Sonntag, 26. Februar 2012

Selbstgemacht: Spieltestversion von Schildwacht - Buch I. geht online!


Der Rollenspielkarneval über selbstgeschriebene Rollenspiele neigt sich dem Ende zu und die Resonanz ist, nicht unerwartet, bislang umwerfend.


Für mich ist das Thema etwas Besonderes, denn nach einem ganzen Jahr Schreibarbeit, Entwicklung und Revision und GoTo 1 habe ich dank großer Mithilfe meiner Spielrunde nun unser selbstgeschriebenes Rollenspiel Schildwacht in eine lesbare Form gebracht. Auf Nachfrage möchte ich hier die Spieltestversion zur Verfügung stellen. Ich bitte nur darum zu berücksichtigen, dass es sich noch in Entwicklung befindet, noch wachsen wird und die Textblöcke durchgehend überarbeitet werden. Insbesondere Fixwerte wie Kosten, Schadenswerte und dergleichen können verständlicherweise nur in einem langen Prozess ausbalanciert werden.
Ich bin weder Profilayouter oder Zeichner und kenne auch keinen, aber hab mein Bestes gegeben und konnte viel dabei lernen und so ist es in erster Linie ein privates Projekt und stimmt mich das erste Mal seit 10 Jahren im Rollenspiel größtenteils wieder zufrieden. Wie jedes Rollenspiel wäre es eine Überraschung, würde es anderen Runden gefallen, die nicht an der Entwicklung beteiligt waren, aber vielleicht gibt es noch die ein oder anderen klassischen Rollenspieler, die nicht an ein großes Altprodukt gekettet sind und noch nach Alternativen suchen, sich darin wiederfinden und die Begeisterung für dieses Genre komplexer RPGs teilen.

Wer mehr wissen will kann weiterlesen oder direkt zum letzten Punkt springen:

Was ist Schildwacht?

Schildwacht ist ein selbstgeschriebenes Rollenspielprojekt in Prozedur und besteht aus zwei Büchern: I. Regeln und II.Spielwelt, wobei Buch I bislang als spielbare Version vorliegt und das Regelsystem Echelon vorstellt. Das Spiel ist noch nicht vollständig lektoriert und noch nicht ausgetestet oder vollständig (so fehlen bislang z.B. noch Fallen, mehr Monster..) und befindet sich seit einem halben Jahr im Test.
Die vorliegende, 17. (!) Version möchte ich als "offene beta" im kleinen RSP-Blogs-Kreis zur Verfügung stellen. Mit Inhalt, Layout und Illustrationen auf 198 DIN-A5 Seiten ist es bereits sehr gut spielbar und wird mit jedem Spielabend überarbeitet.
Über Feedback freuen wir uns sehr (siehe unten letzter Punkt).

Was wird Schildwacht?
Wenig Zeit? Die Eigenschaften und Ziele von Schildwacht in Kürze:

- baut auf ein generisches System (Echelon). In dieser version auf bodenständige Fantasy hin orientiert,
- ein Rollenspiel mit Attributen (Widerstandswerten), Fertigkeiten und Überwürfelproben mit W12. Fertigkeiten sind erlernbare Handlungen und Fähigkeiten (z.B: Kraft), Widerstandswerte nur indirekt beeinflussbare Eigenschaften (z.B.Vernunft),
- eine überschaubare Anzahl an Fertigkeiten, genug zur Charakterdifferenzierung und jede für sich ist nützlich im Spiel,
- Steigerung der Fertigkeiten separat und direkt über Erfahrungspunkte, Widerstandswerte indirekt über gesammelte Erfahrung steigerbar ("learning by doing"),
- Charaktere können mit einer überschaubaren Anzahl von Talentkniffen weiter individualisiert werden,
- nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen Kosten und Können,
- ein taktisches Kampfsystem auf Hexfeldern, das Lebenspunkte und Kampfstellung (als einsetzbare Ressource) getrennt hält,
- klare, wiederkehrende Regelsprache mit (hoffentlich) wenig Mißverständnissen,
- der Spielercharakter ist zentral für den Spieler, keine seiner Handlungen soll durch Regeln eingeschränkt sein,
- die richtige Ausrüstung und der innerweltliche Zeitverlauf spielen eine große Rolle für das Überleben der Charaktere,
- eine klassische Fantasyspielweise, die alle Klischees bedient, Regeln und Spiel verschmelzt und in der man sich intuitiv zurechtfindet,
- Langzeitpotenzial über vielfältige Spielschwerpunkte und kontinuierliche Charakterentwicklung
- Entwicklernotizen, Alternativregeln und ausführliche Spielstilerläuterungen zum Verständnis des Systems.

Mehr Informationen?
Schildwacht ist ein klassisches Rollenspiel für freies Spiel, welches auf langfristige Kampagnen hin ausgelegt ist. Obwohl das Regelsystem namens Echelon (Logo oben) dahinter ein generisches System ist, ist jedes Buch auf ein Genre hin festgelegt. Schildwacht widmet sich den bodenständigen Fantasywelten.
Klassisch bedeutet, dass ein Spielleiter eine Spielwelt darstellt und die Spieler einen Charakter zur Verfügung haben, um darin zu interagieren. Klassisch bedeutet in diesem Fall aber auch, dass die Regeln nahe an den Charakterhandlungen und innerweltlichen Auswirkungen (aka Physikengine) hin orientiert sind und der Einfluss der Spieler auf die Spielwelt nicht der ihrer Charaktere übersteigt.
Frei bedeutet, dass die Regeln nicht vorgeben, was man zu tun hat. Es ist nicht thematisch begrenzt. Die Spielregeln beschränken nicht die Handlungen, die ein Spielcharakter ausführen könnte aus dramaturgischen oder Spielbalancegründen. Die Spieler möchten etwas umsetzen und die Regeln versuchen eine Antwort darauf zu geben. Sie sind jedoch kein konzeptloser, unfertiger Baukasten, sondern legen eine charakternahe, entdeckerfreudige Spielweise vor. Die Spielrunde kann über die Detailtiefe und die Schwerpunkte ihrer Kampagne frei entscheiden ohne dass das System seine Funktionalität verliert. Möchten die Spieler Piraten auf ihrem Schiff auf hoher See sein oder eine Diebesgilde in einer Wüstenstadt führen? Die Regeln stehen dem nicht im Weg.

Für wen ist Schildwacht?
Es richtet sich an alle ernsthaften Rollenspielhobbyisten, die langfristige Kampagnen und kontinuierliche Charakterentwicklung über Monate (oder Jahre?) hinweg bevorzugen. Es ist kein Anfängerrollenspiel und setzt ein wenig Eingewöhnungszeit voraus. Es richtet sich an Spieler, die die Freiheit bei der Ausgestaltung ihres Charakters zu schätzen wissen. In Schildwacht gibt es keine Vor- oder Nachteile für Persönlichkeitsmerkmale oder Beschränkungen bei der Kombination von Fähigkeiten. Jeder kann sich den Charakter gestalten, wie er ihn sich vorstellt.
Es soll vor allem die Spieler ansprechen, die von anderen Großregelwerken wie Das Schwarze Auge, Midgard, Runequest, Rolemaster usf. enttäuscht wurden oder sich darüber ärgern, dass diese RPGs nie im 21. Jahrhundert angekommen sind.
Denn obwohl das vollständige Regelwerk von Schildwacht verhältnismäßig kleinteilig und altmodisch wirkt, was durchaus beabsichtigt ist, finden sich immer wieder dieselben Regelkonzepte und die Auswahl der Fragestellungen ist auf solche beschränkt, die aus langjähriger Spielpraxis in vielen klassischen Fantasyrunden immer mal wieder auftauchten. Dieses "streamlining" an die Praxis wurde direkt von Spielen wie D&D, Savage Worlds oder Unisystem übernommen und versucht so die nostalgische und moderne Spielwelt zu verbinden.

Und was ist so besonders daran?
Schildwacht ist nicht ein Mischmasch aus "D&DSA", sondern legt wert darauf, dass es in jedem Größenverhältnis gleich skaliert. Alle Situationen leiten sich aus einer gemeinsamen, fortlaufenden Wertetabelle ab. Man kann dieselben Regeln verwenden, um große Raumschiffe oder Riesenmonster gegeneinander antreten zu lassen oder eine Mäusebande spielen. Doch mehr, man könnte diese Figuren auch parallel führen, die Überlebenschance gegen einen Drachen ist somit nicht eine bloße Schätzung sondern transparent. Die Kosten jeder Fähigkeit fließen direkt in die Kompetenz einer Spielfigur ein, die Spielfiguren profitieren nicht mehr länger gleich von denselben Modifikationen, sondern individuell auf ihr Machtniveau bezogen. Berücksichtigt man, dass im klassischen, komplexeren Rollenspielsektor seit Jahren kaum Neues erscheint oder weiterentwickelt wird, so ist das Rollenspiel vielleicht ein kleiner Beitrag zur Reanimation des Genres.

Wo bekommt man es?
Ihr könnt Buch I des Heimwerkerrollenspiels Schildwacht vollständig kostenlos als PDF unter folgendem Link auf diesem Blog herunterladen, sofern ihr der creative commons Lizenz 3.0 deutsch zustimmt:

Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland (CC BY-NC-SA 3.0)

Schildwacht beta0.9.5
http://www.herzliches-rollenspiel.de/hochistgut/Schildwacht_beta0.9.5.pdf
Updates wird es in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder geben.

Das Rollenspiel ist auch im rechten Menu unter Dateien verlinkt.

Dazugehörig ist ein Charakterbogen:
http://www.dateiupload.com/files/sArtfBoLYy.pdf

sowie ein Zauberbogen für mehr Platz für magiebegabte Charaktere:
http://www.dateiupload.com/files/qFCuiGR0zM.pdf


Manche User haben Probleme mit der Übersicht in dateiupload.com. Der download link ist unter dem Werbekasten und heisst
Klicke hier um die Datei runter zu laden

Eine Book on demand-Option ist in Überlegung, sobald das Rollenspiel stabil und layouttechnisch komplett überarbeitet ist.

Über Feedback, Testspiele, Korrekturen und Vorschläge oder gar Mithilfe freuen wir uns sehr. Für Kommentare steht der Kommentarbereich des Blogbeitrages oder RSP-Blogs zur Verfügung.
http://forum.rsp-blogs.de/diskussion-und-kommentare/(hoch-ist-gut)-spieltestversion-von-schildwacht-buch-i-geht-online/msg6489/#msg6489


Bei Fragen oder Einstiegshilfe stehe ich an diesen Stellen auch jederzeit zur Verfügung. Aber ich möchte jetzt erstmal schlafen...

Donnerstag, 23. Februar 2012

Warum Vorworte wichtig sind!


Ach herrje, wenn man gar keine Ansprüche an Rollenspiele stellt, dann kann man sich nur noch über die Vorworte aufregen. Das kann ich so nicht stehen lassen. Nein, ich mache keinen "Rant" und halte mich zurück, denn ich möchte nicht wegen Ungehörigkeit vom "Internet" gebannt werden. Worum geht es genau? Es wird die Hypothese in den Raum gestellt, dass Rollenspiele, die sich an erfahrene Rollenspieler richten, keine Einführung, Vorworte oder jedwede "Spielstilbeschreibung" bräuchten, weil der weltmännische, erfahrene Rollenspieler, so etwas nicht benötigt.

*Pruust* :D

Entschuldigung, da kann ich mir ein Lachen nicht verkneifen.

1. Zum Einen, wenn man Einführungstexte nicht mag, muss man sie nicht lesen, aber das wäre eine lahme Antwort,
2. Zum Anderen lese ich in Foren viel zu viel Unsinn, als das ich "erfahrenen" Rollenspielern allzuviel zutrauen würde, erfahren wird dort meist gleichgesetzt mit "spielt schon lange",
3. Zum Dritten, erfahrene Rollenspieler wissen, wie man mit einem Einführungstext umzugehen hat und wofür dieser gut ist, nämlich:

Einführungstexte liest man, um zu erfahren, was sich ein Entwickler bei seinem Werk gedacht hat. Nicht, damit man selber etwas lernt (obwohl ich das oft tue), sondern um herauszufinden, ob der Entwickler ein konzeptloser Chaot und Nixblicker ist oder jemand, der weiss was er tut.
Einführungstexte sind das Bewerbungsschreiben eines Rollenspieles an zukünftige Spielrunden.
Es steckt selten eine böse Absicht hinter einem Einführungstext, sondern der aufrichtige Versuch des Enwicklers, andere Rollenspieler für sein Spiel zu begeistern. Daher sollte man hier besonders große Sorgfalt walten lassen. Zugegeben, früher habe ich Einführungstexte leider auch häufig überblättert und bereute es spätestens dann, wenn es nicht *Klick* machte, weil ich die Vision des Entwicklers nicht kannte. Kenne ich sie, kann ich die Regeln ganz anders beurteilen.
Natürlich gibt es auch die "Autoren", die ihre Besserspielsicht der Welt aufdrücken möchten und das Ganze dann meist gleich noch mit unpassenden Regeln versehen mit dem Abschlusssatz "aber die Regeln sind ohnehin nicht so wichtig". Das sind dann schlechte Einführungstexte, die hier aber nicht als Vorbild und schon gar nicht als Grund herhalten sollen, um darauf gänzlich zu verzichten.
Warum schränkt ein Entwickler sein Rollenspiel selber ein und beschreibt einen Spielstil in der Einführung? Nun, das tut er, wenn er kein überheblicher Mensch ist, denn er weiß, dass auch sein Rollenspiel keine eierlegende Wollmilchsau ist, sondern seine Grenzen hat. Es ist eine klar formulierte Hilftestellung für den Leser, sich Zeit und Arbeit und Raterei zu ersparen, anstatt auf Risiko die Spieler selbst herausfinden zu lassen, dass ihnen das Rollenspiel nach 6 Monaten herumfuhrwerken und prüfen doch nicht gefällt. Lese ich zum Beispiel das Wort "Universalrollenspiel" in einer Einführung, dann weiß ich heute sofort, dass ich höchstwahrscheinlich kein richtiges Rollenspiel, sondern einen unfertigen Baukasten in den Händen halte. Ich danke dem Entwickler in Gedanken höflich für seine Warnung und stelle das RPG zurück ins REGAL! Zeit gespart.

Natürlich, ein flexibler, "erfahrener" Rollenspieler kann alles Mögliche mit allen Spielen tun. Man kann zur Not auch, Zitat Tagschatten: "mit Halmaregeln Shadowrun leiten und jeder hat SPASS!". Ich kann mir auch mit einem Rollenspiel den Hintern abwischen, was ich mit den meisten Rollenspielen, die ich kenne, auch lieber tun möchte, als sie zu spielen.
Das heißt aber nicht, dass es keine Intention gibt, eine Spielweise, in der alle Komponenten am besten ineinander greifen und es ist verdammt nochmal die Aufgabe eines Entwicklers mir zu schreiben, welche Spielweise dies ist.
Ob ich das dann auch so umsetze ist eine ganz andere Frage, aber ich freue mich in jedem Fall über die Bedienungsanleitung. Es ist auch extrem hilfreich im Vorfeld zu erfahren, welche Kapitel ich als Spieler und welche ich als Spielleiter lesen muss.

Wie so oft ist Risus mit seinen 8 Seiten hier ein gutes Beispiel. Risus hat ein separates, optionales (und kostenpflichtiges) Kompendium, das 60 Seiten umfasst und nichts anderes tut, als zu erklären, wie man die anderen 8 Seiten verwendet. Und am Ende ist man immer noch nicht viel schlauer, denn die Möglichkeiten mit Risus sind schier endlos und jeder SL den man trifft, berichtet einem von neuen Varianten; und man ist über jeden Ratschlag dankbar. Das hat auch den Begriff "Risus-Zen" geprägt.

Einführungstexte und Kapitelbeschreibungen erfüllen also einen sinnvollen Zweck und jeder Rollenspieler sollte über seinen erfahrenen Metropolistenschatten springen können, um den Entwickler einige wenige Zeilen lang SEIN Werk erklären zu lassen.
Drittansichten auszuschlagen hat noch niemanden erfahren gemacht.

Lest ihr Vorworte? Findet ihr sie hilfreich oder störend?
Ein Thread dazu im RSP-Blogs Forum
http://forum.rsp-blogs.de/diskussion-und-kommentare/(hoch-ist-gut)-warum-voworte-wichtig-sind-!/msg6463/#msg6463


Mittwoch, 15. Februar 2012

RSP-Blogs Karneval [Feb2012] - Selber schreiben, Warum? Wie? Weshalb?

Der RPS-Blogs Karneval zum Thema selbstgeschriebene Rollenspiele hat Bergfest und blüht und gedeiht prächtig. Wir haben bereits mehr Beiträge als Februarstage!
http://forum.rsp-blogs.de/rsp-karneval/selbstgeschriebene-rollenspiele-(februar-2012)/

Es scheint, als spricht das Thema doch ein Grundbedürfnis von Rollenspielern an, sich auch in Bezug auf Rollenspielhintergründe kreativ zu betätigen. Bedürfnisse, die gekaufte Rollenspiele in der Regeln nicht befriedigen können.
Das wäre eine Trendwelle, mit der ich sehr gut leben könnte.

Doch welche Gründe können Rollenspieler haben ein Rollenspiel selber zu schreiben? Die Gründe sind sicher zu zahlreich, als dass ich sie hier vorstellen oder überblicken könnte. Aber was ich schreiben kann ist, welche Gründe ich hätte und ein paar Hinweise, die man berücksichtigen könnte oder auch nicht.

Weil man keine Alternativen findet!
Der Wunsch ein Rollenspiel zu schreiben kommt früher oder später, aber voran steht meist der Kontakt mit vorhandenen RPGs. Es werden sicher nur die wenigsten Rollenspieler von sich aus auf die Idee kommen "das Rollenspiel" zu erfinden ohne bislang etwas darüber gehört zu haben. Was dann als nächstes kommt ist wohl die Enttäuschung darüber, dass die vorhandenen Systeme doch nicht die Vorstellungen erfüllen können. Wie sollten sie auch? Eine erfolgreiche Rollenspielrunde besteht aus so vielen Einzelparametern, dass es an ein Wunder grenzt, dass überhaupt jemand mit dem Rollenspiel eines anderen spielen kann. RPGs sind eben keine Brettspiele. Je nachdem in welchem Spielstil man sich bewegt wird die Luft dann auch ganz schnell ganz dünn und es werden einem meist die 3-4 Platzhirsche der Woche um die Ohren gehauen. Selbst ich, der komplexere Regelwerke mag, kommt nur an etwas mehr als ein halbes Dutzend infragekommende Rollenspiele, die unsere Spielrunden alle durchprobiert haben. Und wenn diese die Wünsche nicht erfüllen, dann heisst es nur: Selber ran oder gar nicht spielen.
Und die Entscheidung ist dann leicht.

Weil ich Regeln mag, aber nicht gerne Regeln LERNE!
Ja, eigentlich mag ich es nicht, wenn Regeln mich am Spielbetrieb hindern. Ich benutze Spielregeln nicht aus Selbstzweck, sondern weil ich meine Charakterhandlungen mit ihnen darstellen möchte. Allen Versprechungen von Entwicklern von "Anfängerrollenspielen" zum Trotz benötigt man aber Jahre um so virtuos mit einem Rollenspiel - Regeln wie Spielwelt - umzugehen, dass es sitzt wie eine schlechte Angewohnheit. Das man sich also gar keine Gedanken mehr über die Spielregeln macht, während man sie korrekt anwendet. Warum sollte jemand diese Zeit investieren für ein vorgefertigtes, oft sogar unmodifizierbares Rollenspiel, wenn gar nicht sicher ist, ob er damit überhaupt zurecht kommt?
Auch hier ist die Antwort leicht.

Weil man seinen Spielstil reflektiert und Selbstdisziplin übt!
Schon bei kleinsten Rollenspielkomponeten muss man sich beim Schreiben zwangsläufig Gedanken über deren Funktion machen. Diese Gedanken führen zur Frage was man eigentlich möchte und dann zu den Entscheidungen, was eigentlich notwendig ist, um die Wünsche zu erfüllen. Selbst, wenn dieses selbstgemachte Rollenspielprojekt scheitert, so lernt man dennoch dazu. Meinen ersten Rollenspielversuch habe ich in der Halbzeit auch in der Schublade verschwinden lassen. Und doch lernt man seinen Spielstil zu hinterfragen und wenn man besonders engagiert ist, kann man noch Kenntnisse über notwendige Software, über das Schreiben an sich oder das Abarbeiten von Fleißarbeit lernen ohne das besonders viel auf dem Spiel steht. Ein Spiel schreiben ist Arbeit, viel Arbeit und es kostet noch viel mehr Zeit, machen wir uns nichts vor, aber an den Mühen, die man auf sich nimmt, erkennt man, wie wichtig einem das Hobby ist.


Nun hat man die Entscheidung getroffen ein eigenes Rollenspiel zu schreiben, man hat sich sogar Gedanken über ein Konzept gemacht, doch worauf muss man denn nun achten? Ein paar Punkte, die ICH wichtig finde:

Man muss Nichts neu erfinden!
Eine Zeit lang war es en vogue, dass jedes neue Rollenspiel gleich eine Independentbewegung auslösen musste, um beachtet zu werden. Je kruder und abstruser, desto besser. Doch das ist Quatsch. Nichts gegen "Fortschritt", wenn man es so nennen will, aber es ist ein Unterschied, ob ich ein Rollenspiel schreibe, um damit zu spielen oder ob ich eines schreibe, um die Rollenspielwelt neu zu erfinden. Das muss man sich klar machen.
Es gibt so viele getestete, zuverlässige und etablierte Methoden, es ist keine Schande sich daraus zu bedienen, vor allem, wenn man im Hinterkopf hat "Ich will einfach nur spielen, dieses Schreiben ist nur die Hürde zum Ziel". Ich würde kein Rollenspiel des Schreibens wegen schreiben, sondern, um es mit anderen Leuten zu benutzen.

Lern Mathe!
Falls das Rollenspiel Zahlen und Zufall verwendet, und die meisten werden das wohl, dann sollte man sich ein wenig mit den grundlegenden Wahrscheinlichkeitsrechnungen auskennen. Es ist verführerisch ein Regelsystem der Marke "Fertigkeit+Attribut+W6 gegen Mindestwert" zu schreiben und dann zu meinen, man hätte das Rollenspiel halb im Sack. Ich denke, wir haben alle mal gedacht, dass es so einfach ist. Wenn man dann aber selbst nicht weiß, wie wahrscheinlich welches Ergebnis ist, dann kann es passieren, daß das Rollenspiel nicht die Ergebnisse produziert, die man möchte ohne überhaupt zu wissen wieso.
Man muss sich einfach nur fragen, was ein Zahlenwert in einer bestimmten Höhe aussagen soll und wie sich eine zweite Zahl dazu verhalten soll und das Ganze hochrechnen. Man muss sich fragen, ob Zahlen für alle NSCs gleichermaßen gelten oder nur für Spielercharaktere wichtig sind. Ist 10 der Grundwert der Stärke? Ist 50 dann 5mal so stark oder soll es vielleicht sogar 100mal so stark sein? Und wie bringe ich so eine große Spanne mit einem kleinen W6 in Verbindung?

Eine klare Regelsprache nutzen!
Das ist so wichtig. Rollenspielregelwerke sind keine Romane! Die Lyrik kann man sich auch für die Spielweltbeschreibung aufheben, die ja durchaus zum selbstgemachten Rollenspiel dazugehört. Aber in Regeln hat so etwas nichts verloren. Regeln müssen widerspruchsfrei sein. Man kann nicht in einem Satz schreiben "Verteidigungspunkte", im anderen "Abwehr" und 10 Seiten weiter "Deckung" und immer dasselbe meinen. Man kann nicht schreiben "Sie [Anm.: die magisch beherrschte Person] bleibt untätig, solange der Zauberer ihr nicht mit genauen Worten beschreibt, was sie zu tun hat", wenn man nicht erläutert, was man damit eigentlich meint. Manchmal ist weniger auch mehr. Solch' Palaver hilft nicht, es behindert!
Wie kontrollieren, mit wieviel Worten?
Muss ich jede Gelenkbewegung beschreiben oder genügt, "heb's auf"?
Versteht sie meine Sprache?
Kann ich auch Handzeichen benutzen?
Kann die Person selbst atmen oder erstickt sie?
Muss ihr jeden Atemzug beschreiben?
Kann ich mehrere Personen gleichzeitig mit einer Beschreibung befehligen oder muss ich jeden einzeln ansprechen?
Kann sich der Kontrollierte an die Beherrschung erinnern?
Heisst untätig, dass die Person zu Boden fällt, wie ein EpisodeI Droide?
...
Ich könnte die Frageliste den ganzen Tag lang mit spielrelevanten Fragen weiterführen. Die obige Textstelle war übrigens ein Zitat aus dem Arkanum von Midgard4, welches voll von solchen Sätzen ist. Ein Buch, wofür "Autoren" Geld verlangen!
Wenn man sich angewöhnt Regelbegriffe immer wieder zu wiederholen und konsequent zu benutzen, hat man auch einen ganz anderen Blick auf Spielregeln und man lernt, aus unterschiedlichen Perspektiven zu sehen und die Fehler und Lücken zu finden, auch in fremden Regelwerken. Und das hilft wiederum Widersprüche auszuräumen, so daß andere Leser die eigenen Regeln auch benutzen können. Es gilt immer: Deute nicht an was du meinst, sondern SCHREIBE was du meinst.

Das Layout sollte gut lesbar, aber einfach sein!
Eigentlich ein No-Brainer aber man kann den Aufwand leicht unterschätzen. Man sollte nicht mehr als drei unterschiedliche Fonts benutzen. Der Fließtext muss unbedingt in einem klassischen Font geschrieben sein (habe mir sagen lassen Adobe Garamond ist "in"). Der Text und Hintergrund, so vorhanden, sollte einen guten Kontrast haben, wenn Farben vorkommen mag ich z.B. anstatt weiß Beigetöne + Schwarz (siehe dieses Blog).
Das Rollenspiel Legends of Zir'an hatte zum Teil silbernen Text(!) In serifenreichem Schriftfont(!!) auf, festhalten, grauem Hintergrund(!!!) Und auch für dieses Rollenspiel haben Menschen Geld verlangt (ja, ich weiß, dass es ein "Druckereifehler" war).
Zweispaltigkeit bietet sich häufig an, nicht nur, weil man Text so schneller überfliegen kann, was bei Regelsuchen besonders wichtig ist, sondern weil Rollenspiele oft Tabellen benötigen, aber längst nicht alle Tabellen benötigen eine ganze Zeile und wenige Spalten auf jeweils eine Zeile auszustrecken ist Platzverschwendung. Den Text wiederum um schmale Tabellen herumzuführen ist zu verspielt und behindert den Lesefluss. Sollten wirklich breite Tabellen vorkommen, kann man einfach einzelne oder halbe Seiten einfügen, die einspaltig sind.

Der Stil sollte aus einem Guss sein!
Wenn es nicht gerade zum Konzept passt einen völlig chaotischen Eindruck zu hinterlassen, dann sollten Farbgebung und Artwork und Layout aus einem Guss sein. Es ist sicher reizvoll sich Erlaubnisse unterschiedlicher Zeichner einzuholen, weil einem deren phantastische Bilder gut gefallen. Nur, wenn man sie zusammenfügt, herrscht nicht nur Geschmacksverwirrung, der Leser bekommt auch kein Gefühl mehr für den Spielstil. Gerade manche Earthdawn Bücher hinterlassen da einen katastrophalen Eindruck, von Jeff Laubenstein (top!) bis hin zu grausigen, No-Name Magazeichnern. Auch in DSA halten die Diskussionen an, ob Aventurien nun Yüce oder... irgendjemand anderes, unbekannteres sein soll (psst, die Antwort ist Yüce!).
Ja genau, Bilder sind nicht allein Selbstzweck, sondern sollten den Inhalt und die Stimmung des Rollenspieles unterstützen und transportieren. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Aus dem Grunde, obwohl ich wirklich nicht besonders gut zeichnen kann, mache ich die Bilder für mein RPG alle selbst, wobei mir die Zeit fehlt, um ausreichend viele zu produzieren. Ich würde es auch jemand anderem, talentierteren überlassen aber das führt uns zum vorletzten Punkt.

Du schaffst es nicht alleine!
Mal außen vorgelassen, dass man ein Rollenspiel sowieso nicht alleine spielen kann; es gibt Dinge, bei denen man auf Mithilfe angwiesen ist. Fehlerlesen ist so ein Aspekt, gerade, wenn man nicht geübt ist längere Werke zu verfassen (wie wohl die meisten von uns), ist es unmöglich, alle Fehler selbst zu finden. Ein anderer Aspekt ist Testspielen und Gegenlesen. So gut man sich auch in andere Spieler versetzen können mag, alle Punkte kann man nicht beachten und viele offensichtliche Fragen tauchen bereits nach wenigen Minuten Testspielbetrieb auf, die man nach Wochen im Blindflug gar nicht mehr beachtet hatte. Zuletzt ist da natürlich der Rückhalt und die Unterstützung (wenn man das Glück hat) der Mitspieler. Doch man sollte nicht erwarten, dass einem jemand anderes die Arbeit abnimmt. Die Maxime ist weitermachen, immer weitermachen, früher oder später wird das Umfeld darauf aufmerksam und spätestens wenn der Punkt überschritten ist, an dem andere Personen den Eindruck haben, selber nichts mehr tun zu müssen, werden sie bereit sein, einen Blick darauf zu werfen.
Aus dem Grund würde ich ein RPG erst präsentieren, wenn es schon wirklich viel zu sehen gibt. Was wiederum zum letzten Punkt führt.

Sei flexibel, selbstkritisch und wirf alles über den Haufen! Dann fange neu an!
Man kann viel Material vorlegen, das heisst aber nicht, das ein Großteil des Materials den Kontakt übersteht. Natürlich ist nicht jedes selbstgemachte Rollenspiel für die ganze Rollenspielzunft gedacht und ein wenig würde das auch der Natur eines selbstgeschriebenen RPGs widersprechen, aber schlussendlich möchte man es ja mit anderen spielen.
Man muss sich klar sein über die Ziele, die man verfolgt, aber beim Weg dorthin, da muss man flexibel sein. Zeigt sich, daß ein Kampfsystem auch nach 10 Mal testen noch nicht funkioniert oder haben die Mitspieler den Probenmechanismus auch nach dem 20. Mal nicht begriffen, dann ist es an der Zeit, es anders zu versuchen. Das heisst nicht, daß man seine Prinzipien über den Haufen werfen muss, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass man einen kapitalen Fehler gemacht hat, den es zu finden gilt.
Dasselbe gilt für die Reaktion auf Kritik. Kritik ist das Wichtigste am ganzen Projekt und sollte immer berücksichtigt werden, aber denke daran, dass du derjenige bist, der sich am besten mit deinem eigenen Rollenspiel auskennt. Eine Kritik wie "das ist zu komplex" ist wenig wert, wenn das Spiel komplex sein soll. Stelle sicher, daß jeder Kritiker die Intentionen und Konzepte hinter den Regeln versteht. Das ist deine Verantwortung. Erst dann ist es möglich, die Regeln zu kritisieren, von groben Schnitzern einmal abgesehen.


Sicher kann ich einige Punkte davon nicht erfüllen. Layout habe ich weder gelernt, noch macht es mir Spass. Ich schreibe hin und wieder Nebensätze ohne Mehrwert. Und zur Zeit macht mir Lektorat mehr Sorgen als Regelfragen. Aber mehr als sein Bestes geben kann man nicht und so lange man selbst mit dem Rollenspiel zufrieden ist hat man das Wichtigste Ziel so eines Projektes bereits erreicht.

Mittwoch, 8. Februar 2012

RSP-Karneval: Mein Konzept für ein Selbstgeschriebenes RPG

Dieser Monat steht im RSP-Blogs-Karneval im Zeichen des selbstgeschriebenen Rollenspieles. Ich möchte zu allererst etwas über das Konzept des Echelonregelwerkes schreiben, das ich zuletzt in der Vorschau zum selbstgemachten Rollenspiel Schildwacht erwähnt habe. Ich finde es wichtig, die Ideen eines Rollenspieles zu beschreiben, bevor man genauer auf Regeln eingeht (die auch meist gar nicht so wichtig sind wie die eigentliche Intention dahinter).


- Ein klassisches Rollenspiel über Freiheit und Exploration

Das Echelonsystem entstand nach langjährigem Testen vieler aufwändiger Rollenspiele, darunter DSA3+4, Shadowrun3, Midgard4, Runequest1, GURPS3+4, Earthdawn1+2, D&D3.5 u.A. und nach Enttäuschungen von diesen. D&D3.5 zuletzt hat unserer Runde das wertvolle Gut klarer Regelungen und konzipierter Spielstile verständlich gemacht, mit denen keines der vorhergenannten aufwarten konnte. Doch D&D3.5 erlaubte mit seinem immensen Machtanstieg für Charaktere, Magielastigkeit und nicht nachvollziehbarer Abstraktheit oder "Brettspielhaftigkeit" (Trefferpunkte, Feats) kein wirklich freies Spiel. Frei bedeutet für mich im Rollenspiel, daß jeder Spielcharakter die Dinge tun kann, die seine Umwelt erlauben mit den sich daraus ergebenden und spürbaren Regelauswirkungen. Frei heisst für mich, daß sich die Spielregeln nach den Spielfiguren richten.
Da sich Bemühungen zur Weiterentwicklung solch freier Rollenspiele nirgendwo abzeichneten (D&D4 machte sogar Rückschritte) - meinem Empfinden nach ist dieser Rollenspielzweig geradezu TOT - mussten also eigene Lösungen her. "Das Einzige" was nun zu tun war, war im Grunde all die Dinge, die ich an bestehenden klassischen Rollenspielen schätze nehmen, zu kombinieren und in strapazierfähige, konsistente Regeln zu verpacken. Vom Konzept her, nicht von den Regeln her, ein AD&DSA4.5 sozusagen.

Doch was hat denn diese freien Rollenspiele überhaupt ausgemacht?
Echelon greift wieder die Entdeckerlust und Reisefreude auf und die Konsequenzen einzelner Charakterhandlungen und Entscheidungen, nicht ganzer Konflikte. Um dies zu erreichen geschieht dies konkret aus der zeitnahen und hautnahen Perspektive des Spielercharakters. Der Spieler erlebt bedeutende Ereignisse seines Charakters mit und entscheidet nicht für ihn aus einer übergeordneten Position. In wichtigen Situationen muss er dieselben Entscheidungen treffen wie sein Charakter auch und das macht den Reiz klassischen Rollenspieles aus: Welchen Schwerthieb führe ich als nächstes? Wo und wie finde ich in der Wildnis genügend Nahrung für die nächsten Tage? Welche meiner wertvollen Zutaten verbrauche ich für dieses Alchemierezept? Schaffen wir es, den eingestürzten Tunnel freizuräumen oder wird uns die Erschöpfung übermannen (Jo, wir schaffen das!)?
Selbst der Spielleiter kennt nicht die Antworten auf diese Fragen. Dadurch, daß jede wichtige Charakterhandlung konkrete Auswirkungen hat, werden auch alle Nicht-Kampfaktivitäten wieder interessant, da sich Spieler nun auf ihre Entscheidungen verlassen können und wissen und spüren, welche bedeutende Rolle sie in der Spielrunde einnehmen.

Echelon rückt den Spass an der Beobachtung konkreter Auswirkungen eigener Entscheidungen durch die Regelabwicklung in den Vordergrund. Der Spielleiter kann die Spielwelt nicht nur durch seine Beschreibungen, sondern auch konkret durch die Regeln darstellen. Der Spass an der Funktionalität von Spielregeln spielt also auch eine Rolle. Dies ist nicht mit so viel Regelaufwand verbunden, wie man des Öfteren vorgesetzt bekommt. Man benötigt nicht 350 DinA4 Seiten, um dies alles unterzubringen. Echelon streicht viele Willkürlichkeiten durch eine offene, einheitliche, universelle Wertetabelle, aus der buchstäblich alles abgeleitet und damit nachvollziehbar wird und kommt mit ca. 60 DinA4 Seiten an Regeltext aus. Zudem fallen viele Erläuterungen und Erklärungen einfach weg, weil die Spielregeln für sich sprechen.
Damit einher geht ein klein wenig Organisationsaufwand im Spiel, wie das Nachhalten von Kalendern, Lebenspunkten, Traglast etc.pp. die heute oft unpopulär sind, einem das Leben des Spielercharakters aber nahebringen. Wenn man nun in die Annahme verfällt, daß dies zu lanweiligen Abhandlungen führt, der liegt falsch, denn natürlich können Banalitäten übersprungen werden. Das Nachhalten von Tagesrationen ergibt z.B. keinen Sinn, wenn man sich inmitten der Zivilisation befindet und dies ist ein weiterer wichtiger Punkt, klassischen Spieles:
Es stellt die Freiheit des Spielers vor das Regelwerk. Echelon sagt nicht "Das System funktioniert nur als geschlossenes Spiel" oder "Du kannst das nicht tun, weil dir Option X fehlt", sondern es liefert Antworten auf Fragen, die sich aus den Charakterhandlungen ergeben. Die Regeln passen sich der Runde an, nicht andersherum. Wer niemals in einem Abenteuer klettern muss oder nicht will, der lässt die dazugehörigen Regeln eben weg oder stutzt sie, wer niemals Seereisen spielt, der benötigt keine Daten über Schiffe usw.
Jede Spielrunde kann sich ihre Schwerpunkte an Spielinhalten zusammenklauben und besser, jederzeit neu ausrichten. Das alle Mitspieler dann noch gleichberechtigt zu ihrem Spielanteil kommen, liegt ab da an aber in der Hand der Runde. Echelon selbst bietet dafür nicht eine konzeptlose Ansammlung von Handlungen für alles an, wie selbsternannte "Universalrollenspiele" tönen. Kein Rollenspiel kann das! Echelon ist je nach Spielwelt auf eine Vielzahl meiner Erfahrung nach häufig auftretender Fragestellungen vorbereitet und legt Schwerpunkte. In Fantasywelten, wie in der Version Schildwacht z.B. unter anderem auf das Schmieden oder Alchemie und nicht auf Ackerbau, im Weltraum auf Hacking und Raumschiffkämpfe und nicht auf Fließbandarbeit. Doch da meine Erfahrung selbstredend auch nicht alle Spielgeschmäcker berücksichtigen kann, ist es schlussendlich eine Geschmacksfrage, sich auf die Schwerpunkte einzulassen oder sie auch nach belieben zu ergänzen.

Organisation und Individualisierung, wichtige Schwerpunkte, das ist keine Entwicklerfaulheit, das ist eine Notwendigkeit für jede Spielrunde. Das ist die Eigenverantwortung für eine funktionierende Kampagne.
Zum klassischen Rollenspiel – eigentlich zu jedem Rollenspiel - gehört das Einleben und sich einrichten in die Kampagne. Echelon ist nicht auf schnelle One-Shot Erfolge sondern langfristiges Spiel und Investition ausgerichtet. Ein klassisches Rollenspiel funktioniert nicht ab Tag1 reibungslos (welches RPG tut das schon?). Man wächst in das Spiel hinein, wer sich für ein klassisches Rollenspiel entscheidet, der möchte meist auch längere Zeit dabei bleiben. Mit wachsender Gewöhnung rücken Spielregeln so immer mehr in den Hintergrund, verlieren aber nicht an Bedeutung.
Jede Spielrunde schafft sich ihr eigenes Spiel und die Echelonregeln bieten dafür einen Strauß an freiwilligen, robusten Spieloptionen, die in vieler Weise frei kombinierbar sind, ohne das Spiel zu zerstören.

Einen Thread für diesen und alle Februarbeiträge des RSP-Blogs Karnevals gibt es hier:
http://forum.rsp-blogs.de/rsp-karneval/selbstgeschriebene-rollenspiele-(februar-2012)/msg6131/#msg6131

Donnerstag, 2. Februar 2012

RSP-Blogs Karneval [Feb2012] - Selbstgeschriebene Rollenspiele

Dem ein oder anderen mag zu Ohren und Augen gekommen sein, das RSP-Blogs seit Dezember 2011 Rollenspielkarnevale verstanstaltet. Was dies genau ist, könnt ihr hier erfahren:
In kurz sind das Monate, die unter einem bestimmten Thema stehen, zu denen man sich äussern und beteiligen kann. Das Bündeln vieler Blogs und Autoren soll dabei auch zu eigenen Gedanken, Kreativität, und hoffentlich, zum Erkenntnisgewinn beitragen. Die Beiträge vergangener Monatsthemen findet ihr hier
http://forum.rsp-blogs.de/rsp-karneval/

Für den Februar behandeln wir das Thema "Selbstgeschriebene Rollenspiele", den ich in jugendlichem Leichtsinn vorschlug und organisiere. Hier und im dazugehörigen Thread im RSP-Blogs-Forum also die Themenvorstellung und erste Anreize zum Thema.
http://forum.rsp-blogs.de/rsp-karneval/selbstgeschriebene-rollenspiele-(februar-2012)/

Am Ende des Monats folgt hier und im Forum dann die Zusammenfassung und Verlinkung aller Beiträge. Möchte jemand einen Beitrag schreiben, hat aber keinen Blog, kann ich diesen Blog für Gastautoren mit themennahen Beiträgen bereitstellen. Einfach im Kommentarbereich melden.


"Selbstgeschriebene Rollenspiele"

Die einen hassen sie, die anderen lieben sie, insbesondere diejenigen, die sie schreiben.
Woran sich noch vor 10 Jahren beinahe jeder Rollenspieler versuchte, der meinte, etwas auf sich zu halten, ist heute eine Seltenheit oder wird belächelt. Selbstgeschriebene Rollenspiele sind solche, die ohne kommerziellen Hintergedanken aber dafür mit umso mehr Leidenschaft mit semiprofessionellen Mitteln alleine oder in der heimischen Runde erschaffen werden und sich häufig an bestehenden Rollenspielen orientieren. Aus sich heraus sind sie vollständig spielbar und seien es nur spielweltlose Systeme mit umfangreicher Bedienungsanleitung, "generische" Systeme genannt. Nur in seltenen Fällen werden sie in eine allgemeinverständliche Form gebracht und fristen ihr Dasein als Zettelsammlung in der Schublade eines Spielleiterschreibtisches. An vielen wird über Jahre, gar Jahrzehnte geschraubt und viele spielen nicht mehr als ein halbes Dutzend Personen, bevor sie in Vergessenheit geraten.
Sie sind ein Spiegel der Rollenspieltrends ihrer Zeit und geben Zeugnis über Erfahrungs- und Erkenntnishorizont der Entwickler, sowie deren Wünsche und Motivationen. Und in manchen Fällen schaffen sie diesen innovativen, kreativen Funken, der das Hobby mit neuem Schub in neue Fahrwasser führen kann.
Ein Hobby nur aus kaufenden Rollenspielern und ohne schreibende Rollenspieler ist ein armes Hobby. Oder ist es besser, sie los zu sein?

Auf welche Weise kann man an das Thema herangehen? Ein paar Beispiele:

- Eine Vorstellung des eigenen, selbstgeschriebenen Rollenspieles [s.RPGs], Gedanken dazu und Ziele dessen
- Was muss man bei einer Spielwelt zu einem Rollenspiel beachten? Und was ist bei generischen Rollenspielen wichtig?
- Wie verbreitet sind s.RPGs heute noch im Vergleich zu vergangenen Jahren? Welche Gründe haben etwaige Veränderungen? Welche Bedeutung hatten s.RPGs früher und haben sie heute?
- Welche Vorteile für die eigene Runde haben s.RPGs und welche Nachteile? Wann ergibt es Sinn eines zu schreiben und wann soll man es bleiben lassen?
- Gibt es Best-Practices in Rollenspielen und welche? Soll man etwas völlig Neues machen oder ist es legitim sich an Vorbildern zu orientieren?
- Welche Motivationen gibt es, ein Rollenspiel selbst zu schreiben? Was sind in diesem Zusammenhang sogenannte Heartbreaker?
- Wie stehen s.RPGs gegenüber kaufbaren Verlagsprodukten dar?
- Welche Verbreitungsmöglichkeiten gibt es für s.RPGs? Welche Software kann man verwenden oder muss man beherrschen?
- Kann jeder ein Rollenspiel selber scheiben? Was muss man vorher wissen? Wie schreibt man den nun ein spielbares, eigenes Rollenspiel?
- Spielberichte und Rezensionen von s.RPGs
- Anekdoten oder Entwicklungstagebücher über und von s.RPGs