Dienstag, 9. März 2010

Was in aller Welt ist .... Das Auge der Sahara?

Und schon wieder. So lange ich im März noch Zeit habe, versuche ich so viele sinnvolle Beiträge wie möglich zu schreiben, denn vom 19.März bis 16.April ist dann leider erstmal Funkstille Zwecks notgedrungener geologischer Kartierung.

Ich wollte meine Reihe für Weltenbauer, bzw. zur Inspiration für Spielleiter, ja kürzer verfassen, habe das auch versucht, es ist aber scheinbar nicht wirklich gelungen. Wie auch immer, der rein wissenschaftliche Hintergrund ist themenbedingt diesmal ohnehin dünner, aber ausreichend zur Erklärung.
Freue mich natürlich über Kommentare (auch zur Sinnhaftigkeit).


Das Auge der Sahara

Räumlich: [circa 50 km Durchmesser]
Vorkommen: prinzipiell überall auf der Erde (vornehmlich an vulkanisch aktiven Zonen mit Schichten unterschiedlicher Beständigkeit)
Gefahrenpotential: [ungefährlich]
Zeitskala: [rezent]
Klima: [Ohne]


Was ist das Auge der Sahara?

Ich binde dieses mal kein direktes Bild ein, denn selber entdecken ist schöner, habe ich mir gedacht. Gehen wir zusammen los. Leser mit ausgeprägtem Entdeckerdrang klicken bitte einmal zu GoogleMaps (wahlweise Google Earth).
Ja, genau. Jetzt! Alle Couchkartoffeln überspringen den Absatz hier.
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Warten wir kurz auf die Anderen.
Dann Zoomen wir auf die Skala 500km heran.
So, fliegen wir nun nach Mauretanien, das liegt in Nordwestafrika. Nördlich davon liegt das Territorium "Westsahara", dieses teilt sich eine exakte Nordwest Grenze mit Mauretanien im Süden. Diese Linie verlängern wir nun um ca.100km ins Landesinnere. Von hier Zoomen wir nun genau auf das gewaltige Auge der Sahara.

http://farm2.static.flickr.com/1098/1366670957_eae5952dc7.jpg
(Blick von der ISS auf das Auge der Sahara, Quelle: www.Space.com)

http://earth.imagico.de/views/mauretania1_large.jpg
(virtuelles 3D Bild mit Umland, Bild: Christoph Hormann)

Das Auge der Sahara wird auch Richat Struktur genannt. Es besteht aus zahlreichen konzentrischen, fast perfekten Kreisen, die auf der Erdoberfläche einige Meter hohe Gesteinstrümmerwälle ausbilden. Einen guten Eindruck von der Erdoberfläche bekommt man in diesem Video,

http://www.youtube.com/watch?v=Duk6JbToHCA
(Youtube Video mit 360° Rundumsicht.Quelle: http://ens.ch/)

Man sieht auf den ersten Blick auch mit geschultem Blick so gut gar nichts aber es vermittelt die immense Ausdehnung der Richat Struktur, die einen Durchmesser von circa 50km besitzt und auch aus dem Orbit zu sehen ist und so auch entdeckt wurde.

http://history.nasa.gov/SP-168/p148a.jpg
(Bild von GEMINI IV, Quelle: Nasa)

Läuft man über die Oberfläche, würde man einen Wechsel der Gesteinstypen feststellen. Sie sind verantwortlich für den optischen Eindruck. Die bunten, oft bläulichen Farben auf vielen Abbildungen zeigen nicht etwa eine Wasseroberfläche, sondern sind Falschfarben zur Kenntlichmachung, denn das Auge liegt mitten in der Sahara.

http://photo.net/photodb/photo?photo_id=6710115&size=lg
(Detaillierte Ansicht der Richat-Struktur in Falschfarben, Quelle: Sascha de Carlo)


Wie entstand das Auge der Sahara?
(nicht Simulationisten können das auch überspringen)

Wie vieles in der Geologie gibts auch hierfür nur Theorien. Viele Fragen sind weiterhin offen, zudem ist die Lokalität nicht die Zugänglichste. Die offensichtlichste Annahme war die eines Meteoriteneinschlages. Offensichtlich, und irgendwie auch ein bisschen langweilig. Doch dieses Thema war vom Tisch, als man in den Sandkörnern keine Spannungsrisse gefunden hatte (shocked quartz).

Die zweite Theorie basiert auf einem Vulkanausbruch, jedoch fanden sich keine Eruptivgesteine wie z.b. Lavagestein. Ausserdem erklärt dies nicht die fast perfekte Kreisausbildung und die relativ geringen Höhenunterschiede.

Die wahrscheinlichste Theorie sieht eine Erosionsstruktur vor. Dazu muss man verstehen, daß die Sahara in diesen Arealen aus einer abwechselnden Schichtung, wie ein "Sand"wich (kleiner Schenkelklopfer), von Quarziten und Kalkgesteinen aufgebaut ist. Quarzit besteht, wie der Name schon sagt, aus fast 100% verfestigtem SiO2 (kein Sandstein) und ist extrem hart und verwitterungsresistent. Kalkstein besteht aus den Schalen abgestorbener Meeresorganismen und ist relativ weich. Dies spiegelt auch die abwechslungsreiche Geschichte Afrikas aus Wüstenbildung und Meeresvorstöße wider.

Und nun kommen wir doch wieder zu den Vulkanen. Denn man vermutet unter dem Auge der Sahara eine aufgestiegene und "festgehangene" Magmakammer, vermutlich durch einen sogenannten Hotspot. Diese hat sich beim Aufstieg dadurch Platz verschafft, daß sie die oberen Schichten zu einer Sattelstruktur hochgedrückt hat.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b6/Anticline_%28PSF%29.png
(Schema einer Sattelstruktur, die ältesten Schichten sind in der Mitte, Quelle: Wikipedia)

Die übergelagerten Schichten wurden dadurch einer Extensionsspannug ausgesetzt. Sie wurden also auseinander gezogen, dadurch, daß Magma von unten hochgedrückt wurde. Dadurch bekamen die Gesteine Risse und Spalten (korrekt ausgedrückt Störungen und Klüfte), es bildeten sich sogenannte Brekkzien (leicht zu merkender und verstehender Name).

http://www.thisfabtrek.com/journey/africa/mauritania/20051218-tidjikdja/rroad1-4.jpg
(zerfklüftetes Gestein in der Richat Struktur, Quarzite bilden die Höhenzüge. Quelle: Manfred Schweda)

Durch den Einfluss des Magmas und sicher auch durch Hydrothermalwasser (durch Klüfte eingedrungenes aufgeheiztes Grundwasser) wurde der Kalkstein quasi zersetzt, während der resistente Quarzit die Struktur zusammen gehalten hat.

Leicht verständlich ist das in diesem Videobeitrag ab 5:10. Er ist zwar auf französisch und ich kann ihn hier nicht übersetzen, aber die Computeranimationen sind sehr deutlich:


http://www.radio-canada.ca/emissions/decouverte/2008-2009/Reportage.asp?idDoc=81206
(Quelle: Radio Canada)

Diese zersetzte, zerklüftete und überhöhte Trümmerlandschaft war sehr anfällig für Erosion im Gegensatz zum umliegenden Land und wurde abgetragen bzw. ist in sich zusammen gefallen. Wir stellen uns vor, daß wir den Kopf dieser hochgedrückten "Beule" der Erdkruste einfach abschneiden. Schaut man nun von oben drauf sieht man, genau, perfekte Kreise, wobei jeder Ring ein Wechsel der Gesteinstypen darstellt. Und man versteht auch, daß sich die ältesten Gesteine im Zentrum befinden, die gleichzeitig auch die ehemals tiefsten Gesteine darstellten. Die Quarzite bilden die höheren Züge als grobe Blöcke, der Kalkgestein stellt die niedrigen, feinkörnigeren Ebenen dar. Das Magma an sich ist also nie an die Oberfläche getreten.

http://media.marine-geo.org/image/dome-2008
(überhöhte Darstellung. Die kleine Karte zeigt die Lage in Afrika)

Die Größe ist im Grunde zufällig. Vergleichbare Strukturen mit 100km und mehr Durchmesser sind ohne Weiteres denkbar.


Einsatz im Rollenspiel

Die Richat Struktur hat in erster Linie eine ästhetische Bedeutung für eine Spielwelt und zeigt, daß die Natur perfekte Symmetrie liebt. Sie kann ein großes Element des Sense of Wonder sein, ohne daß man unplausibel werden muss.

Nun sieht man von der Erdoberfläche nicht besonders viel von dieser Struktur. Daher bietet sie sich in Spielwelten mit Flugmöglichkeit an. Science-Fiction Spielwelten sind hier naheliegend aber Fantasywelten mit fliegenden Teppichen oder Flugzaubern erledigen die Arbeit genauso gut.

Manche Designer setzen solche überregionalen Strukturen auch gerne ein, ohne daß die Bewohner Kenntnis darüber haben wie z.b. die Ringinseln in GURPS' Spielwelt Banestorm (die aber durch einen Meteoriten entstanden sind).

http://www.sjgames.com/gurps/books/banestorm/img/banestorm_world.jpg
(Karte von Yrth, GURPS: Banestorm, Die Ringinseln sind unten rechts, Quelle: Steve Jackson Games)

Besondere Orte bieten sich aber für besondere Bedeutungen an. In Fantasywelten kann so eine Region z.b. besonders magisch oder besonders unmagisch sein. Man kann aber auch bodenständig bleiben, indem in der Richat Struktur besondere Bodenressourcen wie wertvolle Erze zugänglich werden, wir erinnern uns, die tiefsten, unzugänglichen Gesteine befinden sich nur im Zentrum und werden zum Rand hin jünger, während sie im Umland nicht anzutreffen sind.

Um die Struktur nachzubauen, benötigt man im Grunde kein bestimmtes Klima, aber es mussten schon einige Voraussetzungen erfüllt sein, die die Entstehung der Richatstruktur förderten:

1. wenig Vegetation: Eine offensichtliche Voraussetzung, denn wo Pflanzen wachsen, kann man den Untergrund nicht sehen. Fehlende Vegetation fördert zudem Erosion, da der Boden nicht festgehalten wird. Wüsten erfüllen dies natürlich.

2. viel flächenhafte Erosion: Erosionstätigkeit steigt mit höherer Topographie. Dies war durch die Heraushebung natürlich gegeben, zumal im Zentrum Mauretaniens auch Hochplateaus mit circa 500m über NN liegen. Wasser bewirkt einen hohen Erosionsgrad, aber auch eine eher linienhafte Erosion. Flächenhafte Erosion wird dagegen durch Wind gefördert, die vor allem leichtes, feinkörniges Material abträgt. Wie in Zentral Mauretanien.

3. wenig Sedimentation: Lockere Sedimente (wie Sand) würden die Struktur verdecken. Sedimentation findet dort statt, wo es viel Wasser gibt und eine tiefe Topographie gegeben ist. Naturgemäß mangelt es der Sahara an Wasser und ein Großteil der Sedimente werden in das flache Tiefland und schlussendlich zum Atlantik abtransportiert.

4. schichthafter Wechsel der Gesteine: Wäre der Untergrund Zentral Mauretaniens einheitlich, würde man die ringhafte Struktur vermutlich gar nicht sehen und nur anhand der Brekkzien identifizieren können.

Diese groben Richtlinien kann man als Weltenbauer im Hinterkopf behalten, wenn man seine eigene Spielwelt mit diesem beeindruckenden, natürlichen "Schönheitsfleck" auf dem Anlitz versehen will.

7 Kommentare:

  1. Cool, kannte ich gar nicht, Auge der Sahara. Mutter Natur ist schon eine kreative Sandboxerin ;)

    Wenn man hier neue Artikel erbitten kann, lege ich mal eine Wunschliste vor =) :

    - Savanne (und ihre Besonderheiten im P&P)
    - Dschungel sowie speziell Regenwald (und die Besonderheiten dieses Settings)
    - Sumpf (ja, ich kenne den netten Tanelorn-Thread, aber so von der geologischen Sicht /P&P Nutzen wäre das auch hilfreich =)
    - Städte (ja, wirklich =) Ratten, Bodenveränderung der Städte, Kanalisation, da gibts bestimmt einiges =)

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  2. hallo,
    ulkig, eine Wunschliste wollte ich auch schon vorschlagen, habs dann aber verworfen. Ich möchte ja Besonderheiten beschreiben, die man ja eben in der Regel nicht kennt und ein Dschungel an sich ist jetzt erstmal nichts Ungewöhnliches.
    Bin auch zu wenig Biologie um darüber viel sagen zu können.

    Ich kann aber mal schauen, ob ich innerhalb der Wunschliste etwas Interessantes findet.
    Und ein paar Themen mit mehr anthropogenem Einfluss wäre sicher auch mal interessant :)

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    1. Hallo Falk,

      Wir haben vor, "Das Auge der Sahara" als Thema für unsere mündliche Prüfung zu nehmen, dazu hätten wir noch ein paar Fragen, die Sie uns vielleicht per e-mail beantworten könnten. Wir würden uns freuen, wenn Sie Zeit und Interesse haben uns die Fragen zu beantworten. Das ist unsere e-mail mit der Sie uns schreiben könnten: rio_lala@hotmail.com

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  3. heyy
    also ich finde diese seite ganz gut, hier sind genau die infos die ich brauchte, dankesehr :)
    weiter so :DD

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    1. Also auf den ersten Blick...tipp ich mal auf nen unterirdischen Atombombentest....hmmm50 KM Wellen...wird ne Wasserstoffbome gewesen sein..
      Aber das lisse sich ganz einfach ausschlissen..wenns denn net so gewesen ist ;)

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  4. perfekt für meine schule ;D

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    1. Gern geschehen. In meiner Schule lehrte man leider nichts über die Erde :(

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