Montag, 17. August 2009

Planung einer Sandkastenkampagne

Eine meiner langjährigen Vorhaben, eine für die Spieler frei zugängliche, plotlose Welt, die vom Spielleiter mit Herausforderungen und Zufallsereignissen bestückt wird, ist ja unter dem Begriff Sandbox in aller Munde. Das hat mir auch den Anreiz gegeben, das Spiel endlich in die Tat umzusetzen. Vor einigen Jahren hätte ich selber nicht dauerhaft geleitet und andere "Dauerspielleiter" standen nicht zur Verfügung, mittlerweile würde ich es mir zutrauen.
Im Gegensatz zu diversen fertigen Angeboten wie Traveller oder Goodman Games Points of Light wollte ich mir aus so vielen Quellen wie möglich das Nötige zusammen suchen und den Rest selber machen (eigene Spielwelt, eigene Zufallstabellen...)

Ich möchte nach und nach berichten, wie ich vorgegangen bin (bzw. vorgehe) und welche Hindernisse mir dabei aufgefallen sind, vielleicht hilft es anderen dieselben Fehler zu vermeiden.
Ausserdem halte ich die ungefähre Zeit fest, die ich dafür benötigte.


I. Wie machen das denn die Anderen? (Dauer: ca. 1Woche)
Untypischerweise hab ich das Zusammentrommeln von Spielern soweit nach hinten gestellt, bis ich wirklich Material habe, mit dem ich sofort einsteigen könnte. Das ist eine riskante Handhabe mit potentieller Enttäuschungsgefahr wenn ich auf der ganzen Arbeit (und das ist sie) sitzen bleibe, aber andererseits ist die Aussicht größer Spieler wirklich damit zu binden anstatt sie mit Versprechungen und einer langen Wartezeit zu lotsen (und man bekommt selten eine zweite Gelegenheit). Und dafür lege ich gerne etwas Arbeit vorraus.
Denn am Anfang steht natürlich das Sammeln von Informationen. Viele (gerüchteweise) wohl gute Anleitungen sind leider vergriffen, nur als Sammlerstücke zu finden oder kosten generell Geld, und bei meiner notorischen Sparsamkeit begnüge ich mich daher mit frei zugänglichen Spielhilfen.
Im Gegensatz zu Spielhilfen zum Ausspielen, Abenteuer vorbereiten, Aufbauen von Atmosphäre und Übungen für gute Beschreibungen sind brauchbare, das heisst konkrete Spielhilfen, die mehr sind als Propaganda des wahren Rollenspiels (also heisse Luft), für den Sandkasten im Internet nur schwer zu finden. Es gibt unzählige Artikel und Spielhilfen zum Aufbau und der Kontrolle von dramatischen Geschichten aber die Sandkastenfraktion hält sich mittlerweile insgesamt bedeckt. Vor allem unterschätzen sie allesamt den Aufwand für jemanden, der keine Erfahrungen damit hat.

An diesen Stellen habe ich mich gerüstet bevor ich mich an das Projekt gewagt habe, ein paar der Links sind mir auch durch hilfreiche Rollenspieler im Internet zugekommen:

West Marshes
Der allseits bekannte Artikel zum Aufbau der sogenannten West-Marshes Kampagne. Eine unverzichtbare Erklärung zur terminlichen Organisation, sowie Vorschläge für den Aufbau einer Spielwelt. In dieser Hinsicht ist er aber sehr theoretisch und bietet wenig praxisnahe Tipps. Vor allem gibt es kein Beispielmaterial (Tabellen,Karten..)

Kopikala Kampagne
Eine, soweit ich es verstanden habe, aus der WestMarshes Idee geborene, deutsche Sandbox vom Forenaktiven Skyrock. Im Grunde gibt es keine Tipps aber es ist ein schönes Beispiel und zudem gibt es eine Karte mit Verweis auf die Herstellungsmethode (mit der ich zugegebenermaßen wenig anfangen kann).

Grenzmarken Kampagne
Noch eine Beispielkampagne, die kürzlich einjähriges Jubiläum gefeiert hat, wenn ich micht nicht irre. Das Schöne an der Seite ist, daß hier wirklich alles online steht. Es gibt Spielweltinfos, Karten, Geschichten und Charaktere und insgesamt einen guten Eindruck in welcher Detailtiefe man sich als SL bewegen kann.

Dungeoncraft Dragon Artikel
Eine Reihe gut geschriebener Artikel aus dem Dragon Magazine. Eine wirkliche Schritt-für-Schritt Anleitung, die vor allem dadurch überzeugt, daß sie viele Beispiele gibt.

Oldguyrpg Blog - Sandbox Vorbereitung
Ein guter Blogeintrag, der versucht mit dem Mythos der Vorbereitung aufzuräumen. Das Ulkige an dem Eintrag ist, sein Anspruch ist die Widerlegung des Vorwurfes der aufwändigen Ausgestaltung der Spielwelt im Vorfeld des Spiels, ignoriert diesen dann aber nahezu vollständig, gibt stattdessen aber gute Hinweise, wie man den Aufwand während des Spiels reduziert, d.h. also nachdem die Spielwelt steht. Wie erwähnt passiert dies scheinbar vielen erfahrenen "Netzautor" SLs, die von der hohen Warte die Situation des Anfängers scheinbar verkennen und häufig (aus ihrer Sicht einfache) Dinge nicht als Probleme wahrnehmen, denn natürlich ist das Vorbereiten einer Spielwelt eine Menge Arbeit.

Belchions Blog - Gedanken zum Sandkasten
Es gibt zahlreiche Blogartikel und es wird viel theoretisiert. Dieser sei nur beispielhaft dafür (er führt Querverweise an, die zu weiteren Artikeln führen). Insgesamt gibt es wenig echte Hilfe, die ich aus diesen Stammtischdiskussionen ziehen kann, wirklich konkret möchte in diesem Bereich nämlich selten jemand werden (dann wäre der Aufwand nämlich um ein Beträchtliches höher). Aber sie geben viele Hinweise welche Konzepte und Ziele (die in ihrer Vielfalt nicht immer widerspruchsfrei sind) hinter der Spielweise stehen.

Prussian Gamers Sound Advice
Eine für mich unverzichtbare Anleitung zur Handhabe von ergebnisoffenen Konflikten vom Blogger Settembrini. Eigentlich sind es Anleitungen zum Vorbereiten von Abenteuern, allerdings wird gen Ende der Anleitung auf eine Handlungsmaschine eingegangen, mit deren Hilfe man Konfliktparteien und Ressourcen abstrakt verwalten kann. Für mich die einzig wirklich brauchbare Spielhilfe zum Thema "Relationship Maps" oder "Conflict Webs", da es handhabbar bleibt und in seiner Komplexität nicht über das Ziel hinaus schiesst, sich in Widersprüche verfängt und dadurch selbst zum Hindernis wird.

Age of Fable Zufallstabellen
Hunderte von frei zugänglichen Zufallstabellen auf dieser Seite geben eine gute Basis um eine Vorstellung davon zu bekommen, in welchem Umfang man seine eigenen aufzuziehen hat.

Ravensland Karte
Overseer Karte
Glorantha Ausschnitt
Eindrücke sind wichtig und Karten wie die obigen (googlesuche: "fantasy Maps") habe ich mir zu Hauf zu Gemüte geführt um den Detailgrad und die Dimension eines Startgebietes abzuschätzen.

Ich hoffe die links bieten einen hilfreichen Einstieg, denn nach dem Lesen und einigen Forendiskussionen ging es für mich ans Eingemachte. In den nächsten Tagen möchte ich dann das Material zusammentragen, das ich für den Sandkasten verwendet habe.

4 Kommentare:

  1. Respekt, gute Beitrags- und Linksammlung!!!

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  2. Interessanter Beitrag. Hatte mich ebenfalls vor einigen Monaten mit dem Thema auseinandergesetzt, doch unsere Spielgruppe ist wieder in ihren spielfreien Trott gefallen, womit ich meine Arbeit daran recht früh abbrach. Bin aber auf ähnliche Probleme gestoßen, wie du sie beschreibst. Ich fand die "Ratschläge" im Netz oft sehr "schwammig" und ohne wirkliche Hilfen am Spieltisch. Ich freue mich schon auf den nächsten Beitrag von dir dazu um zu erfahren, was du am Ende für dich zusammengetragen hast. Sollte sich bei uns in der Gruppe doch noch etwas tun, weiss ich ja wo ich nach handfesteren Ratschlägen schauen kann.

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  3. danke, mir viel vor allem auf, daß es wirklich (im Netz) an konkrete (gratis) Hilfestellungen fehlt. Es wird immer nur
    a) darüber geredet, wie toll es ist und/oder
    b) allgemeine Aussagen gemacht ("Bereite nicht zu viel vor" - ach nee!) oder
    c) die Ratschläge sind schlicht und einfach falsch ("in 6Stunden kannst du anfangen zu spielen" - sagte der erfahrene SandboxSL)

    die Dragon Artikel war das einzig wirklich konkrete. Dank dafür an Oger.
    Da ich selber so eine Schritt für Schritt Anleitung nicht schreiben kann, kann ich es darauf beschränken zu berichten, wie ich mich durchgewuselt habe.

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  4. Danke für die Verlinkung, und allgemein die Artikelreihe.

    Die Präsenz für Kopikala war nie als Anleitung gedacht, sondern nur als Log meines Treibens und für die Verwaltung der laufenden Kampagne.
    Die Inspiration kam im übrigen mehr aus Jeff Rients' Cinder als aus den West Marches (wobei Cinder wiederum von WM inspiriert war).

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