Donnerstag, 27. Mai 2010

Kino: Robin Hood 2010 - Meinung

Ich bin wieder einmal in die Falle zu hoher Erwartungen getappt, dabei war Robin Hood doch eine sichere Kiste. Gladiator in Strumpfhosen, was kann da schief gehen? Der Film reiht sich jedoch nahtlos in die Lange "is' ok" Reihe von Kinoblockbustern der letzten 10Jahre ein. Langsam wird es ermüdend und man möchte mal wieder einen erinnerungswürdigen Block- buster gucken.

Aus dieser Enttäuschung heraus und weil ich seit Langem und gerne meine Meinung zu Kinofilmen ausformuliere, ein treuer aber kritischer Zuschauer von Hollywood Blockbustern bin, schiebe ich vielleicht die ein oder andere Kurzrezi zwischen die Beiträge.


Der Film hat einen grandiosen Einstieg, dann einen zähen Mittelteil und ein kurzes, undramatisches, durchgepeitschtes Ende.
Es geht nicht wirklich um die Legende von Robin Hood, bis auf die entscheidenden Namen spielen die Merry Men z.b. kaum eine Rolle und ihr Auftreten verlängert nur Spielzeit (der Film läuft 2 1/2 Stunden). Stattdessen geht es darum, wie es zu der Ausgangsituation von Robin Hood (Wald-Prinz-Sheriff) kommt. Und dieser Bogen wird völlig abwegig über zwei Stunden hinweg gezogen, um ihn dann am Ende innerhalb von wenigen Minuten zurecht zu konstruieren, womit das Vorgeplänkel zum großen Teil unnötig wurde. Ein regelrechter Langbogen (Schenkelklopfer). Die eigentliche Handlung ist viel größer angelegt und es geht gleich um ganz England und der Krieg gegen Frankreich. Dabei werden dann auch mal wieder historische Fakten (und Technologien) frei erfunden und verändert. Interpretation heisst das wohl heute. Man springt immer mal wieder zu unterschiedlichen Schauplätzen, nach Frankreich oder an den Königshof in London, in der wichtige Leute ganz wichtige Dinge besprechen, um so Epik und Größe zu erzeugen, was aber jedes Mal an der Kleingeistigkeit des Films scheitert. Es werden zig Personen in eigenen Szenen näher beleuchtet, die bis hoch zu Richard Löwenherz aber eigentlich alle irrelevant sind. Die Nationen umspannende Geschichte gipfelt dann auch in eine Miniaturinvasion von England, die jede Jagdgesellschaft des englischen Königs als riesige Orkarmee hätte aussehen lassen. Und da wird dann auch mal kackendreist die D-Day Szene von Privat Ryan geklaut.
Da aber zeitgleich immer wieder Robin (+Marian) ins Zentrum gezerrt werden, verkommt der ganze Krieg samt Intrigen zu einem Nebenplot, während sich der Film im Mittelteil mit absoluten Nebensächlichkeiten aufhält. Man fragt sich immer wieder, warum man eine Szene gerade gesehen hat oder ärgert sich, daß man Informationen bekommt, die auch noch 20Min. später und bis zum Ende keine Rolle spielen. Die Handlung ist im Grunde nur noch ein Flickenteppich aus den Szenen, die mehrere Überarbeitungen des Drehbuchs überstanden haben.
Der Film leistet sich eine Langsamkeit, wie man sie nur noch selten in Blockbustern zu sehen bekommt, was ich ihm hoch anreche. Dumm ist nur, daß die Macher es verlernt haben diese Langsamkeit richtig zu nutzen und mit interessanten Szenen zu füllen.

Wie erwartet war Crowe eine Fehlbesetzung, vielleicht spielt er aber auch nur schlecht (eigentlich spielt er gar nicht), obwohl ich ihn ja gerne sehe und sympathisch finde. Vielleicht liegt es auch daran, daß er im ganzen Film vielleicht nur 10 Worte Text besitzt. Da er aber in 90% der ruhigen, actionarmen Dialogszenen vorkommt (und davon gibt es wesentlich mehr als Actionszenen), muss man sich auf eine langatmige Angelegenheit einstellen.

Die Anderen Schauspieler spielen zwar gut, vor allem die Blanchett (Marian) oder Max von Sydow (Baron Loxley) können überzeugen, und die Rollen sind auch bis in die Nebenrollen überwiegend gut besetzt, jedoch ist ausgerechnet gerade Prinz John als Latinoverschnitt, der ein Engländer sein soll und kein bisschen nachvollziehbar handelt, noch unpassender als Crowe mit Oscar Isaac besetzt. Vom erfundenen neuen Bösewicht, der irgendwo zwischen Darh Vader und Damodar herumschwirrt, über den man NICHTS weiss, und der KEINEN Antrieb hat, mal ganz zu schweigen. Keine erinnerungswürdigen Auftritte á la Alan Rickman sind hier zu verbuchen.

Sehr gut gelungen ist die Ausstattung und die Kampfszenen, aber da erwartet man heute ja auch nichts Anderes mehr. Ebenso positiv ist der angenehm traditionelle Soundtrack mit eingängigen Streichern und Melodien hervorzuheben, die ein wenig "oldSchool" Abenteuerfilmgeist versprühen. Es gibt erfreulich wenig offensichtliches CGI (meist nur in Panoramen und da kann ich es verzeihen). Sie haben zwanghaft versucht den unperfekten, matschig grauen Look verregneter Samstagnachmittage der 80iger, frühen 90iger Filme zu rekonstruieren (wie eben in Kostners Robin Hood), der irgendwie immer "authentisch" wirkte, es aber doch nie war und durch den selbst Kinderfilme wie das Blair Witch Projekt wirkten, was sie dann aber leider durch viel zu viel künstliche Beleuchtung und Filter kaputt gemacht haben. Da hilft dann auch der Kevin Kostner Gedächtnis Dung nicht mehr. Es soll auf grüner Wiese spielen, sieht aber meistens so aus wie Studio. Ebenso uneinig ists bei der Mittelalterdarstellung, die reicht von pseudo authentisch wirkendem, Lager- und Dorfleben mit gesetzten, erwachsenen Schauspielern, bis zu Comic Reliefs, Onelinern, Superhelden und Parties.

Kurzum: Der Film konnte sich zwischen Kostner (König der Diebe) und Mel Gibson (Braveheart) und Crowe selber (Gladiator) nicht entscheiden. Und gegen alle drei verliert er.
Es wäre besser gewesen die Originalgeschichte in einem konstanten Stil und mit erinnerungswürdigen Leuten konsequent nochmal durchzuziehen.


Ich WILL den Film sehr gut finden und ihn mögen, denn er HAT lichte Momente und ab und an blitzt da Seele auf, aber es genügt nur zu einem befriedigend, was wirklich ärgerlich ist. Er war so dermaßen holprig in der Geschwindigkeit und zwiespältig zwischen großartig und Murks, daß man nicht weiss, was man davon halten soll.
Sollte auch dieser Film aber wieder nur eine Plattform zum Üben gewesen sein, denn der Film hört genau da auf, wo man gerne anfangen würde zu sehen, ich würde vermutlich wieder in die Falle tappen.

Samstag, 22. Mai 2010

Die D&D4 Kritik verstehen

...oder ist D&D4 ein Rollenspiel?

Gerade kocht mal wieder im Tanelorn die bereits jetzt gealterte Diskussion darüber hoch, ob D&D4 ein Rollenspiel ist. Kurzum: Das ist es schon. Jedenfalls nicht mehr oder weniger als die zahlreichen Erzählspiele, von deren Mechanismen sich die Küstenzauberer zum Teil wohl haben beeinflussen lassen.

Jedoch kommt es im Zuge der Diskussionen – eher Streits – oft zu Mißverständnissen. Und obwohl ich eher zu denen gehöre, die die 4. Edition gut und in vielen Bereichen besser als die vorherigen beiden Editionen finde, kann ich die Kritiker gut nachvollziehen. Da ich für Rollenspielkritik grundsätzlich offen bin, möchte ich, daß ein wichtiger Kritikpunkt auch richtig verstanden wird. Jedenfalls so, wie ich es nach dem Aneinander-vorbei-reden in vielen D&D4 Diskussionen wahrnehme :


Das größte Mißverständnis scheint mir, ist, daß die D&D4 Kritik häufig an den Figurenkämpfen festgemacht wird. Die Regeln stützten sich zu stark auf Kämpfe, die auf einem Spielbrett mit Kästchen ausgetragen werden. Zu Recht halten dann die Fürsprecher von D&D4 dagegen, daß dies in den vorherigen beiden Editionen schon genau so war. Dabei geht es bei dieser Kritik gar nicht um die Figuren oder die Kästchen selber, sondern wie diese in der vierten Edition umgesetzt sind, denn das unterscheided sich grundlegend von den älteren Editionen. Die Kämpfe sind nicht mehr so handlungsorientiert wie vorher. Man lässt seinen Charakter nicht mehr durch die Regeln agieren, sondern man lenkt oft mit Hilfe der Regeln nur die Erlebnisse des Charakters. Der Unterschied macht sich meistens dadurch bemerkbar, daß sich die Auswirkungen der Regeln in der Spielwelt erst viel später erklären lassen. Das Mittdendringefühl für den Charakter geht dabei natürlich häufig verloren, vor allem, wenn man es handlungsorientiert gewohnt ist.

Ein Beispiel wären die berühmten Encountermanöver der Kampfklassen. So ein Encountermanöver kann ein Spieler einmal pro Kampf einsetzen, danach erst wieder im nächsten Kampf (wenn genug Zeit dazwischen vergangen ist). Es gibt in der Regel keinen Grund, warum der Kämpfer das Encountermanöver nicht mehrmals hintereinander anwenden könnte, schliesslich sind es nur ein paar Hiebe und Stiche. Im Nachhinein kann das aber so interpretiert werden, daß der Kämpfer die Gelegenheit hatte dieses Manöver lediglich nur einmal anzuwenden.

Das hat nichts mehr damit zu tun, "durch" den Charakter in der Spielwelt zu handeln, sondern seine Geschichte zu steuern. Dadurch gewinnen die Figurenkämpfe vor allem ein brettspielartiges Spielgefühl (nicht zu verwechseln mit spielbrettartig ;) ).

In der 3.Edition und davor war das grundsätzlich anders, da stellte eine Regel meist eine Handlung des Charakters dar und die Auswirkungen haben sich direkt gezeigt, auch auf dem Spielbrett mit den Kästchen. Fast alle Editionen sind spielbrettlastig, aber lediglich in der 4.Edition wirken sie auch wie ein abstraktes Brettspiel.

Das ist ein wichtiger Kritikpunkt, den ich absolut teile. Deswegen ist D&D4 immer noch ein Rollenspiel, und ein gutes dazu, aber eben ein anderes. Aus diesem Grund verbinde ich mit D&D4 auch eher eine Hassliebe, weil ich die Durchdachtheit des Ganzen und die Funktionalität sehr schätze, aber gleichzeitig die Spielstiländerung verfluche, weil es mir nicht mehr möglich ist eine Figur darzustellen, sondern nur noch "dabei" zu sein und zu sagen wie sie etwas erlebt.


Und die radikaleren D&D4 Spieler machen es sich mitunter sehr einfach, diesen Punkt zu ignorieren und die Diskussion damit abzuschmettern, das es allein um die Spielbrettlastigkeit ginge.

Den radikalen D&D4 Kritikern auf der anderen Seite jedoch, liegt mehr daran D&D4 als Rollenspiel zu disqualifizieren, als ihren Punkt wirklich verständlich zu machen. Ich habe ohnehin den Eindruck, daß manchen gar nicht bewusst ist, was genau sie an dem System stört, da sie im Spiel nur merken, daß es "anders" ist.


AmBesten fährt man also, beiden Hypes aus dem Weg zu gehen und sich die Sachlagen nüchtern anzuschauen. Ich kann nachvollziehen, daß D&D4 ein Rollenspiel ist, daß wenigen alten D&D Spielern gerecht wird und bedauere die Stiländerung der Wizards auch, jedoch ist es als findiger Rollenspieler kein Grund auf dieses wesentlich durchdachtere und eingängiere Spiel zu verzichten (die Skill Challenges alleinig seien hiervon ausgenommen), wenn man sich nur zu helfen weiß, die erzähllastige Seite von D&D4 einfach auszubauen, wie einige kreative Köpfe immer wieder zeigen.

Hausregeln haben in D&D und im Rollenspiel Tradition. Was hindert uns daran, sie hier anzuwenden, zumal viele 3.5 Spieler sicher mehr Hausregeln in ihren Runden benutzen als sie bereit sind in D&D4 anzuwenden? Das bereits 3.5 und davor ebenfalls viele konkret schwer zu interpretierende Regeln besitzen (Trefferpunkte z.b.) und D&D4 damit ein stringenteres Gesamtkonzept verfolgt, wird dabei auch gerne ignoriert.

Samstag, 8. Mai 2010

Was in aller Welt ... ist ein Tsingy?

Wieder habe ich gestöbert und recherchiert, um ratlosen Spielleitern und Weltenbastlern abwechslungsreiche Module zu bieten, mit denen man eine Fantasyspielwelt authentisch aufpeppeln kann.
Was in aller Welt... ist eine Beitragsreihe, die ich in unregelmäßigen Abständen (circa 1mal pro Monat) schreibe, wenn die Zeit da ist, um ausgefallene geologische Phänomene zu präsentieren und um zu zeigen, daß man nicht so weit in die High Fantasy abschweifen muss, um eine viel buntere, abwechslungsreichere Welt hier bei uns zu finden.

Wie immer verzichte ich weitestgehend auf direkte Einbdingung der Bilder um mir Urheberrechtsprobleme zu sparen. Es lohnt sich dennoch ausserordentlich sich die Bilder anzuschauen.

Der Eingangsbeitrag und die Erklärung der Kurzbegriffe zur Reihe findet sich hier
http://hochistgut.blogspot.com/2009/12/was-in-aller-welt.html



Tsingy de Bemaraha – Der steinerne Wald

Räumlich: [circa 1500km² Fläche]
Vorkommen: In Regionen mit karbonathaltigen Massengesteinen unter Einfluss von Grundwasser und starken Regenfällen.
Gefahrenpotential: [minder gefährlich]
Zeitskala: [rezent]
Klima: [humid oder sub-arid]

Was ist der Tsingy?
Im Madagassischen ist dies eine Abkürzung und bedeutet soviel wie "auf den Zehenspitzen gehen". Es handelt sich um eine geomorphologische Besonderheit im Westen von Madagaskar im Nationalpark Tsingy de Bemaraha. Wesentlich eingängiger ist der Name steinerner Wald, wo wir dann auch schon fast wieder beim Rollenspiel wären.
Beide Begriffe sind treffend, handelt es sich doch um eine ca. 1500km² große, flache Karstlandschaft, die von wenigen metern breiten Klüften durchzogen ist, die bis zu 120m tief sein können und in messerscharfen Kanten und Spitzen ausgeprägt sind. Im Untergrund befindet sich ein viele hundert km verlaufendes Höhlensystem, schmale Schluchten, natürliche Brücken und eine Vielzahl unterschiedlicher Verkarstungensformen treten dagegen an der Oberfläche auf.

(Großaufnahme über dem Tsingy de Bemaraha, Quelle: Dan Shapley)

http://image02.webshots.com/2/1/0/24/51110024OXBukY_ph.jpg
(Luftbild des Tsingy de Bemaraha, keine Quelle)
[Anmk: Manchmal scheint der link nicht zu funktionieren. Die Zeile in den Browser kopiert funktioniert seltsamerweise aber einwandfrei]



Wie enstand der steinerne Wald?
(nicht Simulationisten können das auch überspringen)

Eigentlich benötigt man nur zwei Dinge: Das richtige Gestein und die richtigen Witterungsverhältnisse. In Wirklichkeit ist alles wie immer natürlich viel komplizierter, aber betrachen wir einmal nur diese beiden Bedingungen.
Das Gebiet des steinernen Waldes wird aus flach abgelagerten Massenkalken von ca. 400 Meter Mächtigkeit aufgebaut. Diese enstanden im Jura vor über 150Mio. Jahren, als sich Madagaskar vom afrikanischen Koninent trennte. Die Kalke wurden als Riffkalke organisch abgelagert, der Begriff Massenkalk bezieht sich insbesondere auf die Mächtigkeit der Gesteinsschicht. und auf eine geringe Porösität. Das Klima von Madagaskar liegt in der tropischen Zone und ist von moderat hohen Niederschlägen, sowie Zyklonen geprägt.

Unter diesen Vorraussetzungen kann eine Karstlandschaft, wie im Bemaraha Nationalpark in den letzten Millionen Jahren entstehen. Unter Verkarstung versteht man das Lösen und Verwittern von Karbonatgesteinen (auch Sulfaten und Salzen) durch Kohlensäure. Die Kohlensäure entsteht durch das in der Atmosphöre befindliche CO2, das sich im Wasser löst. Anzumerken ist, daß die Verkarstung zu einem großen Teil unterirdisch durch das Grundwasser geschieht.

http://www.lasochres.se/Bildarkiv/Afrika/Madagaskar/Tsingy_nationalpark_2_big.jpeg
(Verkarstung an Massenkalk im Tsingy National Park, Die Auflösung findet senkrecht und waagerecht statt. Quelle: www.lasochres.se)

Karstlandschaften sind auch in unseren Landen weit verbreitet, was die Bedingungen in Madagaskar aber besonders macht sind zum Einen die erwähnten starken Regenfälle und die Ausrichtung der Risse im Gestein. Jedoch ist der steinerne Wald nicht einmalig, vergleichbare Landschaften finden sich in Neu Ginea, Kenia, Brasilien oder China, wie den Shilin (chinesisch für Steinwald, wer hätte es gedacht?), der ebenfalls dem Monsun ausgesetzt ist.

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(Kalksteintürme im Shilin in Südchina Photo: Jürg Wiesendanger 2009)

Gehen wir noch ein wenig ins Detail. Der Tsingy verläuft im Norden des Manambolo Flusses, die Landschaft besitzt (bzw. besaß) somit eine hohe Grundwasseroberfläche. Schaut man sich den Verlauf der Klüfte genauer an, fällt schnell auf, daß diese hauptsächlich entweder von NE nach SW oder senkrecht darauf von NW nach SE verlaufen (die Richtungen haben etwas mit den Spannungen zu tun, dem das Gestein ausgesetzt war, worauf wir nicht eingehen müssen).

http://neatorama.cachefly.net/images/2009-11/limestone-towers-madagascar.jpg

(Luftbild des Tsingy de Bemaraha. Gut zu erkennen ist der parallele Verlauf der Klüfte in zwei Hauptrichtungen, Photo: Stephen Alvarez / National Geographic)

Diese Klüfte entstanden nicht etwa durch die Verkarstung, sondern existierten bereits vorher als kaum sichtbare Risse im Gestein. Das Wasser konnte sowohl von unten als Grundwasser, als auch von oben während der starken Regenfälle eindringen und so die Risse durch Lösung des Gesteins immer weiter öffnen.
Zusätzlich konnte das Wasser in die ehemaligen Schichtgrenzen der Kalksteine eindringen, die sich einst wie ein Stapel Papier übereinander lagerten und das Gestein waagerecht korrodieren.

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(Laterale Verkarstung im Tsindy de Bemaraha. Beim darüber Laufen sind diese Schwachstellen kaum sichtbar, Quelle: Laurent Evain, www.weezgo.com)

Die Verkarstung findet also im Inneren des Kalksteins, wie an der Oberfläche, gleichzeitig statt.
Im folgenden Comic-Diagramm sind einige Entstehungschritte der Tsingy Klüfte leicht verständlich dargestellt, die Bilder sind jeweils von links nach rechts zu lesen:

http://img402.imageshack.us/img402/2070/grikeentstehung.jpg
(Schema unterschiedlicher Kluftbildungsmechanismen durch Verkarstung, Quelle: Márton Veress et.al. 2008)

Jede dieser Stadien findet sich in der Landschaft wieder und je breiter und tiefer, desto älter sind die Klüfte. Das Regenwasser führt dazu, daß sich an der Oberfläche die charakteristischen, messerscharfen Grate ausbilden, wie im folgenden Schaubild erklärt:

http://img88.imageshack.us/img88/8366/tsingyspitzen.jpg
(Gratentstehung durch Regenwasser im Ankarana Tsingy, Veress et.al 2008)



Eigenschaften (und Gefahren) des steinernen Waldes

Neben den bereits erwähnten messerscharfen Graten seien vor allem die unsichtbaren Gefahren erwähnt. Der korrodierte Kalkstein kann an vielen Stellen instabil sein. Nicht zuletzt entstanden viele der Klüfte, in dem die dünne Decke eines Hohlraumes ins Innere brach. Dasselbe gilt natürlich für die übrig gebliebenen natürlichen Brücken.

http://img153.imageshack.us/img153/4964/natrlichebrcke.jpg
(Natürliche Brücken im Tsingy de Bemaraha, die durch Korrosion des Unterlagers entstanden sind, Veress et.Al.2008)

Während der starken Regenfälle, können sich die tiefen Klüfte zudem blitzschnell mit reissendem Wasser füllen und eine tödliche Falle für jeden darstellen, der auf dem Grund der Klüfte herumirrt.
Die Klüfte selber können extrem schmal sein und ihre Begehbarkeit kann von Meter zu Meter wechseln.

http://www.wak.ch/news/img/2009/chinareise_2009/shilin/shilin4.jpg
(Eine Höhle im Shilin, Südchina, Photo: Jürg Wiesendanger 2009)

Zusammen bilden sie ein Netzwerk, in dem man sich schnell verirren kann. Die Ausmaße der Klüfte reichen von wenigen Zentimetern bis einigen Zehner Metern Breite und wenigen Metern bis zu 120 und mehr Metern Tiefe.

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(Am Grund des Grand Tsingy, Tsindy de Bemaraha National Park, Photo: Megan Kearney)

Der Wasserhaushalt des Gebietes ist trotz des tropischen Klimas sehr trocken, da das Wasser sehr schnell in den Rissen ablaufen kann und das Gestein kaum porös ist und so gut wie kein Wasser aufnehmen kann. Tatsächlich würde sich eine Karstlandschaft bei großer Porösität nicht ausbilden, daß das Gestein sehr schnell komplett aufgelöst werden würde.
Infolgedessen gibt es nur wenig Flora und Fauna. Zwischen den Klüften kann jedoch ein sogennnter Trockenwald gut gedeihen. Trockenwälder sind vergleichbar mit Savannenwäldern oder Dornwäldern und sind die Heimat besonders robuster Sträucher und Bäume, die skurrile Formen bilden können.


Einsatz im Rollenspiel

Für Spielleiter sind die steinernen Wälder, eingeschränkt durch ihren Entstehungsraum, der hauptsächlich in der tropischen Zone liegt, vor allen zur Ausschmückung exotischer Länder interessant. Davon abgesehen sind die Entstehungsbedingungen relativ frei, so lange man sich an die wichtigen Parameter (massives Kalkgestein + schlechtes Wetter und hohes Grundwasser) hält.
Auf Reisen kann es eine verlockende Abkürzung sein, sich in das Kluftlabyrinth eines steinernen Waldes zu begeben, oder gar über dessen Spitzen zu wandern, wo man den örtlichen Gefahren ausgesetzt ist.

Viele der Klüfte sind zudem nicht bis zur Oberfläche korrodiert, so daß sich komplexe Höhlensysteme ergeben. Im Folgenden die Karte der Anjohy Tsilika Höhle innerhalb des Tsingy Areals, die ich aus einem Paper aufgetrieben habe und die sich hervorragend als natürliche Gewölbekarte für das Rollenspiel eignet. Auffällig ist sofort, wie die Gänge der Rissstruktur des Gesteines folgen (NE-SW; NW-SE). Es fehlen lediglich ein paar Goblins.

http://img707.imageshack.us/img707/1745/tsingydungeon.jpg
(Ausschnitt der Kluftstruktur der Anjohy Tsilika Höhle, Tsingy de Bemaraha, nach Dobrilla 2006)

http://zuzutop.com/wp-content/uploads/2009/11/Madagascar_05.jpg
(eine begehbare, schmale Kluft im Tsingy, Quelle: http://alvarezphotography.com/)

Zu beachten ist, daß man Enstehungsprozess und Standort voneinander trennen muss. Ein steinerner Wald kann viel älter sein, als das Klima, daß zu seiner Entstehung führte. Ein steinerner Wald kann heute auch inmitten einer Trockenzone liegen, der Entstehungsprozess wird dann zwar nicht fortgesetzt und die Gefahren z.b. durch reissende Regenwasserströme fallen weg, aber die Klüfte könnten dafür Schutz für ganze Siedlungen bieten, in denen die Bewohner ihre Wohnungen auf dem Grund der Schatten bietenden Klüfte in die Kalksteinwände gehauen haben. Die Phantasie ist, wie immer, grenzenlos, ohne, daß man die Plausibilität brechen muss.
Für Weltenbastler, sei noch angemerkt, ist wichtig zu wissen, daß Massenkalke einst immer ehemaliger (flacher) Meeresboden waren, der an die Oberfläche gehoben wurde (vergleiche die Alpen). Dies sollte man als Weltenbastler im Hinterkopf behalten, je nachdem wie genau man die Geschichte seiner Welt ausarbeitet.


Quellen:
- The ankarana tsingy an its development, Veress et.Al 2008, Department of physical geography, University of West Hungary
- The origin of the bemaraha tsingy, Veress et.Al 2008
- www.Mineralienatlas.de/lexikon/Tsingydebemaraha



Viel Spass damit, ich kann leider nicht sagen, wann ich das nächste mal Zeit zum Schreiben finde, da sich bei mir zur Zeit alles überschlägt.