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macht sich dankbarerweise die Mühe, den
diesmonatigen RSP-Karneval "[Rollenspiel]-Regeln by the
book oder ad-hoc verregeln?" zu organisieren. Um ehrlich zu
sein, kann ich zu dieser konkreten Frage gar nicht allzuviel
beitragen. Als ich das Thema mit diesem ungelenkten Titel seinerzeit
vorschlug, war das aus meiner Sicht bereits eine rethorische Frage.
Allein die Vorstellung, ein Rollenspielregelwerk "by the book" spielen zu können, also so zu spielen, als sei es eine Anweisung, die man
1:1 befolgen könnte, kommt mir heute absurd vor. Nicht, weil ich es
begrüße, habe ich doch lange Jahre versucht, dem "by the book"
Rollenspiel hinterherzujagen, sondern weil die ad-hoc Verregelung
eine Notwendigkeit ist. Das ad-hoc Verregeln bezieht sich
hierbei auf eine spontane Erfindung oder Auslegung von
Regelmechanismen, um eine konkrete Situation am Spieltisch zu klären.
Etwas, das alle Rollenspielrunden seit jeher praktizieren (müssen). Selbst Rollenspiele, die aufgrund ihrer
Flexibilität der ad-hoc Verregelung Rechnung tragen, indem sie ihre
Mechanismen interpretierbar gestalten, stoßen über kurz oder lang
an ihre Grenzen im Spiel.
Warum ist dies notwendig?
Zum Einen, weil der Gegenstand der
Verregelung, die Spielsituation - eine komplexe, soziale
Angelegenheit mit unzähligen Ansprüchen, Kenntnissen und
Erwartungen - bis zu ihrem Auftauchen ja noch gar nicht existiert
hat, die Spielrunde hat sie schließlich gemeinsam erst vor einem
Moment erschaffen und sie muss eben erst danach, nunja, verregelt werden. Wie der Narr nebenan beim bunten Rollenspiel schon die viel diskutierte These aufgegriffen hatte, dass der Fluff
(Spielweltbeschreibungen, Spielinhalte) den Crunch (Regelmechanismen,
Regeloptionen) definiert und nicht andersherum.
Zum Anderen, weil man dieser Tatsache
entweder nur vorgreifen kann, indem man sämtliche Situationen, die
jemals im Spiel auftreten können, schriftlich verregelt; oder, indem
man die Situationen, die auftreten dürfen, bewusst begrenzt. Erste
Option bleibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt pure Fiktion - was nicht
am Mangel an Versuchen liegt! - die Zweite finde ich aufgrund der
eingeschränkten Freiheit für ein Rollenspiel nicht
zufriedenstellend.
Diese Sicht hat ihre Gültigkeit
natürlich nur im Rahmen der Definition, die ich für mich für das
Rollenspiel zurechtgelegt habe. In dieser ist das Rollenspiel ein
Prozess, eine Tätigkeit (im Englischen eindeutiger als Role-playing Game bezeichnet), in der das Schaffen von Regeln zum Zwecke der
Entscheidungsfindung ein fester Bestandteil ist, so wie es das
Beschreiben der Spielwelt ist, das ja bereits erste Regelfestlegungen notwendig macht. Wobei das Schaffen von Regeln für mich trotz allem noch den
Status des notwendigen Übels hat und mir wenig Spaß bereitet. Aber
Argumente oder Spielrunden, die mich überzeugten, dass man auf
ad-hoc Verregelungen verzichten kann, sind mir bislang nicht
begegnet. Zahlreich hingegen sind die vorgeschobenen Vorzüge streng
regulierter Spielrunden, darunter die vermeintliche Zuverlässigkeit
und Sicherheit, also die Abschätzbarkeit der Konsequenzen in der
Spielwelt. Doch ohne Regelwerk, welches das leisten kann, bleibt es
für mich nur ein leeres Versprechen.
Zumal, sind zuverlässige,
gleichberechtigte Mitspieler nicht viel wichtiger und außerdem viel effektiver? Führt das nicht
auch zu Sicherheit im Spiel? Und ist es dann nicht sinnvoll, diese zu
ermächtigen, anstatt sie per Regeln zu kontrollieren? Bis uns ein Spieldesigner also dieses versprochene, allumfassende,
"by the book" nutzbare Rollenspiel präsentiert, ist die
viel drängendere und somit eigentlich interessantere Frage in diesem
Zusammenhang doch vielmehr, wie man eine Regel überhaupt spontan
erschafft und wie sie ihren Weg in den Spielablauf findet. Eine
Spielrunde ist kontinuierlich im Wandel begriffen und Spielregeln
müssen das berücksichtigen. Vielleicht ein gutes Thema für
künftige Diskussionen, zumindest für diejenigen, die ihre Position
zu festgeschriebenen Rollenspielregeln grundlegend überdenken.
Über den Karneval wird, wie immer, im RSP-Blogs Forum diskutiert:
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