"The boys are back in town..." schallt es aus den Boxen als wir aus dem proppe vollen Kino kommen, noch ein selig, debiles Lächeln im Gesicht und einer sehr guten Laune.
Hell Yeah, und wie sie zurück sind!
Man möchte am liebsten etwas Einreißen oder wenigstens mit dem Kopf durch eine Betonwand, die aufgestaute Power loswerden. Ja, die 80iger sind wieder da und reaktivieren unsere lange verloren geglaubten, von CGI und political correctness zugeklebten, männlichen Urinstinkte. Was sich schon seit Jahren mit StirbLangsam4, Rambo4 oder selbst Shoot'em Up oder The Marine mal mehr oder weniger erfolgreich ankündigte, hat endlich den Weg zurück auf die Leinwand gefunden.
Expendables ist in keinem Fall ein Film für jedermann und unmöglich einheitlich zu bewerten. Es ist kein Film für Fehlersucher oder Menschen mit Niveau und schon gar nicht für die Kritiker. Er ist für alle, die mit den Actionstreifen von früher aufgewachsen sind eine Reise zurück. Also für uns, die gehirngewaschene, verlorene MTV Generation. Dazu zählen natürlich insbesondere die Fans der großen Actionhelden, denen das Kino vorgaukelt, sie wären ewig lange Freunde und einen sehr weiten Weg bis hier gemeinsam gegangen.
Und Stallone weiss darum natürlich und weiss, was er liefern muss. Es ist also auch ein Film für die Macher selber, die zeigen wollen, sie können es noch und es funktioniert noch.
The Expendables ist auf keinen Fall ein Film ohne Fehler, es ist lediglich einer, dem man sie leicht verzeiht.
Den Plot durchzusprechen ist der Rede nicht wert, denn er lässt sich mit "Befreiungsaktion" gut zusammen fassen. Er spielt auf einem südamerikanischen, erfundenen Inselstaat und das ist gut so. Stallone ist ein zu guter Filmemacher, um sich für sein Feuerwerk in die moralischen Debatten der jüngeren, östlichen Krisenherde verwickeln zu lassen. Unangenehmer fällt da schon auf, daß Expendables etwas holprig im Handlungsverlauf daher kommt. Es wechseln sich die sehr schnellen Actionszenen mit einigen ruhigen Momenten, nur treten beide leider in Ballungen auf. Gerade im Mittelteil gibt es viele Szenen, die einem die Geschichte erklären wollen. Nur lediglich gibt es wenig zu erklären, zudem die Dialoge in diesen Offenbarungsszenen erwartungsgemäß dünn sind. Diese Szenen werden dann von der puren Präsenz der Hauptcharaktere allein gestemmt. Gerade Eric Roberts fällt da positiv auf, der in reinstem "overacting" einen wunderbar schmierigen Konzernganoven gibt. Und wäre es nicht Stallone oder Mickey Rourke, die mit kleinen Bewegungen auch ohne Worte eine Szene für sich in Beschlag nehmen können, der Film würde hoffnungslos abfallen. Erwartungsgemäß haben die Sportler Couture oder Austin oder der eingesichtige Jet Li wenig Screentime und Dialog und auch das ist gut so. Für ihren Part genügt es muskulös und/oder böse auszusehen. Dennoch bekommen auch sie ihre großen Szenen. Stallone weiss genau welche Leute er wo einsetzen muss. Ich bin kein Jason Statham Fan, er spielt, wie immer, den Transporter. Für mich war die Überraschung des Films Dolph Lundgren, auch wenn sich seine Aufgabe darauf beschränkt durchgeknallt zu wirken, tut er dies doch ausserordentlich effektiv. Allein aus dem Grund zog er in vielen Kritiken schon die Sympathiepunkte auf sich. Und als hätte Stallone genau dies einkalkuliert, baut er auch eine Überraschung in den Film ein.
Gerade die wenig handlungsrelevanten, die ruhigen Szenen sind es jedoch, die auffallen, in denen Stallone es schafft mit ganz wenigen Worten und Einstellungen die lange Freundschaft, teils süße Melancholie zwischen den Expendables spürbar zu machen. Dies als Ausgangssituation ist schon eine hervorragende Idee in sich, weil sie direkt den Zuschauer anspricht, der ja ebenso eine Art Bindung bei diesem Wiedersehen mit seinen Held spürt. Frauen haben in dieser Filmwelt jedoch keinen Platz, in der es auch noch keine obligatorischen und völlig überflüssigen Sexszenen brauchte, um zu zeigen, was ein "richtiger" Mann ist. Männerfreundschaft hingegen stand in Stallones Filmen stattdessen schon immer viel weiter im Fokus. Und dafür bin ich dankbar.
Jedoch ist es nicht die große Heldenversammlung, als die sich der Film verkauft. Es ist im Grunde ein Buddymovie zwischen Stallone und Statham, wobei ersterer in jeder Minute dominiert. Für mich ein reiner Stallonefilm. Die anderen "Helden" bekommen im besten Fall eine Nebenrolle. Lediglich Rourkes und Lundgrens Rollen haben von ihnen auch wirklich einen ZWECK im Film, der jedoch ausschliesslich zur Unterstützung von Stallones Charakter dient. Lediglich Stathams Charakter wird durch eine Nebenhandlung um seine Freundin unterstützt, deren Plot den Film im Grunde jedoch nur stört
Schnitt, Bild und Ton sind mit kleinen Abstrichen hervorragend. Der Film spielt mit einigen interassenten Kameraperspektiven und -Fahrten. In den Tagesszenen sind die Farben comichaft kräftig, in der Nacht übertüncht sich dagegen schwarz auf schwarz, was mich im Trailer skeptisch machte, aber sehr gut funktionierte und sich als optischer Charakter durch den Film zieht.
Mit besonderer Sorgfalt wurden die Schussgeräusche der Waffen eingefangen, die auch optisch entsprechend abgefilmt wurden. Was sich trivial anhört, macht als Waffenfetisch jedoch einen guten Teil der Atmosphäre aus, wenn jede Schlittenbewegung und Trommeldrehung zu hören ist.
Der unmelodiöse Krach moderner Actionstreifen ist auch endlich passé. Der Soundtrack ist bombastisch, eingängig und treibend, peitscht den Zuschauer unwillkürlich zum Höhepunkt der Spannung und steht angenehm weit im Vordergrund. Unnötig zu erwähnen, daß hier keine elektronischen Beats, sondern Thin Lizzy oder CCR den Takt angeben. Keine Überaschungen aber eben genau das, was man erwartet.
Die Ausstattung ist bewusst konservativ, teils nostalgisch gewählt, vom Auto bis zum Flugzeug und spiegelt natürlich ebenso die Vergangenheit der Charaktere wider. Der Film könnte dennoch irgendwo zwischen 1980 und 2010 spielen. Probleme werden nicht mit elektronischem Spionageschnickschnack gelöst, sondern durch Fäuste und Taten.
Die Explosionen - ich kann so einen Film nicht bewerten, ohne Explosionen anzusprechen – haben mich erstaunlicherweise etwas enttäuscht. Zum Einen fehlt ihnen der "impact", zum Anderen befinden sich einige künstliche CGI Effekte darunter. Schock! Ja richtig. Nicht nur das, selbst Blut und Wunden treten hier lediglich als CGI Effekt auf. Leider trifft das auch auf viele der Zerstörungsorgien an Gebäuden zu. Und das sieht man immer. Es ist nicht wirklich schön, wenn ein Held vor einem Bluescreen davon hechtet, auf dem man sieht, wie eine computeranimierte Steinwand zusammenstürzt. Warum die Effekt so billig oder überhaupt animiert sind, kann ich beim besten Willen nicht verstehen. Gerade bei so wichtigen Effekten in einem Actionfilm hätte man das konventioneller, oder wenigstens besser animiert, machen müssen.
Genug der unwichtigen Details, kommen wir zu den interessanten, letzten Dingen. Der Action selber. Das Expendables ein Kind der Neuzeit ist, sieht man an den extrem schnell geschnittenen Kampfszenen. Im Gegensatz zu anderen Filmen ist der Schnitt jedoch so gut gemacht, daß man halbwegs nachvollziehen kann, was passiert, trotz der häufig extrem dunklen Atmosphäre. Dennoch spülen die Eindrücke so schnell über einen hinweg, daß man nicht immer alles verarbeiten kann, was man sieht. Besonders dann, wenn an mehreren Orten verschiedene Personen kämpfen. Gerade im großen, langen Finale kann es dann auch schonmal zu Ermüdungserscheinungen kommen, wenn sich die konventionellen Kampfmanöver wiederholen ohne neue Ideen zu bieten.
Dennoch wirken die Kämpfe ausserordentlich kraftvoll, hier gibt es richtig etwas auf die Fresse, was auch der Grund ist, warum sie dennoch glaubwürdig wirken (nicht zu verwechseln mit realistisch). So entsteht auch durch verhältnismäßig harmlose Stunts eine Spannung, die im modernen Ansatz von Filmen, in denen einfach versucht wird sich gegenseitig mit Effekten zu übertrumpfen, einfach nicht mehr entstehen kann.
Und oft gilt: Wo Gewalt nicht hilft, hilft mehr Gewalt. Nach Technik und Virtuosität fragt man hier nur am Rande, es geht immer mit dem Kopf durch die Wand. Auch diese Art von Körperkult ist dem Actionkino schon seit längerem verloren gegangen. Umso fehlplatzierter wirkt dann manchmal Jet Li mit seinen schnellen, frickeligen Bewegungen, während sich die Titanen um ihn herum die Schädel einschlagen. Aber auch dieser Kontrast wird im Film in einer Schlüsselszene auf die Schippe genommen.
Alleine die alten Haudegen kämpfen zu sehen ist im Grunde der Zweck des Films. Die Gewalt ist so übertrieben dargestellt, daß man lachen muss, zu keiner Zeit stellt sich Ekel, Schuldgefühl, Mitleid oder dergleichen ein.
Der Film ist eine Symphonie in Schwarz und Feuergelb, von einem Altmeister, der sein Handwerk versteht und sich punktgenau sämtlicher Klischees bedient und weiss welche Knöpfe man beim Zielpublikum drücken muss, was tatsächlich nicht einfach ist. Ich bin wirklich der Ansicht, daß es ebenso schwer ist ein gutes Actionabenteuer zu machen, wie jeden anderen Film, und immer wieder sieht man Regisseure, die darüber lächeln und an diesen Ansprüchen scheitern. Trotz dieser eiskalten Kalkulation merkt man den Spass der Beteiligten und das Herzblut, das hineingesteckt wurde, in jedem Bild. Sinnbildlich hierfür ist die Szene zwischen Stallone, Bruce Willis und Schwarzenegger, in der alle drei sichtlich bemüht sind ernst zu bleiben und ihnen klar ist, was für einen Kokolores sie dort abziehen.
Und es macht riesig viel Spass.
Und das ist es im Grunde auch, was über all die Schwächen und B-Movie Elemente hinwegsehen lässt, die zudem seit jeher vom Genre mitgeschleift werden; und wer weiss, vielleicht baute Stallone selbst diese Schwächen mit Blick auf die alten Zeiten ein .... nein, soweit wollen wir nicht gehen. Der Film ist einfach pure Unterhaltung und Fanservice, der sich nicht ernst nimmt, was meine größte Befürchtung war und der sich nicht um inhaltliche Schwächen schert und sich bemüht viele erinnerungswürdige Szenen zu liefern, die die Vorbilder von Expendables auch unvergessen machten (was ihm jedoch nicht oft gelingt). Meines Erachtens ist der schnelle Schnitt daran Schuld, der so damals nicht bekannt war.
Ich weiss nicht, ob das jüngere Publikum diese Eindrücke dieser Art von antiquiertem Actionabenteuer überhaupt nachvollziehen kann, da er aus heutiger Perspektive wie Keule und Feuerstein wirken muss, aber so sah das aus, als es einfache Antworten auf einfache Ansprüche gab, in der Prince Charming keinen Platz hat, und mit etwas Glück bekommen wir noch mehr von diesem neuen, alten ikonenhaften Kino zu sehen.