche von ~500.000km² und einem Alter von 65Millionen Jahren (darauf kommen wir zurück):
http://www.whoi.edu/cms/images/oceanus/2006/3/map-en_21798.jpg
(eine Karte der Deccan Traps)
das Columbia River Plateau mit 160.000km² vor 11 bis 5 Mio. Jahren. Im Nordosten der USA:
http://www.nps.gov/archive/crmo/visit/columriv.gif
(eine Karte der Columbia River Traps)
die sibirischen Traps, das größte bekannte, vulkanische Ereignis der Erde, mit einer Fläche von gegenwärtig 2.000.000 km² und einer Fläche von ~7.000.000 km² bei ihrer Entstehung vor 250Mio. Jahren. Das ist größer als die Fläche Europas:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/50/Extent_of_Siberian_traps_he.png
(eine Karte der sibirischen Traps)
Des weiteren die globale Verteilung der kontinentalen und ozeanischen Basaltplateaus der Erde. Insgesamt bedecken sie ca. 45% der Erdoberfläche:
http://www.fas.org/irp/imint/docs/rst/Sect17/lipmap2.gif
Zu beachten ist, daß jeweils ein roter Fleck eine durchgehend aktive, vulkanische Phase in der Erdgeschichte darstellt (wobei durchgehend in der Geologie nicht mit “lavaspuckend” gleichzusetzen ist).
Der Name Traps oder Trapps kommt aus dem Schwedischen und bedeutet Treppe und spricht von der Überlagerung der einzelnen, relativ dünnflüssigen Lavaströme, die an den Randgebieten wie riesige Treppenstufen wirken. Jede einzelne Stufe stellt dabei einen einzelnen, quasi durchgängig fliessenden, Lavastrom dar. Sedimentäre Ablagerungen (Flussablagerungen, Flugsande usw.) zwischen den Schichten geben Auskunft über die Eruptionspausen, von Wochen bis tausende Jahre.
http://www.geo.ucalgary.ca/~macrae/arctic/dragon_mtn3.jpeg
(Die Drachenklippen auf Axel Heiberg Island, Canada. Mehr als 20 Lavaströme über 200m Mächtigkeit)
http://johnstodderinexile.files.wordpress.com/2006/10/deccan-flood-basalts.jpg
(Flutbasaltlagen der Deccan Traps, Indien, ca. 2km Mächtigkeit)
http://media-2.web.britannica.com/eb-media/90/118890-004-8C5E9046.jpg
(Grenze des Columbia River Plateaus)
Wie entstehen Flutbasalte und welche Eigenschaften haben sie?
(nicht Simulationisten können das auch überspringen)
Dieser Ausprägung der sogenannten Spalteneruption liegt, wie der Name schon sagt, ein Spaltensystem zu Grunde. Vergleichbar ist dies mit mittelozeanischen Rücken (wie sich weiter unten zeigt sind diese auch verwandt). Diese Spalten verlaufen parallel entlang eines einige km breiten Gürtels über hunderte bis tausende km Länge. Die einzelnen Spalten sind einige km lang und können nur wenige Zehnermeter breit sein. Diese verlieren sich oder schliessen oder öffnen sich wie an einer Perlenkette zu einem diskontinuierlichen Spaltensystem, einem sogenannten “Fissure Swarm”.
http://www.largeigneousprovinces.org/images/2007May-fig-1.jpg
(Spaltensystem der Deccan Traps, modifiziert nach Hooper (1990) und Deshmukh&Sehgal(1988))
http://farm1.static.flickr.com/160/337777328_79e1ef7320_o.jpg
(Spaltenschwärme des Columbia River Basalt Plateaus)
http://hvo.wr.usgs.gov/gallery/kilauea/caldera/4303019_L.jpg
(Spaltensystem vom Halema'uma'u, Hawaii, Photo: J.D.Griggs,1985)
Spalteneruptionen sind in der Regel nicht explosiv. Die Ursache dafür ist die geringe Menge an gelösten Gasen (vergleiche eine geschüttelte Flasche Mineralwasser gegenüber Kranwasser) und die niedrige Viskosität (sprich Zähigkeit), sowie die hohe Temperatur (bis 1200GradC°). Darum ist es grundsätzlich auch möglich auf Hawaii als Tourist daneben zu stehen und zu schauen, wie die Lava fliesst, die Bewohner des Vesuvs aber besser beginnen zu Laufen, wenn es anfängt zu knallen.
Diese dünnflüssige Lava ist auch der Grund, warum sich kein Vulkangebäude ausbildet, sondern die Ströme in die Fläche fliessen.
Während der Aktivitätsphase können über 1000 kubikkilometer in wenigen Mio Jahren gefördert werden. Die Eruption darf man sich während der Aktivität nicht kontinuierlich vorstellen. Wieviel Zeit zwischen einzelnen Eruptionen vergehen ist umstritten. Zeitabstände zwischen Jahrzehnten und Jahrzehntausenden sind möglich, jedoch kann die Tätigkeit durch die Länge und große Zahl der Spalten als „relativ“ durchgängig betrachtet werden. Erfahrungen mit ähnlichen vulkanischen Tätigkeiten (Hawaii, Island) zeigen jedoch, daß das größte Volumen innerhalb kurzer Zeit (Wochen bis Monate) austritt und von längeren Pausen begleitetet wird (Jahre bis tausende von Jahren), die Fördermengen also stoßweise große Raten erreichen können. Geht man von stoßweisem, eruptivem Verhalten aus, muss sich ein einzelner Lavastrom innerhalb weniger Monate über das Land verteilt haben. Die Lavaströme können so große Entfernungen zurücklegen, weil Gestein ein äusserst schlechter Wärmeleiter ist. Die Kruste, die sich beim Temperaturunterschied von 1000°C zwischen Lava und Atmosphäre bildet schützt den Strom vor Auskühlung. In vielen hundert Kilometern kühlt er sich so nur um wenige zehn Grad ab.
Um ein Gefühl für die Zahlen zu bekommen, ein paar Vergleiche:
- die jährliche Förderrate von Flutbasalten wird auf grob 1,3 km³ geschätzt
- die heutige, weltweite jährliche Förderrate aller Vulkane zusammen liegt bei ~4km³ !
- Ausbruch des Mauna Loa 1859, 10Monate, 4 m³/sekunde
- Roza Member Lavastrom (Columbia River Plateau) vor ~14Mio.J., ~10Jahre, ~100m³/sek !
Es ist nicht übertrieben zu sagen, daß man sich dies wie eine klaffende Wunde in der Erdkruste vorstellen kann, die während der eruptiven Phasen den Kontinent in ein brennendes, schwelendes Meer aus Hitze und giftigen Gasen erstickt, dessen Glühen ein kontinuierlicher Streifen entlang des Horizontes darstellt.
http://www.answersincreation.org/curriculum/geology/images/800px-Pahoeoe_fountain_original.jpg
(Austritt dünnflüssiger Pahoehoe Lava, Hawaii)
http://www3.hi.is/~oi/Thingvellir%20photos/Almannagja2.JPG
(die Flora erobert das Land in einer Eruptionspause zurück, Pingvellir, Island, Photo:Ingolfsson,2005)
Woher kommt die Lava?
Dazu gibt es mehr Fragen als Antworten. Die Wahrscheinlichste ist, daß große Mengen Magma aus dem Erdmantel als “Plume” (lies: großer Blob) aufsteigen und die Erdkruste auseinander drücken. Nahezu der gesamte Ozeanboden ist, sehr stark vereinfacht!, auf vergleichsweise Art entstanden (nur über viel längere Zeiträume). Die Zusammensetzung der Magma unter der ozeanischen Kruste entspricht dem eher dünnflüssigen Verhalten von Flutbasalten im Vergleich zu Vulkanen der viel “dickeren” Kontinente (die viel zäher und explosiver sind). Üblicherweise wird das Magma beim Kontakt mit den “kühlen” Kontinenten derart verändert, daß es zähflüssiger wird. Nun sind die Mengen bei Flutbasalteruptionen aber so groß, daß das Magma gar die Kontinente auseinander drückt und sich so als Lavaströme über das Land ergießt.
Orte, an denen heute Flutbasalte erwartet werden können wären z.b. Island, auf dem Mittelozeanischen Rücken, oder Hawaii, das auf einem unabhängigen Aufstiegskanal (Hot Spot) liegt. Ein weiterer Kandidat wäre das sich öffnende ostafrikanische Riftsystem (ein neuer Mittelozeanischer Rücken). Theoretisch kann ein Plume aber unter jedem Ort auf der Erde aufsteigen.
Da es in jüngster Geschichte keine Flutbasalteruptionen gab, ein paar Eindrücke von Spalteneruptionen. Es ist eine gute Näherung sich dies in viele Zehner Kilometer weiter Ausdehnung vorzustellen.
http://www.geostudy.zoomshare.com/my_images/lakifissureeruption.jpg
(Laki Spalteneruption, Island)
http://www.youtube.com/watch?v=fu5soxn5ydM
(Luftvideo vom Mauna Loa, Hawaii. Von 1930<– in FARBE)
http://media-2.web.britannica.com/eb-media/04/60604-050-47D294C9.jpg
(Spalteneruption, Mauna Loa, Hawaii)
Einsatz im Rollenspiel
Authentische Rollenspielsettings sind häufig einseitig, weil sie sich an den Möglichkeiten der menschlichen Geschichte orientieren (und selbst dies nicht ansatzweise ausreizen). Dabei kann es sehr reizvoll sein, Phänomene in eine Spielwelt einzubauen, mit der Menschen kaum konfrontiert wurden. Ein beliebtes Motiv ist zum Beispiel der Riesenmteoriteneinschlag in jedem zweiten Katastrophenfilm. In diesem Geiste kann man sich auch der Flutbasalte bedienen. Eigenschaften und Gefahren: Eine Welt unter Einfluss eines Flutbasalts ist eine der Extreme. Die größte Gefahr ist selbstredend globaler Natur. Der Einfluss auf das globale Klima ist stark von der Eruptionsrate abhängig. Die größten Massenaussterbephasen der Erde (Perm-Trias; Kreide-Tertiär(Dinosaurier)) werden aufgrund der großen Menge an Treibhausgasen, die dabei entstehen, seit einiger Zeit mit Flutbasalten in Verbindung gesetzt, ein Vorgang der aber Millionen Jahre dauert. Und in Folge des Aussterbens der Dinos konnte die Evolution uns menschliche Rollenspieler überhaupt erst hervorbringen.
http://faculty.plattsburgh.edu/thomas.wolosz/floodextinct.jpg
(Diagramm mit Vergleich der Aussterbephasen zu Flutbasalten)
Erdgeschichtlich lässt sich aber zeigen, daß selbst größere Flutbasalte nicht zu Massenaussterben führten und Ausbrüche wie Columbia River Basalt zeigen, daß dies nicht zwangsläufig zum „Weltuntergang“ führt. Die Flutbasalte eignen sich in der Spannbreite daher ausgezeichnet um Endzeitwelten einzuläuten, die den Himmel verdunkeln oder um sich lediglich ein kleines Mordor in einer Ecke einer Spielwelt zu schaffen, mit wenig, aber mittelfristig spürbarem Einfluss auf das globale Klima (Ernteausfälle und winterlicher Sommer allerdings inbegriffen). In dem Zuge muss ich gerade an Endland denken. Zuletzt gibt es auch gänzlich lokale Gefahren, würde man sich in so ein Land des Feuers begeben. Die Temperaturen an sich wären nur in unmittelbarer Nähe glutflüssiger Lava gefährlich, dies ist in den ersten Kilometern Abstand zu den Eruptionespalten aber sicherlich der Fall.
http://www.uhh.hawaii.edu/~kenhon/GEOL205/eruption/1fig0014.jpg
(Spalteneruption, ohne Angabe, - es ist so toll Vulkanologe zu sein)
Die Gefahr in oberflächlich erstarrte Lavaströme einzubrechen ist zwar da, jedoch kann sie angesichts der Festigkeit der Schlackenkruste als eher gering eingeschätzt werden; aber noch weiter Abseits der Spalten hätte man mit giftigen Gasen wie CO2, SO2 und CO und der ernormen Wärmestrahlung zu kämpfen, wohingegen die Schlacke selbst an der Oberfläche der Ströme bei höherer Viskosität eine Ebene messerscharfer cm bis meter großer Felsgrate ausbilden kann, die nur mit modernen Stiefeln überwindbar sind (die danach meist weggeworfen werden können). Und noch viele hundert Kilometer entfernt wären Lavainseln eine große Gefahr. Dies sind Areale unangetasteten Bodens, der von Lavaströmen durch eine entsprechend gegebene Topographie umschlossen wird und in vielen Fällen auch verschluckt wird. Auf Hawaii ist dies heute noch gut zu beobachten aber selbst in diesen kleinräumlichen Dimensionen (hunderte meter bis km Größe) lässt sich nur schwer einschätzen, wann man von Lava eingeschlossen wird. Überträgt man dies auf die viele zehner bis hunderte Kilometer langen Lavaströme der Flutbasalte, können Tage bis Wochen vergehen, bis man bemerkt, daß man ringsherum von riesigen Flächen halberstarrter Lava umgeben ist. Selbst wenn man diese Flächen überwinden könnte, wäre dies für Städte oder gar kleine Länder sicher nicht möglich.
Man sollte sich aber vor Augen führen, daß der gesamte Ablauf 1-10Mio.Jahre andauern kann. Von wirklichem Interesse für spielbare Maßstäbe sind daher nur die Phasen tatsächlicher Eruptionen, die einige Wochen bis Jahre andauern, wohingegen die Lavaströme an sich viele Hundert Jahre benötigen, um auszukühlen. Für Weltenbastler ist dies auf jeden Fall ein Werkzeug um einer, eigentlich realistisch wirkenden Welt, einen sehr unwirklichen Eindruck zu geben.