Montag, 20. Dezember 2010

Einschub: Die Goldene Regel (... mal wieder)

Alle Jahre wieder.

Ich habe nicht damit gerechnet, mal etwas zur goldenen Regel zu schreiben. Und ich schreibe zu solchen Themen nur etwas, wenn sich eine Diskussion nicht lohnt und man sie mit einem Beitrag aus der Welt schaffen kann. Kritiker werden ja nicht müde die goldene Regel als Prügelknaben hervorzuzerren, auf das wir diese Verfehlung der Rollenspielkultur niemals vergessen. Ebenso wie die Befürworter, die nicht müde werden, zu versuchen etwas positives daraus zu ziehen.

Angeregt durch PiHalbes Goldener-Regel-Leichenschändung zur friedlichen Adventszeit, wo sich in den Kommentare alle weiteren Verzweigungen zur Diskussion, älteren und jüngeren Datums, finden, möchte ich ein kleines Mißverständnis hervorheben, welches beiden Parteien im Grunde Recht gibt.


Das Problem bei dieser Diskussion ist, daß die goldene Regel früher, vor gar nicht so langer Zeit noch als spontanes Herumfuhrwerken während des Spielbetriebes verstanden wurde. Und als solches hat sie keine Vorteile, ausser als Anzeichen von schlechten Abenteuern und Rollenspielen, nämlich dann, wenn die Gruppe das Gefühl hat, daß sie notwendig wird.

Wovon aber parallel zur Verteidigung der goldenen Regel nun die Rede ist, ist ein behutsames, bewusstes Verändern der Regeln. Also das Ersetzen von geltenden Regeln durch andere geltende Regeln. Das widerspricht aber völlig dem damaligen(?) Spielverständnis der Storytellerwelle, die Spielregeln grundsätzlich als notwendiges Übel ansahen, die einer dramatischen Entfaltung der Geschichte(tm) erstmal im Weg stehen und jederzeit gebrochen (nicht verändert) werden können.
Dementsprechend kann der "Bastelaufruf" nicht als Verteidigung der goldenen Regel dienen. Denn das Verstehen und Anpassen und Verändern von Regeln in andere Regeln meine Herrschaften, nennt man Hausregeln und ist ein ganz normaler, legitimer Prozess um ein Rollenspiel an den individuellen Fokus einer Runde anzupassen und hat so erstmal gar nichts mit der goldenen Regel zu tun.
Selbst ein solcher Hinweis in Rollenspielbüchern ist im Grunde gänzlich überflüssig, hat aber sicher seine Existenzberechtigung in Kapiteln, die sich an Anfänger richten.


Ich wünsche allen frohe, stressfreie Weihnachten!

Sonntag, 24. Oktober 2010

Phantom League auf der SPIEL 2010


Die SPIEL'10 ist vorbei und ich bin ein wenig... ernüchtert. Habe mir nur wenig nennenswerten Kleinkram gegönnt. Die großen Spielefirmen (Ravensburger, Kosmos und co.) konnten mich mit den sehr abstrakten, kunterbunten und kindlichen Themen nicht locken. Bei den, von mir bevorzugten, Stategiespielen haben mich die immensen Preissteigerungen abgeschreckt. Das Material wird immer aufwändiger, immer mehr und eben, auch immer teurer. Warlords of Europe, Magestorm, Westeros-Battlelore, Runewars gingen für bis zu 80Euro über die Theke. Meine Fresse.

Zudem habe ich wenig entdecken können, was mir nicht schon durch Hobbyaktivitäten vor der SPIEL bekannt war. Andere Spiele und Verlage, die ich suchte, waren scheinbar noch nicht einmal im Programm (darunter z.b. Portable Galactic Empire, Battlestations oder Galactic Emperor). Es hinterlässt keinen guten Eindruck, wenn ich selbst schon mehr auf dem Radar habe, als sie versuchen, dort zu präsentieren. Die Gebrauchtspiele scheinen sie auch nicht mehr aufzufüllen, so gabe es keine einzige gebrauchte Version von Battlelore, von Weapons of Mass Destruction hatte ich ohnehin nur heimlich geträumt (das habe ich aus Geiz 2008 nicht gekauft). Überrascht war ich jedoch z.b. Tomb oder Thunderstone vorgefunden zu haben.

Die SPIEL ist natürlich eine großartige Sache und es gab auch ein wenig aufregendes zu entdecken.

Ich möchte keine weitere Auflistung der ganzen Neuerscheinungen runterspulen, daß haben diverse Newsseiten und Blogs schon vorzüglich exerziert.


Worauf ich aber aufmerksam machen möchte, ist ein Brettspiel, das mich schon durch das Cover magisch zum Stand des Verlages hinzog und das meinem Eindruck nach in keiner SPIEL Berichterstattung Erwähnung fand:

Phantom League von Dragon Dawn Productions im Vertrieb bei Tuonela Productions Ltd. , das die allesamt wild mähnigen, kräftigen, blonden Nordmänner aus Finland mit uns gespielt haben.

Ganz im Stile des alten PC Spiels Elite führt man eines von, ich glaube acht, kleinen einzigartigen Raumschiffen mit einem individuellen, zufällig gezogenen Kapitän über eine Hexfeldgalaxis um zu Handeln, zu Kämpfen, zu Plündern, zu Entdecken, Erz zu schürfen, Piraten zu jagen oder selbst dem Kopfgeld zu entgehen.

Die Galaxis wird aus den jeweils halbierten (!) Hexteilen jedes mal neu generiert, in der man sich frei bewegen kann. Die Randfelder bleiben dabei als unerforschtes Gebiet abgedeckt. Abwechslung entsteht durch eine Reihe von Ereigniskarten, je nachdem, ob man einen Raumsprung durchführt oder an eine Raumstation oder Planeten andockt. Dabei darf man dann auch schon mal weitere Entscheidungen treffen, z.b. ob man einem bedrohten Freihändler gegen Piraten beistehen will, oder lieber seine eigene Haut retten will.

Dabei muss man seinen Treibstoff und die Ladekapazität im Auge behalten, ebenso wie die finanziellen Mittel, sowie die Strukturpunkte des Schiffes. Um im All bestehen zu können, kann man sein Schiff mit neuen, unzähligen Waffen und Ausrüstungsgegenständen ausbauen. Der Kampf läuft über das Ausspielen von speziellen Kampfkarten ab, wobei keiner der Kontrahenten die Angriff- und Verteidigungskarten sehen kann, bis sie aufgedeckt werden, so ähnlich, wie wir das schon vom grandiosen Spiel Supernova her kennen (das auf der Spiel scheinbar auch durch Abwesenheit glänzte). Es kommt immer dann zum Kampf, wenn man in einer Begegnung auf feindlich gesinnte Schiffe trifft, oder seinen Gegenspieler angreift, wobei man diesen ersteinmal abfangen muss. Einen großen Einfluss hat nämlich der Wert "Escapevalue" , der besagt wie schnell man sich einem Kampf entziehen kann.

Mit den gewonnenen Erlösen kann man sich Ruhm kaufen, und zwar rechtschaffenen oder berüchtigten, dies wirkt sich vor Allem auf die Ereignisse aus, die den unterschiedlichen (festen) Gesinnungen der Planeten und Stationen zugeteilt sind. Ab einer bestimmten Rufschwelle hat man das Spiel gewonnen.


Das Spiel spielt sich angenehm schnell, bietet dabei jedoch viele Freiheiten und Siegstrategien. Durch die Zufälligkeit eröffnen sich bei jedem Spiel neue, lukrative Handelswege. Negativ iel uns auf, daß einige Elemente keinen richtigen Einfluss auf das Spiel hatten, so gab es zwar z.b. schwarze Löcher, die jedoch ausser in der Erwähnung von Missionen ("Finde X...") nichts bewirkten. Auch, daß die Missionen und Ereignisse jeweils nur 19-20 Karten beinhalteten (während die Ausrüstungsgegenstände um die 40 Karten beinhalteten), spricht nicht unbedingt für den Wiederspielwert. Fragwürdig erschien uns auch die Konsistenz, so war es zwar möglich neben ca. 5-6 Handelswaren mit Drogen und Sklaven zu handeln, jedoch hatte dies augenscheinlich keine Beschränkungen beim Erwerb des guten oder bösen Rufes. Zudem spielten sich der gute und böse Pfad sehr ähnlich, da einem nur wenig Optionen verwehrt werden. Auch war auf der Galaxisspielfläche ausser den [Spieleranzahl] Raumschiffen leider kein weiterer Spielstein auf dem Feld.

Wie viele Leute bei kleinen Brettspielverlagen war das Team um den Designer Timo Multamäki sehr angenehme Zeitgenossen und sehr offen für Kritik und vertröstete die Kunden mit "Addons und Expansions". Ich bin gespannt, ob es das Spiel aus dem hohen Norden zu einem vertretbaren Preis hierhin schafft. Denn mit 45 Euro war das Spiel, wie viele andere Produkte der SPIEL'10, bei der überschaubaren Menge an Material von befriedigender Qualität WEIT überteuert. Und nur einen einzigen Cent wollte man uns wegen "des großen Erfolges in heimischen Landen" leider nicht entgegen kommen. Ein Rezensionsexemplar stand mir als normal sterblichen Menschen ohnehin nicht zu.

Schade, so blieben die SPIEL Tüten dieses Jahr erschreckend leer!


Einen ausführlicheren Eindruck bietet das Demovideo von der SPIEL'10, zu sehen bei
UStream

Dienstag, 5. Oktober 2010

Essentials: Opium fürs D&D Volk?

Wer mehr als einen D&D4 Beitrag von mir gelesen hat, wird wissen, daß mich mit D&D4 eine Hassliebe verbindet. Dabei gehöre ich nicht zu den Spielern, die den alten D&D3.x Tagen hinterhertrauern, sondern die sich echte Verbesserungen an D&D4 Wünschen, die aus dem abstrakten Metaspiel mit ihren "Cool Powerz - Storybauklötzen" wieder ein Rollenspiel machen, mit dem man sich mit seinem Charakter in eine Spielwelt hineinversetzen kann.

Große Erwartungen an die D&D4-Essentials Einsteigerboxen, die nun schon vor einem Weilchen erschienen sind, habe ich trotzdem nicht gesetzt. Zu durchschaubar waren die Versprechungen, mit denen man die alte Garde, hauptsächlich D&D3.5 Spieler, zum Schweigen bringen wollte. Man hat sich der Stagnation und Resignation verschrieben, anstatt seinen innovativen Ansatz weiter zu entwickeln. Wie nicht selten, sind die Kunden die Handbremse der Weiterentwicklung.

Zu den D&D Essentials gehört auch der Materialband Heroes of the Fallen Lands , der neue "Builds" für die vier Grundklassen (Kämpfer, Schurke, Magier, Kleriker) enthält.

The Clone hat in seinem Blog kurz reingeschaut und Wizards of the Coast scheinen zum Teil wieder Elemente aus dem vorherigen D&D einbauen zu wollen.
http://www.herzliches-rollenspiel.de/blog/?p=1997

So nehme ich ihn beim Wort, wenn er zu dem "Build" des Magiers schreibt:

Doch der Wizard-Build “Mage” geht mit 53 Seiten klar als Sieger hervor. Dadurch, dass er sich jeden Morgen nach seiner extended rest neue Encounter und Daily Powers für den Tag aus der gesamten Liste der für seine Stufe verfügbaren Powers aussuchen kann, muss man auch einen großen Teil dieser Seiten kennen. Also etwas für echte Tüftler.

Was das mit altem OD&D, D&D3.95, oder wie auch immer man es nennen mag, zu tun haben soll ist mir aber ein Rätsel, denn die "alte" D&D4 Vorhergesehensweise (2 Spellpowers pro Stufenaufstieg wählen, daraus Zauber vorbereiten) ist selbstverständlich das ganz normale D&D 3.5 .
Warum also nun die Änderung? Ich denke man knickt vor den schreienden Ewiggestrigen ein, insbesondere Magierspielern, die blind vorm Toben die "normalen" D&D Elemente in D&D4 nicht mehr erkennen können. Das kann man auch aus dem Interview mit Mike Mearls im Escapist Magazine herauslesen.

Jetzt gibt man den unflexiblen Altspielern also irgendwelche Änderungen "der Änderungen wegen" und die müssen dann natürlich gut sein, weil es ja von D&D4 fortgeht (auch wenn es sich dadurch noch weiter von "Ol'D&D" entfernt). Es könnte natürlich auch anders sein: Wizards of the Coast entwickelt ihr D&D4 konsequent noch weiter fort von D&D, und die zurückgelassenen Fans jubeln dennoch und kommen zum Teil zurück in seine Arme (ich habe bislang keine wirklich schlechten Kritiken zu den Essentials gelesen). Das kann man dann wohl getrost als Geniestreich bezeichnen.

Die wirklichen dicken Klöpse und kritikwürdigen Elemente aber, die ein normales Spielen aus der Charakterperspektive so gut wie unmöglich machen (z.b. die ganzen mundanen Martial Powers) lässt man aber so, wie sie sind. Denn diese Elemente der Regeln umzudesignen wäre WIRKLICH Arbeit.

Und die möchte sich natürlich niemand machen. Warum auch, wenn man die verlorene Spielerschaft so leicht ablenken kann, wie mit einer rot angemalten Schachtel?

Was ist aber mit denen, die immer treu geblieben sind? Die D&D nicht wegen ein paar Design umwürfen hingeschmissen haben und nun unverschämte Forderungen und Erpressungen wegen alter Tage stellen ("Machts so wie früher, oder wir sind weg"). Die ihr neues Spiel, daß sie seit D&D4 Auflage1 trotz der Schwächen unterstützt haben, und es jetzt auch fairerweise konsequent weiterentwickelt sehen und verbessert sehen wollen? (Die Regelupdates zählen dabei nicht, das ist nichts anderes als Fehlerbehebung.)
Was wir mit den Essentials haben, ist dasselbe wie vorher, nur anders. Kein Vorrankommen. Und mit etwas leiseren 3.5 Spielern, die D&D4 sowieso nicht spielen wollen. Das Klassenziel scheint also erreicht, möchte man meinen.

Man hadert immer noch damit, wie man die verloren gegangenen Fans mit möglichst wenig Aufwand ruhig stellen kann und lässt alle Spieler dabei im Regen stehen und das bringt D&D4 als Ganzes natürlich gar nicht weiter.

Dienstag, 21. September 2010

In eigener Sache - Jahrestag

Was für ein Schlamassel! Da habe ich doch meinen eigenen Bloggeburtstag verschlafen. Um beinahe 2 Monate. Das muss daran liegen, daß mein Zeitempfinden immer schlechter wird. Oder das ich gar nicht damit gerechnet habe, daß der Blog sonderlich lange laufen würde, denn schliesslich unterstehe ich hier keinem Druck.

Eigentlich spreche ich mich ja immer wieder gegen gehaltlose Nullbeiträge aus, weswegen meine kleine Blogecke auch längst nicht die übliche Beitragszahl aufbieten kann, deswegen stopfe ich so viel Neuigkeit wie möglich in den kleinen Geburtstagsbeitrag, den ich mir gönne.


Was bleibt vom Tage übrig?

1. Erkenntnis 1: Mein Layout gefällt mir immer noch ausserordentlich gut :)

2. Die zweite Erkenntnis, wenn auch erwartet: Es ist sehr schwer einen Blog zu führen, in dem regelmäßig interessante Dinge veröffentlicht werden sollen. Noch schwerer und zeitraubender ist es, interessante Beiträge zu erzwingen, um seinen Monatssoll zu erfüllen. In Vorraussicht habe ich diesen Soll deswegen auf 2 gesetzt. Ich möchte einen Blog nicht als Selbstzweck führen und nicht "posten" um des postens Willen.

3. Weiterhin nutze ich den Ort also, um Inhalte fürs Rollenspiel oder spontane Ideen da abzuladen, wo ich und andere es wiederfinden können. Ein Forum ist dafür gänzlich ungeeignet. Und wenn nichts kommt, dann kommt halt nichts.

4. Der Bedarf nach einem Ort für Spielprotokolle und Spielrundenmaterial ist durch das Vorhandensein eines eigenen Rundenforums auch obsolet geworden.

5. Ein Gemeinschaftsblog hat sich bislang leider nicht ergeben, ich denke aber weiterhin, daß es die Produktivität und Kreativität potenziert


Und vom Post der guten Vorsätze 2010 sind wie üblich wenige geblieben.

1. Midgard liegt zur Zeit auf Eis, das Beobachten des Spiels brachte wenig berichtenswertes zutage.

2. Ich warte immer noch auf die Promythosveröffentlichung!

3. Meine Savage Worlds Konvertierung des Sternenfaust Settings von Bastei ist entgültig entschlafen und Ad acta gelegt. Finito. Ich habe mich tatsächlich mit der Redaktion von Bastei in Kontakt gesetzt und zusätzlich über deren Forum.
Aber die ausserordentliche Gleichgültigkeit und Tranigkeit dort hat mir die Suppe versalzen (es gab noch nicht mal eine Absage!) , und ohne Erlaubnis werde ich meine Zeit daran nicht verschwenden, zumal sich die Serie in Bergdoktorallüren und Star Trek Imitationen selbst zu Grunde richtet. Da ich aber um die 80Seiten schon habe, verarbeite ich das Material seit April zu einem eigenen, schmutzigen Low-Sci-Fi Setting, das sich um Rohstoffgewinnung in einer "Frontier"region dreht. Man könnte auch sagen "Goldsucher im Weltraum". Da ich mich diesmal auch an die Zeichnungen gemacht habe, habe ich wesentlich weniger kreative Einschränkungen. Ob das Projekt beitragswürdig und die dazugehörigen Skizzen vorzeigbar sind habe ich noch nicht entschieden.


Die Blogosphäre fürs Rollenspiel ist verhältnismäßig gut abgedeckt, es gibt ein paar Blogs, die ich immer wieder gerne lese. Ein Verlangen nach einer eigenen, höheren Veröffentlichungsrate habe ich erst einmal nicht. Zumal ich mir bereits jetzt mehr Zeit nehme, als ich ursprünglich in einer ungezwungenen Gangart vorgehabt habe. Aber mir ist klar, daß ein Blog in einem mehrmonatigen Rhythmus keinen Sinn machen würde.
Eine feste, thematische Beitragsreihe kann ich hingegen nur empfehlen, wenn der Wind droht aus den Segeln zu gehen. Mit "Was in aller Welt..." habe ich auch Äonen lang genug interessanten Stoff, um Spielwelten zu bereichern. Leider sind diese Beiträge auch sehr zeitaufwändig. Zeit, die mir leider in den nächsten Monaten aufgrund des realen Lebens vermutlich fehlen wird. Vielleicht überkommt es mich an Wochenenden, aber fest einplanen kann ich dies zur Zeit leider nicht.

Beenden werde ich das Blogprojekt deshalb nicht. Schlussendlich zählt nur, ob man noch Spass daran hat. Und das habe ich, auch weil ich das rsp-Blogs Projekt für ein zukunftsträchtiges Fundament halte. Und da beteiligt man sich gerne.

Montag, 6. September 2010

D&D4 Power Debatte - Der Merowinger hats doch schon erklärt



In unseren Spielrunden ist das Thema D&D4 Powers und Dramatik orientierte Regeln, genaugenommen die “Limitierung der Anwendung der Powers”, was mir aber zu lang zum Schreiben ist, ein aktuelles und immer wieder auftretendes Thema. Im Internet finde ich dazu jedoch wenig brauchbare Ausführungen. [Ich verwende den englischen Begriff Power, da die englische Ausgabe von D&D am weitesten verbreitet ist]
In konstantem Rauschen diskutieren Rollenspieler online zwar über die Auswirkungen des Powerkonzeptes von D&D 4 auf das Rollenspiel. Und selbstredend sind all die Teilnehmer dabei durch und durch tolerant und wollen natürlich nur das Beste füreinander. Jedoch fallen dabei lediglich Begriffe wie “Erzählregeln”, “Genrekonvention”, “echtes Rollenspiel”, sowie “Stimmungsspiel”, “Konsistenz”, “Glaubwürdigkeit” und natürlich “Realismus”. Neben treffsicherer Vermeidung brauchbarer Konzepte glänzen die Diskussionen vor allem, bis auf wenige Ausnahmen, durch ein großes Maß an Unverständnis und Mißverständnis für den Gegenstand der Diskussion. Die Symptome werden dabei in die erwähnten, farbenfrohen Begriffe gekleidet, anstatt an den Kern des Problems zu gelangen.
Kurzum, eine nachvollziehbare Auseinandersetzung findet man im Internet zu diesem Thema leider nicht so leicht. Grund genug diese Diskussionen einmal etwas aufzudröseln.

Mit ungeahnter Gelassenheit verfolge ich mal wieder so eine Diskussion über die D&D4 Powers im Tanelorn und bin froh, dort meine Nerven nicht an verschenkten Erläuterungen aufreiben zu können. In nächster Zeit werden zudem daraus zahlreiche weitere ergebnislose Ableger zum Thema “Realismus” entstehen. Garantiert.
Aber das Wort, wonach sie so verzweifelt suchen, meine Herrschaften, ist Kausalität. Eigentlich sollte uns Nerds das alles geläufig sein:
You see, there ist only one constant, one universal. It ist the only real truth.
Causality.
- the Merowinger in The Matrix
Eigentlich wäre damit alles gesagt und die Erläuterung der Power-Problematik damit beendet aber ich vermute, daß dies nicht ausreicht. Was wollte uns Herr Merowinger denn damals damit mitteilen, als viele sich an der unlogischen Phrase von Morpheus orientierten, die in nur einem kurzen Satz nichts als Unverständnis ausdrückte? Nichts anderes, als daß es in unserem Universum kein Ereignis ohne eine Ursache gibt. Das eine Ursache die Folgen bestimmt. Das ist die Art, in der Menschen denken. Ein Umkehren führt zum Verlust der realweltlichen Bezüge.
Ein Hauptargument zur Begründung der D&D4 Powers ist aber nun, das diese ohne Kausalität auskämen, weil sie Teil bestimmter Genrekonvention mit nicht geringen Anteilen von Dramatik, Spannung, Action und “großen Momenten” seien. In diesen Genres hat der Held eben nur noch eine Patrone im Revolver, wenn es den dramatischsten Effekt erzeugt und nicht als Folge von Ereignissen. Dies sei Äquivalent zu den Genres, die das D&D4 System abbilde, wie sie in Buch und Film auftreten.
Das ist leider Falsch!
Die letzte Patrone dient zwar der Dramatik, aber sie entsteht nicht aus sich selbst heraus. Die Kausalität wird rückwirkend konstruiert. Selbst im Actiongenre im Kino oder in der Literatur gibt es die Kausalität. Gäbe es sie nicht, würden die Autoren ein Großteil des Publikums verlieren, die dann bitterböse Verrisse im Internet schreiben, weil die fiktiven Ereignisse jeglichen Zusammenhang verlieren und nicht mehr in Beziehung zueinander gestellt werden können. Das Filme und Bücher aber trotz konstruierter Dramatik glaubwürdig sind, liegt daran, daß man nicht jedes Ereignis in der Geschichte miterleben kann:
Wenn Bruce Willis in “Das fünfte Element” im Finale seine Streichholzschachtel zückt, dann ist da natürlich nur eines drin. Und das ist natürlich so, damit es Spannung erzeugt. Das wir uns aber trotzdem auf die Szene einlassen und unsere Vorstellung dieser Filmwelt nicht ausklinken, liegt daran, daß wir annehmen können, daß er die letzten 19 Stück irgendwann verbraucht haben muss, ohne, daß es im Film thematisiert wird. Das ist auch gar nicht nötig, da wir Rückschlüsse ziehen können. Und so ist es von Autoren auch beabsichtigt.
Diese Kausalität ist es also nun, die für die “Powerkritiker” im Vordergrund steht. Und aus diesem Anspruch wird geschlossen, sie seien nicht interessiert an der Abbildung eines Genres, sie würden sich gar selbst widersprechen, wenn sie stattdessen Magie oder unrealistische Regeln zuliessen, was, wie wir aber nun wissen, in keinem Zusammenhang zueinander steht. Selbstverständlich ist es auch D&D4 Kritikern möglich an dramatischen Genres Spass zu haben oder ihre Charaktere Feuerbälle werfen zu lassen, so lange sie die Kausalität wahren. Dazu müssen die Regeln nicht mal besonders detailliert die Spielweltgesetze widergeben.
Kausalität kann im Rollenspiel, im Gegensatz zum Film und Buch, aber rückwirkend nicht mehr entstehen, weil man ja jede Szene seines eigenen Spielcharakters bereits miterlebt hat. Das heisst, wenn ein Charakter nur noch ein Streichholz zur Verfügung hat, dann kann man das nur dann mit Verbrauch selbiger begründen, wenn es im Spiel zuvor auch wirklich passiert ist.
Und aus diesem Grund können die D&D Powers als Spielweltdarstellung aus Sicht des Charakters nicht funktionieren, denn die Begründung des Einsatzes einer Power entsteht immer erst nachdem der Effekt eingetreten ist. Verbraucht ein Kämpfer sein tägliches Kampfmanöver, so kann dies damit begründet werden, daß sich z.b. eine Lücke in der Verteidigung des Gegners ergeben hat. Diese gesteuerte Zufälligkeit ist die Begründung für die begrenzte Anzahl der Poweranwendung. Über die Ursache hat der Charakter in der Welt aber keine Kontrolle, er kann nur den Effekt erzeugen, die Kausalkette ist unterbrochen und eine Visualisierung ist nur durch rückwirkende Änderung der erspielten Ereignisse möglich. Unwillkürlich tut dies jeder häufig, der eine Begründung für die Anwendung einer limitiertern Power in der Vorstellung visualisieren möchte.
Gleichzeitig weiss der Spieler des Charakters aber, daß sich die Gelegenheit für ein weiteres tägliches Kampfmanöver innerhalb der Geschichte nicht mehr ergeben wird, da die Power ja bereits verbraucht wurde, obwohl sich so eine Situation unzweifelhaft aus dem Spiel ergeben könnte. Um die Kausalität zu wahren benötigt er Omnipotenz über die Ereignisse.
„why is the real source of powers“
- The Merowinger
Der Spieler besitzt über die Powers also die Macht des "Warums" eines Ereignisses und kontrolliert damit die Wahl des Charakters. Wenn der Charakter ein limitiertes Kampfmanöver einsetzt, dann ist das Warum bereits vom Spieler entschieden worden und das sogar, obwohl sich aus dem Spielverlauf des Abends eventuell bereits etwas gegenteiliges ergeben hatte. Das versetzt ihn in eine Position, die üblicherweise bei vielen Rollenspielern der Spielleiter inne hat. Er beginnt die sich entfaltende Geschichte zu kontrollieren. Ein kompletter Gegensatz zum entmacheteten Spieler, der auf die Perspektive seines Charakters beschränkt ist.
Dies ist beim Zaubern von ganz und gar unrealistischer Magie z.B. nicht der Fall. Der Zauber ist verbraucht, weil er erneut memoriert werden muss. Diese Memorierung hat aber auch tatsächlich im Spiel stattgefunden und kann vom Charakter beliebig oft wiederholt werden, basiert also nicht auf kontrollierter Zufälligkeit. Beides ist aus der Perspektive des Charakters schlüssig, obwohl ebenso unrealistisch, da es keine Magie gibt.
Ironischerweise spielt D&D schon seit Anbeginn mit dem Bruch der Kausalität aus Charaktersicht, von dem die Powers im Vergleich eine eher harmlose Auswirkung haben. In D&D 3.5 gab es bereits die Power ähnliche, limitierte Berserkerwut für den Barbaren und die pure Existenz der Trefferpunkte ist ein Leugnen der Kausalität. Nehmen wir an, ein Charakter wird von einem Gegner mit dem Schwert getroffen und verliert Trefferpunkte.
Wie ist dieser Verlust nun begründet? Dazu zwei Beispiele:
  1. Nehmen wir an, ein Barde muntert den Krieger wieder auf und gibt ihm Trefferpunkte zurück, dann war der Verlust des Treffers offensichtlich nur durch Moral oder ähnliches begründet.
  2. Nehmen wir nun an ein Heiler gibt dem Krieger durch eine Bandage Trefferpunkte zurück, dann war der Treffer offensichtlich durch eine Wunde begründet.
Diese Entscheidung können wir aber erst fällen, wenn wir wissen welche Ursache es hatte. Und diese Ursache wird uns erst später gegeben, nämlich im Moment der Heilung. Ein Kausalbruch!
Warum den Powers Kritikern der Kausalbruch aber erst in der 4. D&D Edition so unangenehm aufgefallen ist, ist dessen Präsenz. Konnte man diese Brüche aus Charaktersicht zuvor noch als seltene Mängel zähneknirschend ignorieren, begegnen sie einem nun durchgehend im Spiel.
Es gibt eine ganze Reihe von Rollenspielen, die Dramatik dadurch erzeugen, daß sie einen Kausalbruch erzeugen. Die Rechtfertigung mit einer Genrevorlage aus Film oder Buch ist aus oben genannten Gründen aber nicht gültig, denn Rollenspiel funktioniert anders. Im Buch und Film wird ein fertiges Produkt konsumiert, während es im Rollenspiel erst im Begriff ist zu entstehen. Man hat lediglich die Möglichkeit den Kausalbruch hinzunehmen (und sich an der erzeugten Dramatik zu erfreuen) oder die erspielten Geschehnisse rückwirkend ungeschehen zu machen.
Wir haben nun gelernt, daß es im Rollenspiel nicht so einfach ist, eine dramatische Szene künstlich zu erzwingen und gleichzeitig Kausalität zu haben, ohne Erlebnisse des Charakters zu überspringen (tatsächlich ist es auch genau das, was Geschichten orientierte Rollenspiele tun). Und das bei bestehender Kausalität eine dramatische Szene nur durch Zufall entstehen kann oder wenn der Spieler die Rolle eines Spielleiters einnimmt und sich damit von der Perspektive seines Charakters löst, in dem er die gesamte Spielsituation kontrolliert.
Es gibt auch die Möglichkeit, daß auch der Charakter um diesen Umstand weiss, daß er sich also bewusst ist, daß er z.b. ein tägliches Kampfmanöver nur einmal am Tag durchführen kann und daß es für ihn nicht möglich ist eine weitere Gelegenheit zum Zuschlagen zu erfahren. Äquivalent weiss er, daß sich ein Schwerthieb erst dann manifestiert, nachdem geklärt wurde, auf welche Art er seine Trefferpunkte geheilt hat. Solche Szenarien kennt man z.B. aus dem WebComic Oder of the Stick, in dem sich die Charaktere bewusst sind, daß sie Figuren eines Comis sind. Ein weiteres Beispiel wäre die 4.Wand, durch die der Charakter im Theater direkt den Zuschauer im Saal addressiert. Dies sind Konzepte, die im Grenzbereich unserer Vorstellung als mögliche Welten liegen und werden in der Regel satirisch genommen und stellen im Rollenspiel meiner Erfahrung nach eher eine Randerscheinung dar. Das Rollenspiel Inspectres kennt z.b. einen Mechanismus, durch den sich die Spielfigur bewusst wird, daß sie Teil einer Geschichte ist.
Da es “den Charakter” natürlich nicht gibt, wird dieser vom Spieler entsprechend dargestellt. In allen Fällen, in denen Charakter- und Spielersicht voneinander abweichen, in denen man also die Perspektive zweier Individuen verarbeiten muss, fällt es naturgemäß schwer, sich in die Spielwelt einzudenken. Selbstverständlich kann diese Entkopplung vom Charakter oder die gestalterische Macht für den Spieler gewünscht sein und nicht zuletzt erzeugen diese Methoden ja auch verlässlichere, dramatische oder spannende Ergebnisse.

Eigentlich ist mein kleiner Ausflug der Klarstellung damit beendet aber noch ein paar Worte zum unverstandenen Thema “Realismus”:
Worum sich die D&D4 Diskussion unnötigerweise dreht, ist “Realismus”. Damit ist meistens gemeint, daß eine Regel die Naturgesetze einer Spielwelt möglichst genau abbilden soll, das also jemand platt gefahren wird, wenn er sich unter einen Zug wirft. Nun führen die Befürworter der Powers korrekterweise an, daß keine Regel wirklich “realistisch” sein kann und rechtfertigen damit die nicht kausalen Zusammenhänge der Powers. In anderen Worten bedeutet das also: Wenn man per Regeln nicht genau darstellen kann, wie jemand vom Zug überfahren wird (was richtig ist), dann spiele es auch keine Rolle, wenn man eine Power nur einmal am Tag anwenden könne, weil ja beides nicht “realistisch” sei. Es gehört jetzt nicht mehr viel dazu, um den Denkfehler darin zu sehen, denn die Kausalität ist beim Zug gegeben, bei einer Daily Power jedoch nicht.

Für mich ist diese Zusammenfassung nach unzähligen Versuchen dies mit Internetusern zu kommunizieren auch ein Abschluss mit diesem Thema. Ich kann die Verständnisschwierigkeiten untereinander weiterhin nicht nachvollziehen, möchte die Zusammenhänge aber nicht unzählige weitere Male wiederholen und tue mir selbst einen Gefallen einfach hierauf verweisen zu können.
Abschliessend möchte ich sagen, daß ich sowohl Spielweisen und Regeln, die mit, als auch ohne Autorenperspektive auskommen, für spielwürdig und richtiges Rollenspiel halte. Ich sehe die Vorteile von beiden und halte keines für überlegen, wenn ich es auch persönlich bevorzuge, auf limitierte Powers zu verzichten.

Freitag, 27. August 2010

The Expendables - Eine Meinung

Spoilerfrei.

"The boys are back in town..." schallt es aus den Boxen als wir aus dem proppe vollen Kino kommen, noch ein selig, debiles Lächeln im Gesicht und einer sehr guten Laune.
Hell Yeah, und wie sie zurück sind!
Man möchte am liebsten etwas Einreißen oder wenigstens mit dem Kopf durch eine Betonwand, die aufgestaute Power loswerden. Ja, die 80iger sind wieder da und reaktivieren unsere lange verloren geglaubten, von CGI und political correctness zugeklebten, männlichen Urinstinkte. Was sich schon seit Jahren mit StirbLangsam4, Rambo4 oder selbst Shoot'em Up oder The Marine mal mehr oder weniger erfolgreich ankündigte, hat endlich den Weg zurück auf die Leinwand gefunden.

Expendables ist in keinem Fall ein Film für jedermann und unmöglich einheitlich zu bewerten. Es ist kein Film für Fehlersucher oder Menschen mit Niveau und schon gar nicht für die Kritiker. Er ist für alle, die mit den Actionstreifen von früher aufgewachsen sind eine Reise zurück. Also für uns, die gehirngewaschene, verlorene MTV Generation. Dazu zählen natürlich insbesondere die Fans der großen Actionhelden, denen das Kino vorgaukelt, sie wären ewig lange Freunde und einen sehr weiten Weg bis hier gemeinsam gegangen.
Und Stallone weiss darum natürlich und weiss, was er liefern muss. Es ist also auch ein Film für die Macher selber, die zeigen wollen, sie können es noch und es funktioniert noch.

In einem Satz bewertet würde man sagen: Es ist ein Film, der Erwartungen erfüllt.
The Expendables ist auf keinen Fall ein Film ohne Fehler, es ist lediglich einer, dem man sie leicht verzeiht.

Den Plot durchzusprechen ist der Rede nicht wert, denn er lässt sich mit "Befreiungsaktion" gut zusammen fassen. Er spielt auf einem südamerikanischen, erfundenen Inselstaat und das ist gut so. Stallone ist ein zu guter Filmemacher, um sich für sein Feuerwerk in die moralischen Debatten der jüngeren, östlichen Krisenherde verwickeln zu lassen. Unangenehmer fällt da schon auf, daß Expendables etwas holprig im Handlungsverlauf daher kommt. Es wechseln sich die sehr schnellen Actionszenen mit einigen ruhigen Momenten, nur treten beide leider in Ballungen auf. Gerade im Mittelteil gibt es viele Szenen, die einem die Geschichte erklären wollen. Nur lediglich gibt es wenig zu erklären, zudem die Dialoge in diesen Offenbarungsszenen erwartungsgemäß dünn sind. Diese Szenen werden dann von der puren Präsenz der Hauptcharaktere allein gestemmt. Gerade Eric Roberts fällt da positiv auf, der in reinstem "overacting" einen wunderbar schmierigen Konzernganoven gibt. Und wäre es nicht Stallone oder Mickey Rourke, die mit kleinen Bewegungen auch ohne Worte eine Szene für sich in Beschlag nehmen können, der Film würde hoffnungslos abfallen. Erwartungsgemäß haben die Sportler Couture oder Austin oder der eingesichtige Jet Li wenig Screentime und Dialog und auch das ist gut so. Für ihren Part genügt es muskulös und/oder böse auszusehen. Dennoch bekommen auch sie ihre großen Szenen. Stallone weiss genau welche Leute er wo einsetzen muss. Ich bin kein Jason Statham Fan, er spielt, wie immer, den Transporter. Für mich war die Überraschung des Films Dolph Lundgren, auch wenn sich seine Aufgabe darauf beschränkt durchgeknallt zu wirken, tut er dies doch ausserordentlich effektiv. Allein aus dem Grund zog er in vielen Kritiken schon die Sympathiepunkte auf sich. Und als hätte Stallone genau dies einkalkuliert, baut er auch eine Überraschung in den Film ein.

Gerade die wenig handlungsrelevanten, die ruhigen Szenen sind es jedoch, die auffallen, in denen Stallone es schafft mit ganz wenigen Worten und Einstellungen die lange Freundschaft, teils süße Melancholie zwischen den Expendables spürbar zu machen. Dies als Ausgangssituation ist schon eine hervorragende Idee in sich, weil sie direkt den Zuschauer anspricht, der ja ebenso eine Art Bindung bei diesem Wiedersehen mit seinen Held spürt. Frauen haben in dieser Filmwelt jedoch keinen Platz, in der es auch noch keine obligatorischen und völlig überflüssigen Sexszenen brauchte, um zu zeigen, was ein "richtiger" Mann ist. Männerfreundschaft hingegen stand in Stallones Filmen stattdessen schon immer viel weiter im Fokus. Und dafür bin ich dankbar.
Jedoch ist es nicht die große Heldenversammlung, als die sich der Film verkauft. Es ist im Grunde ein Buddymovie zwischen Stallone und Statham, wobei ersterer in jeder Minute dominiert. Für mich ein reiner Stallonefilm. Die anderen "Helden" bekommen im besten Fall eine Nebenrolle. Lediglich Rourkes und Lundgrens Rollen haben von ihnen auch wirklich einen ZWECK im Film, der jedoch ausschliesslich zur Unterstützung von Stallones Charakter dient. Lediglich Stathams Charakter wird durch eine Nebenhandlung um seine Freundin unterstützt, deren Plot den Film im Grunde jedoch nur stört

Schnitt, Bild und Ton sind mit kleinen Abstrichen hervorragend. Der Film spielt mit einigen interassenten Kameraperspektiven und -Fahrten. In den Tagesszenen sind die Farben comichaft kräftig, in der Nacht übertüncht sich dagegen schwarz auf schwarz, was mich im Trailer skeptisch machte, aber sehr gut funktionierte und sich als optischer Charakter durch den Film zieht.
Mit besonderer Sorgfalt wurden die Schussgeräusche der Waffen eingefangen, die auch optisch entsprechend abgefilmt wurden. Was sich trivial anhört, macht als Waffenfetisch jedoch einen guten Teil der Atmosphäre aus, wenn jede Schlittenbewegung und Trommeldrehung zu hören ist.
Der unmelodiöse Krach moderner Actionstreifen ist auch endlich passé. Der Soundtrack ist bombastisch, eingängig und treibend, peitscht den Zuschauer unwillkürlich zum Höhepunkt der Spannung und steht angenehm weit im Vordergrund. Unnötig zu erwähnen, daß hier keine elektronischen Beats, sondern Thin Lizzy oder CCR den Takt angeben. Keine Überaschungen aber eben genau das, was man erwartet.
Die Ausstattung ist bewusst konservativ, teils nostalgisch gewählt, vom Auto bis zum Flugzeug und spiegelt natürlich ebenso die Vergangenheit der Charaktere wider. Der Film könnte dennoch irgendwo zwischen 1980 und 2010 spielen. Probleme werden nicht mit elektronischem Spionageschnickschnack gelöst, sondern durch Fäuste und Taten.
Die Explosionen - ich kann so einen Film nicht bewerten, ohne Explosionen anzusprechen – haben mich erstaunlicherweise etwas enttäuscht. Zum Einen fehlt ihnen der "impact", zum Anderen befinden sich einige künstliche CGI Effekte darunter. Schock! Ja richtig. Nicht nur das, selbst Blut und Wunden treten hier lediglich als CGI Effekt auf. Leider trifft das auch auf viele der Zerstörungsorgien an Gebäuden zu. Und das sieht man immer. Es ist nicht wirklich schön, wenn ein Held vor einem Bluescreen davon hechtet, auf dem man sieht, wie eine computeranimierte Steinwand zusammenstürzt. Warum die Effekt so billig oder überhaupt animiert sind, kann ich beim besten Willen nicht verstehen. Gerade bei so wichtigen Effekten in einem Actionfilm hätte man das konventioneller, oder wenigstens besser animiert, machen müssen.

Genug der unwichtigen Details, kommen wir zu den interessanten, letzten Dingen. Der Action selber. Das Expendables ein Kind der Neuzeit ist, sieht man an den extrem schnell geschnittenen Kampfszenen. Im Gegensatz zu anderen Filmen ist der Schnitt jedoch so gut gemacht, daß man halbwegs nachvollziehen kann, was passiert, trotz der häufig extrem dunklen Atmosphäre. Dennoch spülen die Eindrücke so schnell über einen hinweg, daß man nicht immer alles verarbeiten kann, was man sieht. Besonders dann, wenn an mehreren Orten verschiedene Personen kämpfen. Gerade im großen, langen Finale kann es dann auch schonmal zu Ermüdungserscheinungen kommen, wenn sich die konventionellen Kampfmanöver wiederholen ohne neue Ideen zu bieten.
Dennoch wirken die Kämpfe ausserordentlich kraftvoll, hier gibt es richtig etwas auf die Fresse, was auch der Grund ist, warum sie dennoch glaubwürdig wirken (nicht zu verwechseln mit realistisch). So entsteht auch durch verhältnismäßig harmlose Stunts eine Spannung, die im modernen Ansatz von Filmen, in denen einfach versucht wird sich gegenseitig mit Effekten zu übertrumpfen, einfach nicht mehr entstehen kann.
Und oft gilt: Wo Gewalt nicht hilft, hilft mehr Gewalt. Nach Technik und Virtuosität fragt man hier nur am Rande, es geht immer mit dem Kopf durch die Wand. Auch diese Art von Körperkult ist dem Actionkino schon seit längerem verloren gegangen. Umso fehlplatzierter wirkt dann manchmal Jet Li mit seinen schnellen, frickeligen Bewegungen, während sich die Titanen um ihn herum die Schädel einschlagen. Aber auch dieser Kontrast wird im Film in einer Schlüsselszene auf die Schippe genommen.
Alleine die alten Haudegen kämpfen zu sehen ist im Grunde der Zweck des Films. Die Gewalt ist so übertrieben dargestellt, daß man lachen muss, zu keiner Zeit stellt sich Ekel, Schuldgefühl, Mitleid oder dergleichen ein.

Der Film ist eine Symphonie in Schwarz und Feuergelb, von einem Altmeister, der sein Handwerk versteht und sich punktgenau sämtlicher Klischees bedient und weiss welche Knöpfe man beim Zielpublikum drücken muss, was tatsächlich nicht einfach ist. Ich bin wirklich der Ansicht, daß es ebenso schwer ist ein gutes Actionabenteuer zu machen, wie jeden anderen Film, und immer wieder sieht man Regisseure, die darüber lächeln und an diesen Ansprüchen scheitern. Trotz dieser eiskalten Kalkulation merkt man den Spass der Beteiligten und das Herzblut, das hineingesteckt wurde, in jedem Bild. Sinnbildlich hierfür ist die Szene zwischen Stallone, Bruce Willis und Schwarzenegger, in der alle drei sichtlich bemüht sind ernst zu bleiben und ihnen klar ist, was für einen Kokolores sie dort abziehen.
Und es macht riesig viel Spass.
Und das ist es im Grunde auch, was über all die Schwächen und B-Movie Elemente hinwegsehen lässt, die zudem seit jeher vom Genre mitgeschleift werden; und wer weiss, vielleicht baute Stallone selbst diese Schwächen mit Blick auf die alten Zeiten ein .... nein, soweit wollen wir nicht gehen. Der Film ist einfach pure Unterhaltung und Fanservice, der sich nicht ernst nimmt, was meine größte Befürchtung war und der sich nicht um inhaltliche Schwächen schert und sich bemüht viele erinnerungswürdige Szenen zu liefern, die die Vorbilder von Expendables auch unvergessen machten (was ihm jedoch nicht oft gelingt). Meines Erachtens ist der schnelle Schnitt daran Schuld, der so damals nicht bekannt war.

Ich weiss nicht, ob das jüngere Publikum diese Eindrücke dieser Art von antiquiertem Actionabenteuer überhaupt nachvollziehen kann, da er aus heutiger Perspektive wie Keule und Feuerstein wirken muss, aber so sah das aus, als es einfache Antworten auf einfache Ansprüche gab, in der Prince Charming keinen Platz hat, und mit etwas Glück bekommen wir noch mehr von diesem neuen, alten ikonenhaften Kino zu sehen.

Donnerstag, 26. August 2010

D&D 4 Spielen - ja wie denn nun?

Kennt ihr diese Situationen, in der eine normale Unterhaltung unter kollektiver Einsicht abrupt in eine Sekunden währende, ratlose Stille übergeht? Solch eine hatten wir kürzlich bei einer Besprechung zu einer potentiellen, neuen D&D4 Runde. Es resultierte aus der Erkenntnis, daß Wizards of the Coast mit ihrem aktuellen Anlauf über die Essentials neue Spieler zu gewinnen eine Sorte von Kunden übersehen haben musste: Den rollenspielenden Neueinsteiger.

Ich meine damit nicht gute oder bessere Rollenspieler, sondern Personen, die längere Zeit schon Rollenspiel spielen nun nun D&D4 spielen möchten. Konkret ein Rollenspieler, der in eine bestehende Runde einsteigen will und kein Material besitzt.

Die Core Books konnten wir ihm nicht guten Gewissens empfehlen,

  1. weil sie auf dem heutigen Regelstand de Fakto wertlos sind und

  2. weil sie aus eben diesem Grund nicht mehr neu aufgelegt werden (er also mit zukünftigen Spielern Probleme bekommen könnte).

Die Essentials konnten wir ihm als Alternative aber auch nicht empfehlen, denn diese richten sich an komplette Neulinge, die noch nie ein Rollenspiel in der Hand gehabt haben. Die grundlegendsten Regeln werden dort auf mehreren Seiten anhand von konkreten Spielerfahrungen platt getreten, die den Neuling an die Hand nehmen (in der Art, daß z.b. beschrieben werden muss, was überhaupt Geschicklichkeit bedeutet), was als Nachschlagewerk so ungeeignet ist, wie es nur irgendwie geht. Hinzu kommt, daß die Regeln ja vereinfacht sein sollen, wir uns also nicht sicher waren, ob sie mit den "geupdateten" Grundbüchern überhaupt mithalten können. Die Essentials bieten ausserdem nicht die große Auswahl für den Spieler, wie es die Grundbücher bieten und er zudem an keine der einfachten Grundklassen Interesse hatte. Nicht zuletzt fehlt uns die Zeit, (Monate, Jahre?) zu warten, bis die Essentials auf dem Informationsstand sind, daß ein Einsteiger auf dem Niveau einer bestehenden Runde spielen kann.

Das bald kommende Rules Compendium hingegen enthält meines Informationsstandes nach nur die Spielregeln, ist als "Player's Guide" also auch nicht geeignet und richtet sich eher an Altspieler, die auf den neuesten Stand kommen wollen, ohne sich bei jeder Frage vor den Monitor setzen zu müssen.

Kurzum: Es gab keine Möglichkeit ihm den Einstieg mit bestehenden D&D4 Spielern zu ermöglichen.

Jetzt steht die Frage im Raum: Welche Antworten hat Wizards of the Coast für die erfahrenen Rollenspieler, die ein Interesse an D&D4 zeigen, aber nicht wie Vorschulkinder behandelt werden möchten?

Wir hatten keine. Aber wir konnten ihm unsere Grundbücher leihen.

Mittwoch, 18. August 2010

D&D4 Essentials Kriege

Ich hab mich von einem D&D4 Essentials Kommentar gedrückt, es gibt ohnehin zu viele. Aber mich stört es, wenn grundlegende Dinge bei der Diskussion ausser Acht gelassen werden.


"Krieg – die Essenz

Der Krieg ist die Angst der Kleinen
und die Gleichgültigkeit der Großen.
- Nico Szaba"

Die Geschichte des Rollenspiels ist eine konflikträchtige. Sie erzählt von großen Legenden und grausigen Schrecken, als Drachenlanzen und goldene Regelbücher aufeinander trafen und Riesen wie Arneson und Gygax über die Erde wandelten. Und die Legionen der Rollenspieler traten ein für alles, was ihnen lieb und teuer war, für die Fairness, die Herausforderung und die Spielfreiheit.

Gemeinsam haben wir das Joch des phantastischen Realismus überwunden, haben die Maskerade der Märchenerzähler gelüftet. Wir haben im Krieg der großen Drei gekämpft und danach den Aufstand der Indie-aner Rücken an Rücken über uns ergehen lassen. Und als der eiserne Marsch des ARS das flamewar versengte Rollenspielfeld erzittern ließ, haben wir uns nicht unterkriegen lassen. Nun hat sich der Rauch der Retroklonkriege noch nicht ganz verzogen und unzählige Designleichen auf dem Felde zurück gelassen, da droht schon ein neuer Konflikt, ganz anderer Natur.
Es herrscht Bürgerkrieg!
Es heisst nicht mehr länger wir gegen DIE, sondern Rollenspieler gegen Rollenspieler, Bruder gegen Bruder wendet sich gegeneinander.

Im Zentrum dieses Geschehens stehen die Dungeons&Dragons Essentials , die neue Produktreihe von Wizards of the Coast zur 4. Edition von D&D. Die Essentials sind als Einstieg für Neueinsteiger zu verstehen, wobei die erste Box (ja, es gibt keine dicken Regelbücher mehr) bereits alles enthält, was man zum Spielen benötigt. Zumindest für eine kurze Zeit. Über 10 Produkte hinweg werden die Anfänger häppchenweise zu Zitat "Pros" trainiert. Die Annahme der Designer ist, wenn sie das Spiel vereinfachen, würde es zugänglicher sein. Nun, D&D4 hat Potential zur Verschlankung, ohne Frage, ist aber im Grunde leicht zu verstehen. Wer sich den Inhalt der Box anschaut, sieht jedoch, daß es eher darum geht Inhalt zu streichen (bzw. Auf viele Produkte zu verteilen). Ein Anfänger sei also weniger überfordert wenn er nur noch 4 Klassen zu Auswahl hat anstatt 8+.
Na, wenn WotC jemanden mit so viel Geduld findet, wünsche ich Ihnen viel Glück dabei.

Doch die Essentials sind mehr als Funken zu verstehen, der das Pulverfaß der unterschiedlichen D&D4 Lager zu zerreißen droht. Denn für diejenigen, die bereits D&D4 spielen, wird es immer schwerer "up to date" zu bleiben. In den Essentials finden sich alle Veränderungen (sog. "Updates") ein, die bis dato erschienen sind. Parallel dazu erscheint ein "Rules Compendium", das all diese Regeln enthält. Es finden sich gar neue Optionen, die nur in den Essentials zu finden sind um D&D4 "Veteranen" zu ködern, manipulierend angefixt durch das rote nostalgische Design der Box (die ironischerweise in späteren Auflagen angepasst wird). Die Alternative, die uns von offizieller Seite zur Verfügung gestellt wird ist: Ihr müsst es ja nicht spielen.
Na, danke auch!
Währendessen zerpfücken sich die Spieler gegenseitig darüber, ob die Essentials nun eine neue Edition sind oder nicht. Dabei ist es im Grunde doch völlig egal nach welchen Regelvarianten gespielt wird so lange sie funktionieren. Ganz ehrlich, mir ist es wurscht, ob die Magic Missile automatischen Maximalschaden erhält oder gewürfelt werden muss. WotC hätte die Magic Missile auch streichen können, das ist egal, so lange das Spiel im Kern noch D&D bleibt.
Ich will nur, daß es FESTGELEGT ist.

Wichtig zu verstehen ist, daß es nicht um die Essentials geht. Es geht auch nicht ums Erratieren. Errata sind eine gute Sache, Fehler müssen ausgebügelt werden. Auch wenn mir ein von vornherein stringentes, durchdachtes, funktonierendes Regelsystem lieber wäre, darf man einem RPG Designer offenbar so viel Kompetenz nicht mehr abverlangen. Es geht nicht einmal um Editionssprünge, wenn ein System dadurch nach Vorne gebracht wird. Sei's drum.
Es geht vielmehr um die zwanghafte, sinnfreie Veränderung der Veränderung wegen, um Spieler dazu zu bewegen, immer am Ball zu bleiben. Wären die Essentials wirklich ein echtes 4.5 würde ich es begrüßen!
Eine Rollenspielrunde ist ein sehr fragiles Konstrukt, da es in der Vorstellung der Spieler geschieht. Und die ist normalerweise nur einem selbst vorbehalten. Diese nun zu synchronisieren, so daß die Spieler auf einer Welle miteinander Spass haben können macht RPG zu einem der schwierigsten Spiele überhaupt und scheitert öfters als das es funktioniert. Ein solides, konstantes Regelsystem kann dabei helfen die Runde zusammen zu halten. Nur, wenn sich dieses alle paar Wochen ändert, wird es selber zum Unsicherheitsfaktor.
Im Grunde provoziert jedes größere Update die Spaltung einzelner Gruppen von D&D Spielern und das schadet dem Rollenspiel als Ganzes. Wer spielt mit wem nach welchen Regeln, wer weiss das schon noch? Das das Argument "Ihr müsst die Änderungen ja nicht benutzen" in der Realität keine Bedeutung hat, lässt sich leicht erahnen (es sei denn die meisten Spieler spielen die unveränderte 1.Auflage, eine naive Annahme – Ich tue das übrigens soweit das möglich ist).
Auch wenn mir da sicher viele widersprechen, habe ich das in D&D 3.5 nicht so ausufernd erlebt.

D&D läuft seinen eigenen Spielern davon. Gerade denen, die ihr Hobby nicht als Arbeitswoche betreiben können, sondern schnell und unkompliziert und ohne viel Aufwand Rollenspiel spielen wollen. Dafür eignete sich D&D4 mehr als die beiden Vorgänger.
Ohne D&D Insider Account artet es nun regelrecht in Arbeit aus auf dem neuesten Stand zu bleiben und ich unterstelle darin Absicht. Und spätestens hier verliert sich das Argument der Einsteigerfreundlichkeit im Versuch Abhängigkeit beim Kunden zu erzeugen. Nicht mitzumachen artet spätestens dann in Problemen aus, wenn man sich Strategieguides im Internet durchlesen will oder sich lediglich mit anderen Spielern unterhalten will (ausser über das Thema 4.0 vs 4.5). Nicht zu vergessen bezieht sich Spielweltmaterial auch immer auf die bis dato aktuellste Version.
Mein D&D4 verhält sich nun so wie mein PC, es ist veraltet, bevor ich es nach Hause gebracht habe, und das kanns für ein langsames Hobby wie Rollenspiel einfach nicht sein. Ich will irgendwann auch mal spielen und mich nicht durchgehend mit Regelupdates beschäftigen. Und die Aussicht zurück zu hängen ist nicht sehr verlockend. Der Mangel an Fanmaterial zur 4. Edition bislang - und ich bin ein begeisteter Bastler wer die vorherigen D&D4 Beiträge las - könnte sich auch daraus ergeben. Für welche Regeln sollte man auch etwas basteln, so daß es andere Spieler nutzen können? Auch dies kann Intention sein.

WotC wäre gut beraten das starke Fundament von D&D4 auszubauen, anstatt es jede Woche neu zu erfinden. Was bleibt nach dem Metapher geschwängerten, überlangen Text? Was können wir überhaupt tun? WotC hat die D&D4 Spieler gegeneinander aufgebracht und diese zählen schliesslich zu den zähesten D&D Fans.
Gratulation!
Doch WotC ist es, gegen die wir uns stellen müssten. Streiten wir uns nicht über Magic Missiles oder Monsterschaden, sondern zeigen wir, daß nicht repariert werden muss, was nicht kaputt ist. Was D&D noch zusammenhält ist die Druckware, nicht die PDFs oder die Online Accounts. Sie stellen eine stabile Basis zum kreativen Austausch dar. Ich sage es nur ungern, aber das kommende Compendium KANN so ein neuer Haltepunkt sein. Beenden wir den Bürgerkrieg, gehen um des Friedens Willen einen Schritt entgegen und schliessen uns mit dem Compendium dieser neuen Basis an und abgesehen von echten Fehlerkorrekturen GILT dieser Regelfixpunkt dann, damit wir uns endlich wieder miteinander verständen können. Wir zusammen sind doch nicht so dumm, uns von WotC mit fadenscheinigen Argumenten vorführen zu lassen. Man muss nicht jeden Zahlendreher mitmachen, denn an eines müssen WotC scheinbar erinnert werden:
Zur Not können WIR auch OHNE sie D&D spielen!

Sonntag, 25. Juli 2010

Was in aller Welt... ist ein Hoodoo?

Auf den letzter Drücker habe ich wieder einen Beitrag fertig gestellt und mein "Monatssoll" erfüllt ;) Dieses mal gibt es etwas weniger gefährliches, aber fürs Rollenspiel kulturell verwertbareres, wie ich finde. Dies zeigt auch, welchen Einfluss die leblose Natur auf das Leben der Menschen hat. Auch abseits von großen Naturkatastrophen. Ich würde wie immer gerne Hundertschaften von Bildern benutzen, jedoch fehlt mir der Platz und die Erlaubnis, von daher sei eine eigene Bildersuche mit den gegebenen Schlagworten angeraten. Es lohnt sich.

Was in aller Welt... ist eine Beitragsreihe, in der nicht alltägliche Naturphänomene, die man zum Aufpeppen von Rollenspielkampagnen und Spielwelten benutzen kann, kurz erklärt werden. Auch und gerade, wenn es sich um Fantasywelten handelt. Natürlich kann man sie auch nur einfach so lesen. Die anderen Beiträge finden sich im Menu unter "Was in aller Welt..."


Hoodoos

Räumlich:
[einige Meter bis zehner Meter]
Vorkommen:
In felsigen Trockenregionen mit vulkanischen Ablagerungen
Gefahrenpotential:
[minder gefährlich]
Zeitskala:
[teils rezent bis wenige zehner Millionen Jahre]
Klima:
[Arid bis Subarid]

Was ist ein Hodoo?


Nein, Hoodoo ist nicht etwa verwandt mit der afrikanischen Religion des Voodoo, geschweige denn mit der afroamerikanischen Religion Hoodoo, sondern bezeichnet eine faszinierende Gesteinsformation, die gar den Eindruck von kreativer Energie weckt Als Hoodoo, Balance Rock oder Feenkamine (Fairy Chimney) bezeichnet man eine voluminöse Felssäule, dessen Spitze ein massiver, optisch abgesetzter Fels als Hut ziert. Der Hut setzt sich in manchen Fällen durch hohen Farbkontrast von der Säule ab und unterstreicht das Aussehen eines riesigen Pilzes aus Stein. Die Höhe kann zwischen Mannshöhe und einem mehrstöckigem Haus variieren. Centimeter große Hoodoos lassen sich vom reinen Entstehungsmechanismus zwar auch als solche einordnen, es ist aber nicht üblich, sie so zu bezeichnen.

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Hoodoos in Kappadokien, Türkei (Q: adventurelogger.blogspot.com)

Hoodoos sind Erosionserscheinungen, die unter ganz bestimmten, aber gar nicht so seltenen, Bedingungen entstehen können. Sie können in Gruppen von vielen hundert Säulen auftreten. Und so faszinierend die Frage auch ist, wie ein kegelförmiger Fels auf die Spitze einer Felssäule gelangen kann, eine Frage, die viele Völker in ihren Legenden mit dem Wirken von Riesen und Fabelwesen erklären, so einfach ist doch die Antwort.

Bekannte Hoodoos finden sich in Kappadokien, Türkei, Djavolja Varos in Serbien oder im Grand Staircase-Escalante National Monument in Utah.

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Schlanker Toadstool Hoodoo , Rimrock, Escalante, Utah (Photo: Ian Parker)

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Djavolja Varos, die Teufelsstadt, Hoodoos von 10 Metern Höhe, Serbia (Q: Mildz Blog)


Wie entsteht ein Hoodoo?

(nicht Simulationisten können das auch überspringen)

Hoodoos finden sich auf dem geeigneten Felsgestein und im geeigneten Klima und treten selten alleine auf. Sie bilden sich vorwiegend in aridem und subaridem Klima, also einer Umgebung, in der die Verdunstung den Niederschlag in einem Großteil der Monate übersteigt. Auf speziellen Gesteinsgrund entstehen dadurch sogenannte Badlands.

http://kartikraja.com/wp-content/uploads/2010/06/BadlandsNationalPark.jpg

Badlands National Park, South Dakota (Q: Kartik Raja)

Diese Landschaftsformen sind durch große Trockenheit, steile Felsgrate, Schluchten und wenig Vegetation gekennzeichnet. Letzteres ist von entscheidender Bedeutung, da die Gesteine ohne Bewuchs verstärkt der Wind- und Wassererosion ausgesetzt sind. Starke Sonneneinstrahlung kann die Gesteinsverwitterng beschleunigen. Eine große Höhenlage auf Hochplateaus begünstigt ebenfalls die Erosionskräfte.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d3/Cappadocia_Turkey_2.jpg

Hoodoo mit „Baskenmütze“ im Hochland von Kappadokien, Ürgüp, Türkei (Q: Wiki commons)

In diesen Trockenregionen kommt es periodisch zu sehr starken Regenfällen, währenddessen große Mengen von lockerem, nicht durch Pflanzen befestigem Material abgetragen werden und die tiefe Erosionsrinnen auswaschen, die für die zerklüftete Landschaft verantwortlich sind (auf diese Weise ist auch der Grand Canyon entstanden). Ob nun eine Schlucht oder z.b. ein Hoodoo entsteht, entscheidet sich am Felsgestein. Große, kleinräumige Unterschiede in der Erosionsresistenz begünstigen diese eher obskuren Formationen.

http://i1.trekearth.com/photos/25117/fairy_chimneys_.jpg

Aussergewöhnliche Hoodoos in Göreme, Türkei (Photo: Ricardo Lopes)
[Anm.: Der Link funktioniert mal wieder nur, wenn man ihn in die Addresszeile kopiert. Ich habe keine Ahnung, woran das liegt]

Sie treten typischerweise dort auf, wo unterschiedliche Effusivgesteine (also Vulkangesteine) übereinander abgelagert werden. Dazu sollte man wissen, daß die meisten vulkanischen Eruptionen durch einen Wechsel des Ausbruchsverhaltens geprägt sind. Es können sich innerhalb kurzer Zeit lockere Pyroklastika und flüssiges Ergussgestein (also Lava) abwechseln und so den charakteristischen Lagenbau bilden. Im Hoodoo schlägt sich dies häufig als gut zu erkennendes Streifenmuster nieder.

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Schichtlagerung des Laacher See Vulkans, Eifel, hier ohne Festgesteine (Photo: J.S. Aber)

Aus den lockeren Auswürfen entsteht ein Tuffgestein, aus Lava hingegen massiver, resistenter Basalt. Manche Tuffe sind so porös oder schwach verfestigt, daß man sie mit bloßer Hand zerdrücken kann. Als Folge von Spannungen, Frostsprengungen und anderen Belastungen entstehen Risse im Basalt, durch die Wasser eindringen kann, und so den lockeren Tuff darunter fort spült. Dem Zufall ist dann überlassen, ob an bestimmten Stellen einzelne Basaltbrocken liegen bleiben und so den Tuff unter sich wie ein Regenschirm vor Erosion schützen, so daß eine isolierte Säule entsteht.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/4/42/Hoodoo_Formation.jpg

Skizze zur Entstehung von Hoodoos (Q: Wikimedia)

Der schützende Basalt erhält dabei durch meteorische Wässer häufig die hutartige Kegelform, während äolische Erosion die Säule abrundet. Als Schutzkappe können auch andere resistente Vulkangesteine wie Ignimbrit (verfestigte Ascheströme) dienen. Die Schutzkappe kann auch aus einem einzelnen härteren Vulkanfels (eine sogenannte Bombe oder Block) bestehen

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Hoodoo mit einem Block als Schutzkappe, Djavolja Varos, Servien (Q: Mildz Blog)

Mit fortschreitender Erosion wird die Felssäule immer dünner bis der Gesteinsdeckel schlussendlich hinunter fällt.

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The Camel's Head, Upper White Rocks – Escalante, Utah (Photo: Ian Parker)

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Hoodoos in Kappadokien. Gut zu sehen ist, daß die Kappen als ehemals durchgehende Gesteinsschicht entlang einer Höhenlinie liegen (Q: Eastcoastrod)


Einsatz im Rollenspiel

Von Hoodoos geht an sich wenig Gefahr aus, es sei denn man gehört zu den Unglücklichen, die bei einem äusserst seltenen Felssturz daneben stehen oder daran herum klettern, weshalb ich auf eine Beschreibung der Gefahren verzichte. Im Rollenspiel geben sie dennoch eine Menge her, nicht nur, weil sie als Erscheinung sogar den phantastischen Charakter einer Fantasywelt unterstützen, sondern weil der Mensch früh wusste, sie sich zu Nutze zu machen. Daher folgt eine kurze Beschreibung einer zum Rollenspiel geeigneten Stätte.

Tuff ist äussert leicht zu bearbeiten und in fast jede gewünschte Form zu bringen. So entstand z.b. in Kappadokien, einem Gebirgshochland in der Türkei, das altbyzantinische Matiana, das heutige Göreme, ein ganze Stadt, die in die 10-20 Meter durchmessenden Säulen gemeiselt wurde und viele Stockwerke tief ist.

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Höhlenstadt Göreme, Türkei (Q: Pan Pan_TW, Flicker)

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Wohnhaus in einen Hoodoo aus Tuffstein geschlagen, Uchisar, Türkei (Q: ex_novo)

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Die „moderne“ Stadt Göreme (Q: EcoTurkey.com)

Grundlage der Stadt sind Vulkanausbrüche, die im Miozän (vor 10Mio.J.) anfingen. Bereits zu hetitischer Zeit war die Region besiedelt und es gibt Anzeichen, daß bereits eine Besiedlung um 8000 vor Christus stattgefunden hat. In den künstlichen Höhlen herrschen gleichbleibend kühle Temperaturen, so daß sie als Vorratsräume und Keller dienen können. Die Gänge sind vielfach miteinander verbunden und können sehr komplex sein.

http://www.kaymakli.net/YeraltMap3.gif

Ausschnitt der Höhlenstadt Kaymakli, Türkei

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Detailkarte der Metropole Kaymakli, Türkei (Q: BLDGBlog)

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Querschnittschema der Stadt Derinkuyu, Türkei

Die Schächte führen bis hinab ins Grundwasser und sorgen so für eine gesicherte Wasserversorgung. Die Höhlen wurden ebenso als religiöse Anlagen wie z.b. Grabstätten genutzt. Als eines der wichtigsten frühchristlichen Zentren finden sich viele Wandbilder, Basiliken, Kirchen und Kapellen in den Kavernen.

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Höhlendecke der St. Peter Kirche in Görme, Türkei (Photo: Flicker, Traces in the Sand)

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Frühchristliche Malereien, Göreme, Türkei (Q: Shapeshift, flicker)

In den verwinkelten Stollen entstanden viele Geheimräume und Verstecke, so daß die Stadt auch als Fluchtburg benutzt werden konnte. Bereits in byzantinischer Zeit konstruierten christliche Gruppen enge Schächte bis zu Räumen hoch unter die steinernen Kuppen, wo sie sich verstecken konnten. In Ermangelung einer Erklärung in späterer, türkischer Zeit enstand so der Mythos der Feenkamine. Die Vorzüge der Stadt verschafften ihr überregionale Bedeutung, so daß sie sich zu einem bunten, kulturellen Schmelztiegel entwickelte. Im Umland enstanden über 50 solcher unterirdischen Höhlenstädte, ein Beispiel wie der einfache Fels das Leben der Menschen beeinflusst.

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Gänge in der Stadt Derinkuyu, Türkei

Die Geschichte der Stadt Göreme ist so reichhaltig, daß ich sie hier nicht wiedergeben kann, jedoch findet sich unter folgendem Link buchstäblich Alles, was man im Allgemeinwissen über die Stadt wissen kann:

http://www.kapadokyaforum.com/de_info.php

Parallelen zur Felsenstadt der T'Skrang in der Spielwelt Earthdawn drängen sich hier auf, und sie zeigt, wie man eine solche Vorlage mit unwirklicher Architektur im Rollenspiel umsetzen kann.


Freitag, 23. Juli 2010

Aktion: Lies ein Rollenspiel in der Öffentlichkeit

Kurz bevor es wieder los geht, möchte ich auch die lustige Aktion "Lies ein Rollenspiel in der Öffentlichkeit" erwähnt haben, wie es sich der Initiator der Seite The Escapist, der die Aktion ausgerufen hat, von vielen Blogs wünscht.



Zweck der Aktion ist es, durch das Lesen von Rollenspielbüchern in der Öffentlichkeit, sei es im Bus, in der Bahn oder auf dem Bordstein auf unser Hobby aufmerksam zu machen. Damit ist natürlich kein lautes Vortragen gemeint, auch wenn es der Sache sicher Nachdruck verleihen würde. Es findet an 3 Wochen im Jahr um historisch gewichtige Tage statt. Übermorgen ist es wieder soweit.

Netterweise hat sich Jed Clayton, unter anderem im Tanelornforum aktiv, die Mühe gemacht den Aufruf in unsere schöne Sprache zu übersetzen. Die Übersetzung wurde dann auch prompt auf The Escapist eingestellt. Alle Infos dazu finden sich hier

die dazugehörige (wie immer wirr chaotische) Facebookseite findet ihr hier

Es ist wirklich nicht aufwändig und bei genug Teilnehmern macht es vielleicht den ein oder anderen Aussenstehenden neugierig. Ausserdem habe ich eine Spasswette laufen, daß ich niemanden in der Zeit mit einem RSP Buch in der Hand sehen werde, also haltet euch ran ;)
Und sagt es weiter.

Sonntag, 20. Juni 2010

Was ist los mit der Hausregelfeindlichkeit?

In letzter Zeit weht mir von allen Seiten eine Abneigung gegen Hausregeln und Regelmodifikationen entgegen, sei es in Foren oder in den eigenen Runden und ständig sehe ich mich genötigt, mich zu rechtfertigen.
Verdenken kann ich es nicht, denn früher habe ich auch so gedacht.

Ein Rollenspiel hat man gefälligst "by the book" zu spielen, das heisst, man befolgt die Regeln Wort für Wort. Das musste nicht unkritisch geschehen, man war sich der Schwächen gewisser Regeln durchaus bewusst, aber etwas ändern? Nein, auf keinen Fall! Und wenn eine Regel fehlte? Nun, im Zweifelsfall wechselte man eben das Rollenspiel zu einem System mit NOCH mehr Regeln, die die Lücken abdeckten, und die man befolgen konnte (meiner Ansicht nach konnten so überhaupt die schweren Regelsysteme wie DSA4 erst entstehen, aber das ist nur meine Meinung). Aber sobald man eigene Ideen einbrachte, machte das System keinen Spass mehr, meistens den Mitspielern, die diese Ideen eben nicht hatten.

In Foren liest man dann äquivalent, daß System A oder B nicht mehr "echt" sei, wenn man dieses oder jenes ändere, oder das man sich nur an die Eigenheiten gewöhnen müsse. Im Zweifelsfall solle man einfach ein anderes System nehmen, welches bestimmte Ansprüche bedienen kann (dafür andere Ansprüche wiederum nicht). Das geht so weit, daß User nicht bereit sind mit einem zu diskutieren, wenn man nicht das "echte" System spielt.

Und je mehr ich mich mit Rollenspiel beschäftigte war mir irgendwann, aber später als nötig, klar, die Autoren von 90% der Regelwerke sind keine Spieldesigner, sondern Rollenspieler wie du und ich. Sie sind nicht mehr oder weniger qualifiziert ein Regelsystem herauszubringen. Manche Autoren sind sogar so dreist, daß sie im Grunde nur ihre eigene, willkürliche Hausregelsammlung als Buch herausbringen und das Rollenspielsystem nennen.

Woher kommt nun die Angst, sich unter den Scheffel dieser Leute zu stellen? Ich denke es ist zum Einen die Vergleichbarkeit. Man kann sich leichter austauschen, wenn man einfach sagen kann, man habe Klasse X mit Fähigkeit Y auf Stufe Z. Im Internet ist das wichtiger denn je. Als Zweites schwebt immer die Angst herum, daß man keine Mitspieler oder Runden findet, wenn man nicht das "echte" System spielt. Und als Drittes ist es Revierdenken, wie kann man jemanden (z.b. einen Mitspieler) an dem bevorzugten System herumdoktorn lassen, als könne er es besser, als man selbst. Nein, bevor man zugesteht, daß eine Hausregel eine gute Idee sei, bleibt man lieber beim geschriebenen Wort, das ist die einfachste Einigung.
Und es ist immer nur der kleinste gemeinsame Nenner, nicht mehr. Ein festes Regelsystem ist im Grunde nur ein Puffer oder Schiedsrichter gegen Uneinigkeit.

Ich habe mich von diesem Hörigkeitswahn im Rahmen des freien Rollenspiels gelöst. Geholfen hat mir dabei die Philosophie der leichten Regelwerke. Ironischerweise gehören die ältesteten Rollenspiele überhaupt in diese Kategorie. Es geht zum Einen darum, mit so wenigen Richtlinien wie möglich Probleme kreativ und manchmal spontan zu verregeln und zum Anderen der Aufruf, Regeln an die eigenen, individuellen Bedürfnisse einer Spielrunde anzupassen.

Heute spiele ich so gut wie kein System mehr ohne Hausregeln oder Modifikationen, selbst meine allerliebsten Rollenspiele nicht. Ich habe keine Skrupel ganze Module aus Systemen herauszureissen oder umzubauen, und höre mir dafür Vorwürfe über fanatischen Perfektionismus an. Aber kein Rollenspiel ist eben perfekt und kein Rollenspiel kann die einzigartigen Ansprüche einer Rollenspielrunde bedienen. Es gehört nur ein bisschen Eigenständigkeit dazu dieses einfache Problem zu lösen. Ich kann das tun, weil ich mich als fester Dauerspielleiter zur Verfügung stelle, mit der Bedingung, daß ich die Kontrolle über die von mir verwendeten Regeln habe. Im Grunde mache ich nur das, was Rollenspieler schon vor zwei bis drei Jahrzehnten gemacht haben, bevor sie ihre Regelsammlungen irgendwann aufschrieben und anderen zur Verfügung stellten.

Samstag, 19. Juni 2010

Was in aller Welt ist .... ein Blue Hole?

Besser spät als nie. Eigentlich fehlt mir die Zeit lange Blogartikel zu schreiben und ich hatte schon vor längerem angekündigt mich kürzer fassen zu wollen. Mal schauen, ob es mir diesmal gelingt.

Bei meinem letzten Eintrag gab es das Mißverständnis, daß dies der erste Artikel der Was in aller Welt... Reihe wäre. Tatsächlich sind es deren fünf. Ihr findet sie, wenn ihr in den Kategorien rechts auf "Was in aller Welt..." klickt. =====>

Ich hab immer noch Probleme mit dem Zeilenabstand, die Blogsoftware scheint sich willkürlich einzeilig oder 1,5 zeilig auszusuchen. Wenn jemand eine Lösung dafür hat, freue ich mich über einen Kommentar.


Blue Holes

Räumlich: [bis zu viele zehner km langes Höhlensystem]
Vorkommen: In Regionen mit küstennahen Karbonatplattformen
Gefahrenpotential:
[minder gefährlich]
Zeitskala: [rezent]
Was ist ein Blue Hole?

Heute wird es blau. Sehr blau. Ich übersetzte den Begriff bewusst nicht, weil es sich um eine Art Fachbegriff handelt. Ein Blue Hole gehört zu diesen Phänomenen, die man fasziniert endlos lange anstarren kann, um sich zu fragen, wie so etwas entsteht, und dabei die Zeit zu vergessen. Dabei ist die Lösung vergleichsweise einfach, wenn man in langen Zeiträumen denkt.

(Luftaufnahme des Great Blue Hole in Belize, (Q: Wikipedia)

Ein Blue Hole ist ein Spezialfall einer Senke im Kalkgestein, einer sogenannten Doline, und zwar handelt es sich um ein von Oberflächenwasser oder Grundwasser überflutetes Höhlensystem. Der kreisförmige Einstieg täuscht darüber hinweg, daß sich darunter ein verzweigtes, viele Kilometer langes Höhlensystem befinden kann. Ein Blue Hole kann über 100 Meter steil nach unten ragen, wodurch die dunkelblaue Färbung des Wasser neben den flachen Archipelen besonders hervorsticht.


Der Begriff Blue Hole wird nicht einheitlich verwendet. Man kann sie grob in die Kategorie Ocean Blue Hole und Inland Blue Hole einteilen, wohingegen, wie der Name schon sagt, ein Ocean Blue Hole vornehmlich mit Meerwasser an der Küste und ein Inland Blue mit Süßwasser (Oberflächenwasser oder Grundwasser) gefüllt ist. Inland Blue Holes werden auch als Cenoten bezeichnet. Es gibt noch zahlreiche andere Klassifikationen, die wir hier aber nicht durchgehen müssen. Es sind keine einmaligen Erscheinungen und es sind tausende von Blue Holes und Cenoten auf der Welt bekannt, mit der höchsten Dichte in der Karibik und Zentralamerika.

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(Zacaton Cenote, Mexiko, Quelle: Ann Kristovich)

Die meisten und größten Blue Holes findet man auf den Bahamas und in Belize. Das tiefste Blue Hole der Welt mit über 300m Tiefe ist der Zacaton in Mexico.


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(Scan des Zacaton, Nasa Mission DEPTHX, Quelle: Stone Aerospace/ Team DEPTHX)


http://www.stoneaerospace.com/news-/news-zacaton-mission3-01.php
(NASA Missionsbericht von DEPTHX, Quelle: Stone Aerospace)

Wie ensteht ein Blue Hole?

(nicht Simulationisten können das auch überspringen)

Der Entstehungsprozess von Blue Holes setzt viele zehntausend Jahre in der Vergangenheit an, die Grundlagen jedoch bis zu viele hundert Millionen Jahren. Günstige Vorraussetzungen zur Bildung finden sich auf Karbonatplattformen. Dies ist ein sedimentärer Körper, der sich aus Kalkgestein im Flachwasser in feinen Schichten übereinander ablagert. Das Kalkgestein entsteht durch den Metabolismus von Mikroben oder aus den Skeletten von sessilen (festsitzenden) Lebewesen wie Korallen. Während man die Blue Holes theoretisch in jeder Klimazone antreffen kann, bilden sich die Riffplattformen nur in warmen Gewässern (was das Vorkommen der Blue Holes durch die Bewegung der Erdplatten natürlich einschränkt). Die Plattform bildet qausi eine solide, massive Platte.

Im Laufe der letzten Eiszeiten, das letzte Eismaximum war vor 20.000 Jahren, senkte sich der Meeresspiegel um bis zu 130 Meter. Dadurch fielen einige der alten Riffplattformen trocken. Besonders alte Strukturen sind aufgrund von Spannungen von Rissen durchzogen, in die Oberflächenwasser eindringen kann und den Kalk auflöst, so daß Karsthöhlen entstehen. Das tatsächliche, prominente Loch, das man heute vorfindet, kann dann entstehen, wenn eine solche Höhlendecke kollabiert.

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(ein "trockener Einstieg" in einen Cenot, nach dem Einsturz einer Höhlendecke, Quelle: Cesar Ramos)

Im Laufe der ausgehenden Eiszeit stieg der Meerespiegel wieder an und füllte die Höhlensysteme. Äquivalent geschah dies mit Grundwasserschwankungen auf dem Festland.



Eigenschaften (und Gefahren) der Blue Holes

Blue Holes und Cenoten sind ein Paradies für Taucher. Die Höhlenstruktur reicht von einfachen Systemen, wie das des Guardian Blue Holes auf Andros Island auf den Bahamas bis zu hochkomplexen verzweigten Systemen.


http://www.tamug.edu/cavebiology/Bahamas/caves/images/GuardianMap.jpg
(Karte des Guardian Blue Hole, Quelle: Brian Kakuk)

Tauchgang
(Tauchgang in einem Cenot nahe Playa del Carmen, Mexiko, Quelle: Rob Laddish)

Berühmt sind die Cenoten der mexikanischen Bundestaaten Quintana Roo und Yucatan. Dort finden sich an die 1000 Cenoten von wenigen zehner Metern bis wenigen hundert Metern Tiefe und die vermutlich größten Unterwasserhöhlensysteme der Welt, das Ox Bel Ha und das Sac Actun mit jeweils ca. 180km Länge.

http://www.caves.org/project/qrss/sacactun2004.jpg

(Höhlensystem des Sac Actun, Quelle: QRSS, 2004)

http://wetworx.nl/Cavemaps/Ox%20Bel%20Ha%20total.gif

(Höhlensystem des Ox Bel Ha, Quelle: GEO)

Diese unterirdischen Flusssysteme fliessen wie alle Flüsse Richtung Ozean und sind mit unzähligen Oberflächeneinstiegen verbunden, die längst nicht alle erforscht sind, da sie im Dschungel Mittelamerikas nur schwer aufzufinden sind und nur wenige Meter groß sein können.

http://www.elrivalinterior.com/actitud/Nutricion/cenotes-tulapina.jpg

(ein im Dschungel versteckter Einstieg in das Höhlensystem von Ox Bel Ha, Tulapina Cenot, Quelle: podwodne groty Blog)

Da die Bedingungen meist anoxisch, also sauerstoffarm, sind und zudem wenig Licht in die Höhlen dringen kann, finden sich weniger Lebensformen vor, als im Licht durchfluteten Flachwasser. Sie wirken aber nur auf den ersten Blick tot. Neben Kleinstlebewesen oder Krebsen findet man tatsächlich sogar Großlebewesen wie Manatees, Seekühe, in den mexikanischen Höhlensystemen vor, die im Flachwasser und den Flussläufen Mittelamerikas leben und die durch bislang unbekannte Zugänge von der Küste in die Unterwasserhöhlen eindringen.

http://photo.starnet.ru/Thematic_Wallpapers/Zhizn/Vodnyj_mir/Lastonogie/images/MANATEE.jpg

(eine Manatee, hier an der Küste. Durch Unterwassereinstiege können sie bis in die Höhlensysteme vordringen)

In Blue Holes können sich Landfossilien aus der Zeit vor der Überflutung finden lassen, wie zuletzt in 2007 ein 1000-4000 Jahre altes Landkrokodil auf Abaco Island auf den Bahamas.

http://i.livescience.com/images/071207-croc-skull-02.jpg

(Schädel des ~2500 Jahre alten Landkrokodils von Abaco Island, Quelle: Nancy Albury, The Antiquities, Monuments and Museums Corporation)

Blue Holes sind ungefährlich, so lange man sich nicht in sie hineinbegibt. Die einfachste Art im Höhlensystem eines Blue Holes in Schwierigkeiten zu geraten, ist sich ganz einfach zu verirren. Man muss bedenken, daß das Höhlennetz sich in alle Richtungen erstrecken kann und das Wasser die Möglichkeit bietet, sich frei nach oben und unten zu bewegen. Aus diesem Grund führen Taucher eine Führungsschnur mit sich. Nicht selten gibt es eine Trennschicht zwischen salzigem Meerwasser und süßem Grundwasser darunter, die wie eine zweite Wasseroberfläche wirkt, an der sich das Licht bricht, wodurch sich Taucher schnell aus den Augen verlieren können.

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(unwirklicher Tauchgang im Höhlensystem von Ox Bel Ha, Quelle: D.Riordan)

Eine weitere Gefahr sind starke Strömungen, besonders in den küstennahnen Blue Holes, die den Gezeiten ausgesetzt sind. Durch die Turbulenzen können selbst kleinere Boote hinuntergezogen werden. Durch die stark unterschiedliche Weite der Höhlengänge können zudem selbst schwache Strömungen in engen Passagen einen hohen Druck erreichen, so daß es passieren kann, daß man zwar in eine Öffnung hinein, aber nicht zurück schwimmen kann.



Einsatz im Rollenspiel

Ich muss Rollenspielern sicher nicht mehr erklären, wie sie Höhlen einsetzen können, daher nur ein paar und Anregungen.

In Ermangelung natürlicher Erklärungen waren die Cenoten für die Maya in Yucatan der Einstieg in die Unterwelt. Die opferten den kreisrunden Abgründen unter anderem Goldgegenstände und andere Schätze. Auch Menschenopfer sind nachgewiesen. Nicht zuletzt siedelten sich die Maya in der Nähe der Cenoten an, da diese in der Trockenzeit die einzige Wasserversorgung waren.

Die Eingeborenen Bahamaer deuteten (und tun es angeblich noch heute) die Blue Holes als "Blaslöcher", hervorgerufen durch das Ungeheuer Lusca, ein mythisches Wesen halb Octopus, halb Hai, welches vermutlich auf die Funde gestrandeter Riesentintenfische zurückgeht. Das "Atmen" des Ungeheuers, welches man in den Blue Holes wahrnimmt, lässt sich durch Gezeiten, Strömungen und Wasserspiegelschwankungen erklären, ebenso wie ein whirlpoolartiges Sprudeln in diesen Höhleneingängen. Dennoch ist es eine Steilvorlage für einen cthulhoiden Mythos.

Zuletzt angemerkt sei eine äusserst nützliche Spielhilfe, eine Sammlung verzeichneter Unterwasserflusssysteme, die zum Teil oben schon verlinkt wurde.

http://wetworx.nl/Cavemaps/cavemaps.html

(Quelle: www.wetworx.nl)

Die Genauigkeit der Karten schwankt stark, jedoch finden sich wunderbare Exemplare, die man 1:1 als Dungeonkarten benutzen kann.


http://wetworx.nl/Cavemaps/Sac%20Actun%201.jpg
(Ausschnitt des Sac Actun Höhlensystems, Quelle: www.wetworx.nl)



Schlussbemerkung:

Naja, wie es aussieht habe ich allenfalls ein Viertel an Text eingespart. Ich mag keine halben Sachen, und werde wohl auch das nächstes Thema wieder gründlich behandeln. Dementsprechend bitte ich um Geduld, da ich mir keine wöchentliche Frequenz leisten kann.

Danke fürs lesen und abgetaucht...