Dieser Beitrag von Was in aller Welt ... erscheint im Rahmen des RSP-Blogs Karnevals November 2013 zum Thema "Über Stock und über Stein und die Wildnis".
Informationen zum Thema und Platz für Kommentare und Kritik finden sich hier. Ein Eröffnungsbeitrag des Organisators Teilzeithelden ist hier zu finden. Und eine Beschreibung des RSP-Blogs Karnevals kann hier nachgelesen werden.
Wenn Rollenspieler an Wildnis denken, dann denken sie meist an einen gemütlichen Spaziergang durch Wald und Wiesen, gelegentlich auch durch Wüsten oder über Berge. Das viele Regionen ohne Erschließung dabei quasi unpassierbar sind, ist dem deutschen Wanderer dabei weniger bewusst. Dementsprechend abwechslungsarm gestalten sich dann auch die sogenannten Wildnisabenteuer.
Dabei gibt es sogar Regionen und Phänomene auf unserer Erde, die nicht so recht auf unsere blaue Kugel zu passen scheinen und die man eher in Science-Fiction und Fantasy Filmen erwarten würde. Genügend Material, um die "Wildnis" seiner Spielwelt aufzupeppen, ohne die Glaubwürdigkeit zu verlieren.
Dallol
Räumlich: [ca. 4 km²]
Vorkommen: In vulkanisch aktiven Regionen mit evaporitischen Ablagerungen
Gefahrenpotential: [minder gefährlich]
Zeitskala: [~ Miozän bis rezent]Vorkommen: In vulkanisch aktiven Regionen mit evaporitischen Ablagerungen
Gefahrenpotential: [minder gefährlich]
Klima: [Wüste (arid)]
Was ist Dallol?
Q: http://atlasobscura.herokuapp.com/ (creative commons) |
Nein, Dallol ist ausnahmsweise kein Netzjargon, sondern je nach Definition eine geothermisch aktive Region oder ein Vulkan in Äthiopien; am heißesten Ort der Erde. In einer mehrere Quadratkilometer umfassenden Senke, welche sich ca. 50 m unterhalb der Meereshöhe in der Danakil-Depression befindet, bildeten sich in flachen Tümpeln und Seen bizarre Kristallstrukturen in grellen Farbtönen in lebensfeindlichen Bedingungen.
Wie entstand Dallol?
(nicht Simulationisten können das auch überspringen)
(nicht Simulationisten können das auch überspringen)
Die Danakil-Depression befindet sich am nördlichen Ausläufer des Ostafrikanischen Grabens. Das im Untergrund aufsteigende Magma wird dort in wenigen Millionen Jahren die afrikanische Platte in Ost-West-Richtung auseinanderschieben. Das Grundwasser kann aufgrund der Aufweitung (welches einer Gründe für die Absenkung des Grabens ist) in die entstehenden Spalten und Klüfte eindringen und kommt dabei in Kontakt mit dem heißen Umgebungsgestein des Magmas. Das nun gasförmige, heiße und leichte Volatil dringt dann wieder an die Oberfläche. Dies kann in Form von Fumarolen, Geysiren, heißen Quellen oder einer sogenannten, phreatischen Eruption geschehen, wenn schlagartig große Mengen Wasser verdampfen. Die dadurch enstehenden Krater kennt man auch als Maar (z.B. in der Eifel). Eben jene Explosion geschah zuletzt auch in Dallol 1926 und erzeugte mit lediglich 30 m Durchmesser den jüngsten Maar in der Region.
kleiner Geysir (Q: Tom Pfeiffer)
Um die Oberflächenstrukturen zu erklären und warum wir diese nicht in der heimischen Eifel finden, muss man einen Blick auf das Gestein werfen. Im Untergrund befinden sich über 1000 m mächtige, evaporitische Ablagerungen, das sind überwiegend Kalkstein, Gips, Anhydrite und Halit (Salz). Dies sind Überbleibsel des damals noch jungen, roten Meeres, welches die Region in den letzten Millionen Jahren wiederholt flutete, durch die andauernden und extremen Temperaturen wieder austrocknete und die gelösten Stoffe in unzähligen feinen Schichten ablagerte.
30 Meter hohe Salzcanyons nahe Dallol mit deutlicher Stratigraphie (Q: photovolcanica.com)
Diese Evaporite (und zum Teil auch weiteres Umgebungsgestein), ebenso wie die flüchtigen Bestandteile des Magmas, werden durch die aufsteigenden, heißen Wässer gelöst. Durch die extremen Temperaturen an der Oberfläche (mit einer Durchschnittsjahrestemperatur von über 30° C !), aber auch durch Druckverlust, verdunsten die Wässer innerhalb kurzer Zeit in die Atmosphäre, wobei die gelösten Stoffe erneut auskristallisieren. Die grellen Gelb-, Grün- und Rottöne entstehen dabei unter Anderem durch Schwefel- und Erdalkalisalze, deren Bausteine aus dem Gestein gelöst wurden und je nach Temperatur und Konzentration ein Potpourri unterschiedlichster Formen annehmen kann Die Kristallisation wird dabei durch das ruhige, strömungslose Wasser in den flachen Tümpeln begünstigt.
Eigenschaften (und Gefahren) des Dallol-Gebietes
Lässt man die absolut lebensfeindliche Wüstenregion außen vor, so zeichnet sich das Dallolgebiet durch eigene, extreme Bedingungen aus. Die Austrittstemperatur des Wassers liegt bei ca. 70° C und läd damit nicht unbedingt zum Baden ein. Durch die hohen Salzgehalte weist das Grundwasser außerdem pH-Werte um 0 bis 1 auf und ist damit eine starke Säure, eignet sich also genausowenig zum Auffrischen der Wasserrationen.
Durch die zusätzlich austretenden, vulkanischen Gase und durch die Temperaturen bedingte, sehr hohe Verdunstungsrate, ist die Luft nur schwer atembar und lebensgefährdend und greift durch die Schwefeldämpfe Haut und Material an.
Da die Salzschichten im Untergrund durch das Auswaschen sehr porös sind, kollabiert das Gelände und bildet die charakteristischen Kraterstrukturen. Der Untergrund ist nicht standfest und ein Einbrechen in gelöste Hohlräume und ein Bad in der Säure oder Verletzungen an scharfen Kristallgraten sind schnell geschehen.
http://www.messagetoeagle.com/images/alienlandscapedv5.jpg
instabile Salzplattform (Q: Tom Pfeiffer)
http://www.xflo.net/wp-content/gallery/20100329_Ethiopia/5S3J4613_Dallol.jpg
verfärbtes Wasser mit Salzschollen (Q: Florian Wizorek)
http://www.messagetoeagle.com/images/alienlandscapedv5.jpg
instabile Salzplattform (Q: Tom Pfeiffer)
http://www.xflo.net/wp-content/gallery/20100329_Ethiopia/5S3J4613_Dallol.jpg
verfärbtes Wasser mit Salzschollen (Q: Florian Wizorek)
Nicht zuletzt können sich phreatische Explosionen wie im Jahre 1926 unvermittelt und jederzeit wiederholen, beschränkt sich zurzeit aber auf eine Vielzahl von heißen Quellen und Geysiren. Eine Vorhersage ist allenfalls innerhalb einer nur sehr kurzen Zeitspanne möglich.
Einsatz im Rollenspiel
Um eine Reisegruppe an die Grenzen ihrer Belastbarkeit zu bringen und das mit wenig Aussicht auf Wiederkehr (daraus leitet sich auch der Name Dallol her), ist ein durch und durch lebensfeindliches Gebiet mehr als ausreichend. Im Falle von Dallol hält sich die unmittelbare Gefahr glücklicherweise in Grenzen, da sich das Gebiet auf wenige Quadratkilometer beschränkt. Jedoch ist die Natur in Größenordnungen nicht wählerisch, so dass es denkbar ist, dass wesentlich größere Landstriche sich in diese oder ähnlich bizarre Landschaften verwandeln.
Nicht zuletzt ist die Region auch ein wirtschaftlicher Faktor der Salzgewinnung und mit zunehmender Industrialisierung auch weiterer Chemikalien. In der Tat ist die Menge an verfügbaren Salzen dort so groß, dass zum Teil sogar Häuser aus Salzblöcken gebaut wurden.
Hausruine, erbaut aus Salzblöcken (Q: photovolcanica.com)
Anmerkung:
Die Galerie-Links unten solltet ihr euch nicht entgehen lassen.
Quellen:
Mehr Bilder
Mehr Bilder
http://www.photovolcanica.com/VolcanoInfo/Dallol/Dallol.html
noch mehr Bilder!
http://www.messagetoeagle.com/alienlandspacedallolvolcano.php
Smithonian Institution, Global Volcanism Program (GVP)
http://www.volcano.si.edu/volcano.cfm?vnum=0201-041
Geologischer Hintergrund
http://geology.com/stories/13/dallol/
Ein Reisebericht
http://www.xflo.net/2010/04/15/dallol-acid-volcano/
Super, dass die Serie fortgesetzt wird - sehr interessant, hier lernt man immer wieder Neues.
AntwortenLöschenJa, danke.
AntwortenLöschenEin 1-2 Jahresrhythmus sollte drin sein ;D