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Sonntag, 29. Januar 2012

D&D Design Theory - Ein Besuch in der Suppenküche

Ist ja ulkig. Rollenspielkategorisierung und graphische Darstellungen derselben sind ja doch noch nicht gänzlich ausgestorben. Mehr durch Zufall bin ich erst vor ein paar Tagen über den Wizards of the Coast Legends&Lore Artikel von D&D gestolpert, der sich eben genau daran versucht.

http://www.wizards.com/dnd/Article.aspx?x=dnd/4ll/20110614
(Wizard of the Coast, Mike Mearls)

Wie es das Forge Forum damals mit seinem GNS schon versuchte, wird meist versucht, Rollenspiele in grobe Konzepte und Schubladen einzuteilen, die mal gegensätzlich sind und/oder in bestimmten Mischungsverhältnissen vorkommen können.

Mearls benutzt hier
Immersion <-> Abstraction und
Story <-> Tactics

Unter Tactics versteht er hierbei effektives Regelspiel (Minmaxing von Werten zum Beispiel)
Als Antipode sieht er hierzu Story. Dies ist für ihn ein Konglomerat aus strategischer Planung (hört, hört!), Verwaltung von Ressourcen, aber auch das Rollen- und Ausspielen, sowie Charakter- und Spielweltentwicklung an sich. Das Planung und Verwaltung in diesem Sinne mit "Plot" Zusammengeworfen wird, finde ich interessant. Ich denke, das unterstreicht nochmal die Bedeutung dieser Elemente in D&D Abenteuern.

Völlig unbeinflusst davon sieht er Immersion und Abstraction. Unter Ersterem versteht er das, was man spielweltnahe Regeln bezeichnen könnte. Regeln, die direkt Spielweltauswirkungen darstellen, aber eben auch die erste Person Singular beim Ausspielen für den Spielcharakter, was so gar nichts mit Regeln zu tun hat. Unter letzterem hingegen sieht er die Unschärfe von Regelmechanismen, die mehr den Spielverlauf, als das tatsächliche Spielweltgeschehen kontrollieren (Action Points) oder das regellose "Anmalen" von Mechanismen wie z.B. Schablonen für Monster, die in Beschreibungen für unterschiedliche Geschöpfe herhalten.

Vergleiche ich das mit dem Mischungsdreieck, das ich aufgezogen habe, so sehe ich durchaus Parallelen.
Teile des Spielweltrealismus kann ich bei Immersion finden
Teile des Spielverlaufes kann ich bei Abstraction und Story finden und
Teile der Spielbarkeit sehe ich ebenso in Abstraction

Im Grunde kann man darin auch Verwandschaften zu GNS sehen, ohne nun großartig ins Detail zu gehen. Das zeigt schonmal, das die vielen Herangehensweisen häufig gar nicht so weit auseinander liegen, weil immer wieder ähnliche Begrifflichkeiten auftauchen.
Doch wo ich ausschließlich Regeln und deren Umsetzung, Ziele und Auswirkungen betrachte und Aspekte, die sich gegenseitig ausschließen, benutze, würfelt Mearls hier Regeln und Spielverhalten zusammen und rührt einmal gut durch.
Die horizontale (Story-tactics) seines Diagramms beschreibt im Endeffekt das Gewicht und den Einfluss der Spielregeln und die Vertikale (immersion-abstraction) deren Umsetzung. Das klingt erst einmal nachvollziehbar. Nur, seine Vertikale unterscheidet nicht zwischen - und bleiben wir beim neudeutsch - "Rules" und "Roleplay". Man kann darauf nicht einfach das Verhältnis dieser beiden zueinander anwenden, weil sie in Bezug auf "Umsetzung" in keinerlei Zusammenhang zueinander stehen.
Mit anderen Worten:
Mearls Immersion sagt nicht aus, wie ich mit "Rules" und Roleplay" im Einzelnen umgehe. Es ist durchaus möglich, daß ich als Rollenspieler ganz immersive Regeln bevorzuge, das regellose "Roleplay", wie zum Beispiel das Ausspielen, aber ganz abstrakt behandele (das gegenüberliegende Extrem) und kein bisschen immersiv. Die Umsetzung steht in keinem Zusammenhang zueinander.
Wir müssen laut Vertikale annehmen, daß wir mit beiden Elementen immer gleich umgehen. Wenn ich laut Mearls also immersive Regeln bevorzuge, dann spiele ich beim Roleplay auch automatisch aus der Ich Perspektive. So funktioniert das m.E. nicht, das wäre, als würde die Zweite Achse sagen, Immersion: Und ausserdem mag ich lieber blau und Erdbeereis als gelb und Schokolade (abstraction).
Mit einem einfachen Balkendiagramm für unabhängige Variablen oder einem 3 dimensionalem Koordinatensystem wäre er wohl besser gefahren

Story -X <-> Tactics +X
immersive rules -Y <-> abstract rules +Y
immerive roleplay -Z <-> abstract roleplay +Z

Und diese Menschen werden nun auf D&D5 losgelassen. Mir grauts. Ich will hier nicht gehässig sein, aber manchmal denke ich mir: "what were they thinkin'?"

Da möchten wir sie lieber gar nicht erst richtig verwirren:
Jetzt darfst du, Emo-Science-Kid
http://www.youtube.com/watch?v=fcbpfOR0BDA&feature=player_embedded


Seht ihr das weniger eng?
Hier ist ein Ort für Diskussionen

Dienstag, 5. Oktober 2010

Essentials: Opium fürs D&D Volk?

Wer mehr als einen D&D4 Beitrag von mir gelesen hat, wird wissen, daß mich mit D&D4 eine Hassliebe verbindet. Dabei gehöre ich nicht zu den Spielern, die den alten D&D3.x Tagen hinterhertrauern, sondern die sich echte Verbesserungen an D&D4 Wünschen, die aus dem abstrakten Metaspiel mit ihren "Cool Powerz - Storybauklötzen" wieder ein Rollenspiel machen, mit dem man sich mit seinem Charakter in eine Spielwelt hineinversetzen kann.

Große Erwartungen an die D&D4-Essentials Einsteigerboxen, die nun schon vor einem Weilchen erschienen sind, habe ich trotzdem nicht gesetzt. Zu durchschaubar waren die Versprechungen, mit denen man die alte Garde, hauptsächlich D&D3.5 Spieler, zum Schweigen bringen wollte. Man hat sich der Stagnation und Resignation verschrieben, anstatt seinen innovativen Ansatz weiter zu entwickeln. Wie nicht selten, sind die Kunden die Handbremse der Weiterentwicklung.

Zu den D&D Essentials gehört auch der Materialband Heroes of the Fallen Lands , der neue "Builds" für die vier Grundklassen (Kämpfer, Schurke, Magier, Kleriker) enthält.

The Clone hat in seinem Blog kurz reingeschaut und Wizards of the Coast scheinen zum Teil wieder Elemente aus dem vorherigen D&D einbauen zu wollen.
http://www.herzliches-rollenspiel.de/blog/?p=1997

So nehme ich ihn beim Wort, wenn er zu dem "Build" des Magiers schreibt:

Doch der Wizard-Build “Mage” geht mit 53 Seiten klar als Sieger hervor. Dadurch, dass er sich jeden Morgen nach seiner extended rest neue Encounter und Daily Powers für den Tag aus der gesamten Liste der für seine Stufe verfügbaren Powers aussuchen kann, muss man auch einen großen Teil dieser Seiten kennen. Also etwas für echte Tüftler.

Was das mit altem OD&D, D&D3.95, oder wie auch immer man es nennen mag, zu tun haben soll ist mir aber ein Rätsel, denn die "alte" D&D4 Vorhergesehensweise (2 Spellpowers pro Stufenaufstieg wählen, daraus Zauber vorbereiten) ist selbstverständlich das ganz normale D&D 3.5 .
Warum also nun die Änderung? Ich denke man knickt vor den schreienden Ewiggestrigen ein, insbesondere Magierspielern, die blind vorm Toben die "normalen" D&D Elemente in D&D4 nicht mehr erkennen können. Das kann man auch aus dem Interview mit Mike Mearls im Escapist Magazine herauslesen.

Jetzt gibt man den unflexiblen Altspielern also irgendwelche Änderungen "der Änderungen wegen" und die müssen dann natürlich gut sein, weil es ja von D&D4 fortgeht (auch wenn es sich dadurch noch weiter von "Ol'D&D" entfernt). Es könnte natürlich auch anders sein: Wizards of the Coast entwickelt ihr D&D4 konsequent noch weiter fort von D&D, und die zurückgelassenen Fans jubeln dennoch und kommen zum Teil zurück in seine Arme (ich habe bislang keine wirklich schlechten Kritiken zu den Essentials gelesen). Das kann man dann wohl getrost als Geniestreich bezeichnen.

Die wirklichen dicken Klöpse und kritikwürdigen Elemente aber, die ein normales Spielen aus der Charakterperspektive so gut wie unmöglich machen (z.b. die ganzen mundanen Martial Powers) lässt man aber so, wie sie sind. Denn diese Elemente der Regeln umzudesignen wäre WIRKLICH Arbeit.

Und die möchte sich natürlich niemand machen. Warum auch, wenn man die verlorene Spielerschaft so leicht ablenken kann, wie mit einer rot angemalten Schachtel?

Was ist aber mit denen, die immer treu geblieben sind? Die D&D nicht wegen ein paar Design umwürfen hingeschmissen haben und nun unverschämte Forderungen und Erpressungen wegen alter Tage stellen ("Machts so wie früher, oder wir sind weg"). Die ihr neues Spiel, daß sie seit D&D4 Auflage1 trotz der Schwächen unterstützt haben, und es jetzt auch fairerweise konsequent weiterentwickelt sehen und verbessert sehen wollen? (Die Regelupdates zählen dabei nicht, das ist nichts anderes als Fehlerbehebung.)
Was wir mit den Essentials haben, ist dasselbe wie vorher, nur anders. Kein Vorrankommen. Und mit etwas leiseren 3.5 Spielern, die D&D4 sowieso nicht spielen wollen. Das Klassenziel scheint also erreicht, möchte man meinen.

Man hadert immer noch damit, wie man die verloren gegangenen Fans mit möglichst wenig Aufwand ruhig stellen kann und lässt alle Spieler dabei im Regen stehen und das bringt D&D4 als Ganzes natürlich gar nicht weiter.

Montag, 6. September 2010

D&D4 Power Debatte - Der Merowinger hats doch schon erklärt



In unseren Spielrunden ist das Thema D&D4 Powers und Dramatik orientierte Regeln, genaugenommen die “Limitierung der Anwendung der Powers”, was mir aber zu lang zum Schreiben ist, ein aktuelles und immer wieder auftretendes Thema. Im Internet finde ich dazu jedoch wenig brauchbare Ausführungen. [Ich verwende den englischen Begriff Power, da die englische Ausgabe von D&D am weitesten verbreitet ist]
In konstantem Rauschen diskutieren Rollenspieler online zwar über die Auswirkungen des Powerkonzeptes von D&D 4 auf das Rollenspiel. Und selbstredend sind all die Teilnehmer dabei durch und durch tolerant und wollen natürlich nur das Beste füreinander. Jedoch fallen dabei lediglich Begriffe wie “Erzählregeln”, “Genrekonvention”, “echtes Rollenspiel”, sowie “Stimmungsspiel”, “Konsistenz”, “Glaubwürdigkeit” und natürlich “Realismus”. Neben treffsicherer Vermeidung brauchbarer Konzepte glänzen die Diskussionen vor allem, bis auf wenige Ausnahmen, durch ein großes Maß an Unverständnis und Mißverständnis für den Gegenstand der Diskussion. Die Symptome werden dabei in die erwähnten, farbenfrohen Begriffe gekleidet, anstatt an den Kern des Problems zu gelangen.
Kurzum, eine nachvollziehbare Auseinandersetzung findet man im Internet zu diesem Thema leider nicht so leicht. Grund genug diese Diskussionen einmal etwas aufzudröseln.

Mit ungeahnter Gelassenheit verfolge ich mal wieder so eine Diskussion über die D&D4 Powers im Tanelorn und bin froh, dort meine Nerven nicht an verschenkten Erläuterungen aufreiben zu können. In nächster Zeit werden zudem daraus zahlreiche weitere ergebnislose Ableger zum Thema “Realismus” entstehen. Garantiert.
Aber das Wort, wonach sie so verzweifelt suchen, meine Herrschaften, ist Kausalität. Eigentlich sollte uns Nerds das alles geläufig sein:
You see, there ist only one constant, one universal. It ist the only real truth.
Causality.
- the Merowinger in The Matrix
Eigentlich wäre damit alles gesagt und die Erläuterung der Power-Problematik damit beendet aber ich vermute, daß dies nicht ausreicht. Was wollte uns Herr Merowinger denn damals damit mitteilen, als viele sich an der unlogischen Phrase von Morpheus orientierten, die in nur einem kurzen Satz nichts als Unverständnis ausdrückte? Nichts anderes, als daß es in unserem Universum kein Ereignis ohne eine Ursache gibt. Das eine Ursache die Folgen bestimmt. Das ist die Art, in der Menschen denken. Ein Umkehren führt zum Verlust der realweltlichen Bezüge.
Ein Hauptargument zur Begründung der D&D4 Powers ist aber nun, das diese ohne Kausalität auskämen, weil sie Teil bestimmter Genrekonvention mit nicht geringen Anteilen von Dramatik, Spannung, Action und “großen Momenten” seien. In diesen Genres hat der Held eben nur noch eine Patrone im Revolver, wenn es den dramatischsten Effekt erzeugt und nicht als Folge von Ereignissen. Dies sei Äquivalent zu den Genres, die das D&D4 System abbilde, wie sie in Buch und Film auftreten.
Das ist leider Falsch!
Die letzte Patrone dient zwar der Dramatik, aber sie entsteht nicht aus sich selbst heraus. Die Kausalität wird rückwirkend konstruiert. Selbst im Actiongenre im Kino oder in der Literatur gibt es die Kausalität. Gäbe es sie nicht, würden die Autoren ein Großteil des Publikums verlieren, die dann bitterböse Verrisse im Internet schreiben, weil die fiktiven Ereignisse jeglichen Zusammenhang verlieren und nicht mehr in Beziehung zueinander gestellt werden können. Das Filme und Bücher aber trotz konstruierter Dramatik glaubwürdig sind, liegt daran, daß man nicht jedes Ereignis in der Geschichte miterleben kann:
Wenn Bruce Willis in “Das fünfte Element” im Finale seine Streichholzschachtel zückt, dann ist da natürlich nur eines drin. Und das ist natürlich so, damit es Spannung erzeugt. Das wir uns aber trotzdem auf die Szene einlassen und unsere Vorstellung dieser Filmwelt nicht ausklinken, liegt daran, daß wir annehmen können, daß er die letzten 19 Stück irgendwann verbraucht haben muss, ohne, daß es im Film thematisiert wird. Das ist auch gar nicht nötig, da wir Rückschlüsse ziehen können. Und so ist es von Autoren auch beabsichtigt.
Diese Kausalität ist es also nun, die für die “Powerkritiker” im Vordergrund steht. Und aus diesem Anspruch wird geschlossen, sie seien nicht interessiert an der Abbildung eines Genres, sie würden sich gar selbst widersprechen, wenn sie stattdessen Magie oder unrealistische Regeln zuliessen, was, wie wir aber nun wissen, in keinem Zusammenhang zueinander steht. Selbstverständlich ist es auch D&D4 Kritikern möglich an dramatischen Genres Spass zu haben oder ihre Charaktere Feuerbälle werfen zu lassen, so lange sie die Kausalität wahren. Dazu müssen die Regeln nicht mal besonders detailliert die Spielweltgesetze widergeben.
Kausalität kann im Rollenspiel, im Gegensatz zum Film und Buch, aber rückwirkend nicht mehr entstehen, weil man ja jede Szene seines eigenen Spielcharakters bereits miterlebt hat. Das heisst, wenn ein Charakter nur noch ein Streichholz zur Verfügung hat, dann kann man das nur dann mit Verbrauch selbiger begründen, wenn es im Spiel zuvor auch wirklich passiert ist.
Und aus diesem Grund können die D&D Powers als Spielweltdarstellung aus Sicht des Charakters nicht funktionieren, denn die Begründung des Einsatzes einer Power entsteht immer erst nachdem der Effekt eingetreten ist. Verbraucht ein Kämpfer sein tägliches Kampfmanöver, so kann dies damit begründet werden, daß sich z.b. eine Lücke in der Verteidigung des Gegners ergeben hat. Diese gesteuerte Zufälligkeit ist die Begründung für die begrenzte Anzahl der Poweranwendung. Über die Ursache hat der Charakter in der Welt aber keine Kontrolle, er kann nur den Effekt erzeugen, die Kausalkette ist unterbrochen und eine Visualisierung ist nur durch rückwirkende Änderung der erspielten Ereignisse möglich. Unwillkürlich tut dies jeder häufig, der eine Begründung für die Anwendung einer limitiertern Power in der Vorstellung visualisieren möchte.
Gleichzeitig weiss der Spieler des Charakters aber, daß sich die Gelegenheit für ein weiteres tägliches Kampfmanöver innerhalb der Geschichte nicht mehr ergeben wird, da die Power ja bereits verbraucht wurde, obwohl sich so eine Situation unzweifelhaft aus dem Spiel ergeben könnte. Um die Kausalität zu wahren benötigt er Omnipotenz über die Ereignisse.
„why is the real source of powers“
- The Merowinger
Der Spieler besitzt über die Powers also die Macht des "Warums" eines Ereignisses und kontrolliert damit die Wahl des Charakters. Wenn der Charakter ein limitiertes Kampfmanöver einsetzt, dann ist das Warum bereits vom Spieler entschieden worden und das sogar, obwohl sich aus dem Spielverlauf des Abends eventuell bereits etwas gegenteiliges ergeben hatte. Das versetzt ihn in eine Position, die üblicherweise bei vielen Rollenspielern der Spielleiter inne hat. Er beginnt die sich entfaltende Geschichte zu kontrollieren. Ein kompletter Gegensatz zum entmacheteten Spieler, der auf die Perspektive seines Charakters beschränkt ist.
Dies ist beim Zaubern von ganz und gar unrealistischer Magie z.B. nicht der Fall. Der Zauber ist verbraucht, weil er erneut memoriert werden muss. Diese Memorierung hat aber auch tatsächlich im Spiel stattgefunden und kann vom Charakter beliebig oft wiederholt werden, basiert also nicht auf kontrollierter Zufälligkeit. Beides ist aus der Perspektive des Charakters schlüssig, obwohl ebenso unrealistisch, da es keine Magie gibt.
Ironischerweise spielt D&D schon seit Anbeginn mit dem Bruch der Kausalität aus Charaktersicht, von dem die Powers im Vergleich eine eher harmlose Auswirkung haben. In D&D 3.5 gab es bereits die Power ähnliche, limitierte Berserkerwut für den Barbaren und die pure Existenz der Trefferpunkte ist ein Leugnen der Kausalität. Nehmen wir an, ein Charakter wird von einem Gegner mit dem Schwert getroffen und verliert Trefferpunkte.
Wie ist dieser Verlust nun begründet? Dazu zwei Beispiele:
  1. Nehmen wir an, ein Barde muntert den Krieger wieder auf und gibt ihm Trefferpunkte zurück, dann war der Verlust des Treffers offensichtlich nur durch Moral oder ähnliches begründet.
  2. Nehmen wir nun an ein Heiler gibt dem Krieger durch eine Bandage Trefferpunkte zurück, dann war der Treffer offensichtlich durch eine Wunde begründet.
Diese Entscheidung können wir aber erst fällen, wenn wir wissen welche Ursache es hatte. Und diese Ursache wird uns erst später gegeben, nämlich im Moment der Heilung. Ein Kausalbruch!
Warum den Powers Kritikern der Kausalbruch aber erst in der 4. D&D Edition so unangenehm aufgefallen ist, ist dessen Präsenz. Konnte man diese Brüche aus Charaktersicht zuvor noch als seltene Mängel zähneknirschend ignorieren, begegnen sie einem nun durchgehend im Spiel.
Es gibt eine ganze Reihe von Rollenspielen, die Dramatik dadurch erzeugen, daß sie einen Kausalbruch erzeugen. Die Rechtfertigung mit einer Genrevorlage aus Film oder Buch ist aus oben genannten Gründen aber nicht gültig, denn Rollenspiel funktioniert anders. Im Buch und Film wird ein fertiges Produkt konsumiert, während es im Rollenspiel erst im Begriff ist zu entstehen. Man hat lediglich die Möglichkeit den Kausalbruch hinzunehmen (und sich an der erzeugten Dramatik zu erfreuen) oder die erspielten Geschehnisse rückwirkend ungeschehen zu machen.
Wir haben nun gelernt, daß es im Rollenspiel nicht so einfach ist, eine dramatische Szene künstlich zu erzwingen und gleichzeitig Kausalität zu haben, ohne Erlebnisse des Charakters zu überspringen (tatsächlich ist es auch genau das, was Geschichten orientierte Rollenspiele tun). Und das bei bestehender Kausalität eine dramatische Szene nur durch Zufall entstehen kann oder wenn der Spieler die Rolle eines Spielleiters einnimmt und sich damit von der Perspektive seines Charakters löst, in dem er die gesamte Spielsituation kontrolliert.
Es gibt auch die Möglichkeit, daß auch der Charakter um diesen Umstand weiss, daß er sich also bewusst ist, daß er z.b. ein tägliches Kampfmanöver nur einmal am Tag durchführen kann und daß es für ihn nicht möglich ist eine weitere Gelegenheit zum Zuschlagen zu erfahren. Äquivalent weiss er, daß sich ein Schwerthieb erst dann manifestiert, nachdem geklärt wurde, auf welche Art er seine Trefferpunkte geheilt hat. Solche Szenarien kennt man z.B. aus dem WebComic Oder of the Stick, in dem sich die Charaktere bewusst sind, daß sie Figuren eines Comis sind. Ein weiteres Beispiel wäre die 4.Wand, durch die der Charakter im Theater direkt den Zuschauer im Saal addressiert. Dies sind Konzepte, die im Grenzbereich unserer Vorstellung als mögliche Welten liegen und werden in der Regel satirisch genommen und stellen im Rollenspiel meiner Erfahrung nach eher eine Randerscheinung dar. Das Rollenspiel Inspectres kennt z.b. einen Mechanismus, durch den sich die Spielfigur bewusst wird, daß sie Teil einer Geschichte ist.
Da es “den Charakter” natürlich nicht gibt, wird dieser vom Spieler entsprechend dargestellt. In allen Fällen, in denen Charakter- und Spielersicht voneinander abweichen, in denen man also die Perspektive zweier Individuen verarbeiten muss, fällt es naturgemäß schwer, sich in die Spielwelt einzudenken. Selbstverständlich kann diese Entkopplung vom Charakter oder die gestalterische Macht für den Spieler gewünscht sein und nicht zuletzt erzeugen diese Methoden ja auch verlässlichere, dramatische oder spannende Ergebnisse.

Eigentlich ist mein kleiner Ausflug der Klarstellung damit beendet aber noch ein paar Worte zum unverstandenen Thema “Realismus”:
Worum sich die D&D4 Diskussion unnötigerweise dreht, ist “Realismus”. Damit ist meistens gemeint, daß eine Regel die Naturgesetze einer Spielwelt möglichst genau abbilden soll, das also jemand platt gefahren wird, wenn er sich unter einen Zug wirft. Nun führen die Befürworter der Powers korrekterweise an, daß keine Regel wirklich “realistisch” sein kann und rechtfertigen damit die nicht kausalen Zusammenhänge der Powers. In anderen Worten bedeutet das also: Wenn man per Regeln nicht genau darstellen kann, wie jemand vom Zug überfahren wird (was richtig ist), dann spiele es auch keine Rolle, wenn man eine Power nur einmal am Tag anwenden könne, weil ja beides nicht “realistisch” sei. Es gehört jetzt nicht mehr viel dazu, um den Denkfehler darin zu sehen, denn die Kausalität ist beim Zug gegeben, bei einer Daily Power jedoch nicht.

Für mich ist diese Zusammenfassung nach unzähligen Versuchen dies mit Internetusern zu kommunizieren auch ein Abschluss mit diesem Thema. Ich kann die Verständnisschwierigkeiten untereinander weiterhin nicht nachvollziehen, möchte die Zusammenhänge aber nicht unzählige weitere Male wiederholen und tue mir selbst einen Gefallen einfach hierauf verweisen zu können.
Abschliessend möchte ich sagen, daß ich sowohl Spielweisen und Regeln, die mit, als auch ohne Autorenperspektive auskommen, für spielwürdig und richtiges Rollenspiel halte. Ich sehe die Vorteile von beiden und halte keines für überlegen, wenn ich es auch persönlich bevorzuge, auf limitierte Powers zu verzichten.

Donnerstag, 26. August 2010

D&D 4 Spielen - ja wie denn nun?

Kennt ihr diese Situationen, in der eine normale Unterhaltung unter kollektiver Einsicht abrupt in eine Sekunden währende, ratlose Stille übergeht? Solch eine hatten wir kürzlich bei einer Besprechung zu einer potentiellen, neuen D&D4 Runde. Es resultierte aus der Erkenntnis, daß Wizards of the Coast mit ihrem aktuellen Anlauf über die Essentials neue Spieler zu gewinnen eine Sorte von Kunden übersehen haben musste: Den rollenspielenden Neueinsteiger.

Ich meine damit nicht gute oder bessere Rollenspieler, sondern Personen, die längere Zeit schon Rollenspiel spielen nun nun D&D4 spielen möchten. Konkret ein Rollenspieler, der in eine bestehende Runde einsteigen will und kein Material besitzt.

Die Core Books konnten wir ihm nicht guten Gewissens empfehlen,

  1. weil sie auf dem heutigen Regelstand de Fakto wertlos sind und

  2. weil sie aus eben diesem Grund nicht mehr neu aufgelegt werden (er also mit zukünftigen Spielern Probleme bekommen könnte).

Die Essentials konnten wir ihm als Alternative aber auch nicht empfehlen, denn diese richten sich an komplette Neulinge, die noch nie ein Rollenspiel in der Hand gehabt haben. Die grundlegendsten Regeln werden dort auf mehreren Seiten anhand von konkreten Spielerfahrungen platt getreten, die den Neuling an die Hand nehmen (in der Art, daß z.b. beschrieben werden muss, was überhaupt Geschicklichkeit bedeutet), was als Nachschlagewerk so ungeeignet ist, wie es nur irgendwie geht. Hinzu kommt, daß die Regeln ja vereinfacht sein sollen, wir uns also nicht sicher waren, ob sie mit den "geupdateten" Grundbüchern überhaupt mithalten können. Die Essentials bieten ausserdem nicht die große Auswahl für den Spieler, wie es die Grundbücher bieten und er zudem an keine der einfachten Grundklassen Interesse hatte. Nicht zuletzt fehlt uns die Zeit, (Monate, Jahre?) zu warten, bis die Essentials auf dem Informationsstand sind, daß ein Einsteiger auf dem Niveau einer bestehenden Runde spielen kann.

Das bald kommende Rules Compendium hingegen enthält meines Informationsstandes nach nur die Spielregeln, ist als "Player's Guide" also auch nicht geeignet und richtet sich eher an Altspieler, die auf den neuesten Stand kommen wollen, ohne sich bei jeder Frage vor den Monitor setzen zu müssen.

Kurzum: Es gab keine Möglichkeit ihm den Einstieg mit bestehenden D&D4 Spielern zu ermöglichen.

Jetzt steht die Frage im Raum: Welche Antworten hat Wizards of the Coast für die erfahrenen Rollenspieler, die ein Interesse an D&D4 zeigen, aber nicht wie Vorschulkinder behandelt werden möchten?

Wir hatten keine. Aber wir konnten ihm unsere Grundbücher leihen.

Mittwoch, 18. August 2010

D&D4 Essentials Kriege

Ich hab mich von einem D&D4 Essentials Kommentar gedrückt, es gibt ohnehin zu viele. Aber mich stört es, wenn grundlegende Dinge bei der Diskussion ausser Acht gelassen werden.


"Krieg – die Essenz

Der Krieg ist die Angst der Kleinen
und die Gleichgültigkeit der Großen.
- Nico Szaba"

Die Geschichte des Rollenspiels ist eine konflikträchtige. Sie erzählt von großen Legenden und grausigen Schrecken, als Drachenlanzen und goldene Regelbücher aufeinander trafen und Riesen wie Arneson und Gygax über die Erde wandelten. Und die Legionen der Rollenspieler traten ein für alles, was ihnen lieb und teuer war, für die Fairness, die Herausforderung und die Spielfreiheit.

Gemeinsam haben wir das Joch des phantastischen Realismus überwunden, haben die Maskerade der Märchenerzähler gelüftet. Wir haben im Krieg der großen Drei gekämpft und danach den Aufstand der Indie-aner Rücken an Rücken über uns ergehen lassen. Und als der eiserne Marsch des ARS das flamewar versengte Rollenspielfeld erzittern ließ, haben wir uns nicht unterkriegen lassen. Nun hat sich der Rauch der Retroklonkriege noch nicht ganz verzogen und unzählige Designleichen auf dem Felde zurück gelassen, da droht schon ein neuer Konflikt, ganz anderer Natur.
Es herrscht Bürgerkrieg!
Es heisst nicht mehr länger wir gegen DIE, sondern Rollenspieler gegen Rollenspieler, Bruder gegen Bruder wendet sich gegeneinander.

Im Zentrum dieses Geschehens stehen die Dungeons&Dragons Essentials , die neue Produktreihe von Wizards of the Coast zur 4. Edition von D&D. Die Essentials sind als Einstieg für Neueinsteiger zu verstehen, wobei die erste Box (ja, es gibt keine dicken Regelbücher mehr) bereits alles enthält, was man zum Spielen benötigt. Zumindest für eine kurze Zeit. Über 10 Produkte hinweg werden die Anfänger häppchenweise zu Zitat "Pros" trainiert. Die Annahme der Designer ist, wenn sie das Spiel vereinfachen, würde es zugänglicher sein. Nun, D&D4 hat Potential zur Verschlankung, ohne Frage, ist aber im Grunde leicht zu verstehen. Wer sich den Inhalt der Box anschaut, sieht jedoch, daß es eher darum geht Inhalt zu streichen (bzw. Auf viele Produkte zu verteilen). Ein Anfänger sei also weniger überfordert wenn er nur noch 4 Klassen zu Auswahl hat anstatt 8+.
Na, wenn WotC jemanden mit so viel Geduld findet, wünsche ich Ihnen viel Glück dabei.

Doch die Essentials sind mehr als Funken zu verstehen, der das Pulverfaß der unterschiedlichen D&D4 Lager zu zerreißen droht. Denn für diejenigen, die bereits D&D4 spielen, wird es immer schwerer "up to date" zu bleiben. In den Essentials finden sich alle Veränderungen (sog. "Updates") ein, die bis dato erschienen sind. Parallel dazu erscheint ein "Rules Compendium", das all diese Regeln enthält. Es finden sich gar neue Optionen, die nur in den Essentials zu finden sind um D&D4 "Veteranen" zu ködern, manipulierend angefixt durch das rote nostalgische Design der Box (die ironischerweise in späteren Auflagen angepasst wird). Die Alternative, die uns von offizieller Seite zur Verfügung gestellt wird ist: Ihr müsst es ja nicht spielen.
Na, danke auch!
Währendessen zerpfücken sich die Spieler gegenseitig darüber, ob die Essentials nun eine neue Edition sind oder nicht. Dabei ist es im Grunde doch völlig egal nach welchen Regelvarianten gespielt wird so lange sie funktionieren. Ganz ehrlich, mir ist es wurscht, ob die Magic Missile automatischen Maximalschaden erhält oder gewürfelt werden muss. WotC hätte die Magic Missile auch streichen können, das ist egal, so lange das Spiel im Kern noch D&D bleibt.
Ich will nur, daß es FESTGELEGT ist.

Wichtig zu verstehen ist, daß es nicht um die Essentials geht. Es geht auch nicht ums Erratieren. Errata sind eine gute Sache, Fehler müssen ausgebügelt werden. Auch wenn mir ein von vornherein stringentes, durchdachtes, funktonierendes Regelsystem lieber wäre, darf man einem RPG Designer offenbar so viel Kompetenz nicht mehr abverlangen. Es geht nicht einmal um Editionssprünge, wenn ein System dadurch nach Vorne gebracht wird. Sei's drum.
Es geht vielmehr um die zwanghafte, sinnfreie Veränderung der Veränderung wegen, um Spieler dazu zu bewegen, immer am Ball zu bleiben. Wären die Essentials wirklich ein echtes 4.5 würde ich es begrüßen!
Eine Rollenspielrunde ist ein sehr fragiles Konstrukt, da es in der Vorstellung der Spieler geschieht. Und die ist normalerweise nur einem selbst vorbehalten. Diese nun zu synchronisieren, so daß die Spieler auf einer Welle miteinander Spass haben können macht RPG zu einem der schwierigsten Spiele überhaupt und scheitert öfters als das es funktioniert. Ein solides, konstantes Regelsystem kann dabei helfen die Runde zusammen zu halten. Nur, wenn sich dieses alle paar Wochen ändert, wird es selber zum Unsicherheitsfaktor.
Im Grunde provoziert jedes größere Update die Spaltung einzelner Gruppen von D&D Spielern und das schadet dem Rollenspiel als Ganzes. Wer spielt mit wem nach welchen Regeln, wer weiss das schon noch? Das das Argument "Ihr müsst die Änderungen ja nicht benutzen" in der Realität keine Bedeutung hat, lässt sich leicht erahnen (es sei denn die meisten Spieler spielen die unveränderte 1.Auflage, eine naive Annahme – Ich tue das übrigens soweit das möglich ist).
Auch wenn mir da sicher viele widersprechen, habe ich das in D&D 3.5 nicht so ausufernd erlebt.

D&D läuft seinen eigenen Spielern davon. Gerade denen, die ihr Hobby nicht als Arbeitswoche betreiben können, sondern schnell und unkompliziert und ohne viel Aufwand Rollenspiel spielen wollen. Dafür eignete sich D&D4 mehr als die beiden Vorgänger.
Ohne D&D Insider Account artet es nun regelrecht in Arbeit aus auf dem neuesten Stand zu bleiben und ich unterstelle darin Absicht. Und spätestens hier verliert sich das Argument der Einsteigerfreundlichkeit im Versuch Abhängigkeit beim Kunden zu erzeugen. Nicht mitzumachen artet spätestens dann in Problemen aus, wenn man sich Strategieguides im Internet durchlesen will oder sich lediglich mit anderen Spielern unterhalten will (ausser über das Thema 4.0 vs 4.5). Nicht zu vergessen bezieht sich Spielweltmaterial auch immer auf die bis dato aktuellste Version.
Mein D&D4 verhält sich nun so wie mein PC, es ist veraltet, bevor ich es nach Hause gebracht habe, und das kanns für ein langsames Hobby wie Rollenspiel einfach nicht sein. Ich will irgendwann auch mal spielen und mich nicht durchgehend mit Regelupdates beschäftigen. Und die Aussicht zurück zu hängen ist nicht sehr verlockend. Der Mangel an Fanmaterial zur 4. Edition bislang - und ich bin ein begeisteter Bastler wer die vorherigen D&D4 Beiträge las - könnte sich auch daraus ergeben. Für welche Regeln sollte man auch etwas basteln, so daß es andere Spieler nutzen können? Auch dies kann Intention sein.

WotC wäre gut beraten das starke Fundament von D&D4 auszubauen, anstatt es jede Woche neu zu erfinden. Was bleibt nach dem Metapher geschwängerten, überlangen Text? Was können wir überhaupt tun? WotC hat die D&D4 Spieler gegeneinander aufgebracht und diese zählen schliesslich zu den zähesten D&D Fans.
Gratulation!
Doch WotC ist es, gegen die wir uns stellen müssten. Streiten wir uns nicht über Magic Missiles oder Monsterschaden, sondern zeigen wir, daß nicht repariert werden muss, was nicht kaputt ist. Was D&D noch zusammenhält ist die Druckware, nicht die PDFs oder die Online Accounts. Sie stellen eine stabile Basis zum kreativen Austausch dar. Ich sage es nur ungern, aber das kommende Compendium KANN so ein neuer Haltepunkt sein. Beenden wir den Bürgerkrieg, gehen um des Friedens Willen einen Schritt entgegen und schliessen uns mit dem Compendium dieser neuen Basis an und abgesehen von echten Fehlerkorrekturen GILT dieser Regelfixpunkt dann, damit wir uns endlich wieder miteinander verständen können. Wir zusammen sind doch nicht so dumm, uns von WotC mit fadenscheinigen Argumenten vorführen zu lassen. Man muss nicht jeden Zahlendreher mitmachen, denn an eines müssen WotC scheinbar erinnert werden:
Zur Not können WIR auch OHNE sie D&D spielen!

Samstag, 22. Mai 2010

Die D&D4 Kritik verstehen

...oder ist D&D4 ein Rollenspiel?

Gerade kocht mal wieder im Tanelorn die bereits jetzt gealterte Diskussion darüber hoch, ob D&D4 ein Rollenspiel ist. Kurzum: Das ist es schon. Jedenfalls nicht mehr oder weniger als die zahlreichen Erzählspiele, von deren Mechanismen sich die Küstenzauberer zum Teil wohl haben beeinflussen lassen.

Jedoch kommt es im Zuge der Diskussionen – eher Streits – oft zu Mißverständnissen. Und obwohl ich eher zu denen gehöre, die die 4. Edition gut und in vielen Bereichen besser als die vorherigen beiden Editionen finde, kann ich die Kritiker gut nachvollziehen. Da ich für Rollenspielkritik grundsätzlich offen bin, möchte ich, daß ein wichtiger Kritikpunkt auch richtig verstanden wird. Jedenfalls so, wie ich es nach dem Aneinander-vorbei-reden in vielen D&D4 Diskussionen wahrnehme :


Das größte Mißverständnis scheint mir, ist, daß die D&D4 Kritik häufig an den Figurenkämpfen festgemacht wird. Die Regeln stützten sich zu stark auf Kämpfe, die auf einem Spielbrett mit Kästchen ausgetragen werden. Zu Recht halten dann die Fürsprecher von D&D4 dagegen, daß dies in den vorherigen beiden Editionen schon genau so war. Dabei geht es bei dieser Kritik gar nicht um die Figuren oder die Kästchen selber, sondern wie diese in der vierten Edition umgesetzt sind, denn das unterscheided sich grundlegend von den älteren Editionen. Die Kämpfe sind nicht mehr so handlungsorientiert wie vorher. Man lässt seinen Charakter nicht mehr durch die Regeln agieren, sondern man lenkt oft mit Hilfe der Regeln nur die Erlebnisse des Charakters. Der Unterschied macht sich meistens dadurch bemerkbar, daß sich die Auswirkungen der Regeln in der Spielwelt erst viel später erklären lassen. Das Mittdendringefühl für den Charakter geht dabei natürlich häufig verloren, vor allem, wenn man es handlungsorientiert gewohnt ist.

Ein Beispiel wären die berühmten Encountermanöver der Kampfklassen. So ein Encountermanöver kann ein Spieler einmal pro Kampf einsetzen, danach erst wieder im nächsten Kampf (wenn genug Zeit dazwischen vergangen ist). Es gibt in der Regel keinen Grund, warum der Kämpfer das Encountermanöver nicht mehrmals hintereinander anwenden könnte, schliesslich sind es nur ein paar Hiebe und Stiche. Im Nachhinein kann das aber so interpretiert werden, daß der Kämpfer die Gelegenheit hatte dieses Manöver lediglich nur einmal anzuwenden.

Das hat nichts mehr damit zu tun, "durch" den Charakter in der Spielwelt zu handeln, sondern seine Geschichte zu steuern. Dadurch gewinnen die Figurenkämpfe vor allem ein brettspielartiges Spielgefühl (nicht zu verwechseln mit spielbrettartig ;) ).

In der 3.Edition und davor war das grundsätzlich anders, da stellte eine Regel meist eine Handlung des Charakters dar und die Auswirkungen haben sich direkt gezeigt, auch auf dem Spielbrett mit den Kästchen. Fast alle Editionen sind spielbrettlastig, aber lediglich in der 4.Edition wirken sie auch wie ein abstraktes Brettspiel.

Das ist ein wichtiger Kritikpunkt, den ich absolut teile. Deswegen ist D&D4 immer noch ein Rollenspiel, und ein gutes dazu, aber eben ein anderes. Aus diesem Grund verbinde ich mit D&D4 auch eher eine Hassliebe, weil ich die Durchdachtheit des Ganzen und die Funktionalität sehr schätze, aber gleichzeitig die Spielstiländerung verfluche, weil es mir nicht mehr möglich ist eine Figur darzustellen, sondern nur noch "dabei" zu sein und zu sagen wie sie etwas erlebt.


Und die radikaleren D&D4 Spieler machen es sich mitunter sehr einfach, diesen Punkt zu ignorieren und die Diskussion damit abzuschmettern, das es allein um die Spielbrettlastigkeit ginge.

Den radikalen D&D4 Kritikern auf der anderen Seite jedoch, liegt mehr daran D&D4 als Rollenspiel zu disqualifizieren, als ihren Punkt wirklich verständlich zu machen. Ich habe ohnehin den Eindruck, daß manchen gar nicht bewusst ist, was genau sie an dem System stört, da sie im Spiel nur merken, daß es "anders" ist.


AmBesten fährt man also, beiden Hypes aus dem Weg zu gehen und sich die Sachlagen nüchtern anzuschauen. Ich kann nachvollziehen, daß D&D4 ein Rollenspiel ist, daß wenigen alten D&D Spielern gerecht wird und bedauere die Stiländerung der Wizards auch, jedoch ist es als findiger Rollenspieler kein Grund auf dieses wesentlich durchdachtere und eingängiere Spiel zu verzichten (die Skill Challenges alleinig seien hiervon ausgenommen), wenn man sich nur zu helfen weiß, die erzähllastige Seite von D&D4 einfach auszubauen, wie einige kreative Köpfe immer wieder zeigen.

Hausregeln haben in D&D und im Rollenspiel Tradition. Was hindert uns daran, sie hier anzuwenden, zumal viele 3.5 Spieler sicher mehr Hausregeln in ihren Runden benutzen als sie bereit sind in D&D4 anzuwenden? Das bereits 3.5 und davor ebenfalls viele konkret schwer zu interpretierende Regeln besitzen (Trefferpunkte z.b.) und D&D4 damit ein stringenteres Gesamtkonzept verfolgt, wird dabei auch gerne ignoriert.

Dienstag, 15. Dezember 2009

D&D4 Hausregeln: unausgegorenes Allerlei

Mit dem vorab letzten D&D4 Beitrag haue ich die restlichen Hausregeln heraus, die sich für eine Aufteilung nicht mehr lohnen und für eine D&D4 Kampagne zusammen gekommen sind. Die Planung zielte ja ursprünglich auf eine etwas stärker"weltsimulierendere" und "strategischere" Ausrichtung hin ab, wie man an den anderen Hausregeln sicher sehen kann und sie brauchen zum Teil sicher noch 1-2 Tests und Überlegungen mehr, dafür fehlt mir aber nun die Gelegenheit.
Aber wenn auch andere Runden darin nützliches oder Anreize finden, freut mich das.

Der letzte Beitrag deswegen, weil sich meine Runde inhaltlich von D&D im Ganzen erstmal getrennt hat. Vergessen werde ich es aber nicht und möchte mit Sicherheit einmal wieder dahin zurück kehren. Ich halte D&D4 immer noch für ein wichtiges, einflussreiches, neues Regelsystem, das viele aktuell beliebte Elemente aufgenommen hat aber vor allem wieder eigene Akzente gesetzt hat und damit mal wieder gezeigt hat wer in Sachen Rollenspiel die Richtung angibt und wie man sich neu erfindet. Damit sind sie vor allem mittlerweile weiter als viele ihrer (jetzt einstigen) Spieler.

Auf gehts:
Denglisch Warnung: ich benutze die englischen Regelbegriffe, da mir nur diese vorliegen.

- Hausregeln für Magie im weitesten Sinn

Charaktere mit divine und arcane Power Source ...
... dürfen Powerslots desselben Typs (Daily,Encounter usw.) mit derselben Power mehrfach belegen. Die Anzahl der Slots erhöht sich dadurch natürlich NICHT
... erhalten mit dem Ritual Caster Feat ihr halbes Level an zusätzlichen Slots, in denen sie Rituals vorbereiten können (10min + 2fache Materialkosten), die dann mit einer Aktion gezaubert werden. Der Feat Ritual Caster benötigt eine arcane/divine Power Source als Vorraussetzung (ist natürlich stärker spielweltabhängig)

Zauberressourcen:
- Nach jeder langen Rast, bis zu der man eine Encounter oder Daily Power nicht benutzt hat, verstärkt sich ein beliebiger Zahlenwert des Zaubers. Der Maximalbonus ist +5 für Attacke und Verteidigung, und +2 für Reichweite (Bewegung oder Zielweite) und Schaden. Der Schaden wird in Würfeln gerechnet, +2 bedeutet also +2Würfel. Der Spieler muss sich erst festlegen wenn er die Power benutzt, muss also nur eine Strichliste vor jeder Power führen. Der Zauber muss vorbereitet sein um sich zu verstärken.

- Diverses

Handel:
- Gegenstände werden zum halben Preis verkauft
- Beim Verkauf erhält man + 10% für jede +5 über den Verhandlungs DC (nicht über Kaufwert)

Waffengewöhnung:
- Alle 5 Level, die man eine einzige Waffe führt (ob magisch oder nicht), steigt der Enhancementbonus um 1 bis Maximal 6 (6 kann auch mit festem Enchancementbonus nicht überschritten werden)

Reperatur von Waffen und Rüstungen:
- Ein Zufallswurf + Enchancementbonus gegen DC 10 nach dem Austeilen oder Erhalt eines kritischen Treffers entscheidet über den Zustand "beschädigt". Eine beschädigte Waffe/Rüstung hat -2 auf Attacke/Rüstwert. Die Reperaturkosten betragen 1/10 des Kaufwertes. Eine Waffe/Rüstung kann nicht zweimal beschädigt werden. Bei einem Patzer ("1") auf dem Zufallswurf betragen die Reperaturkosten 1/5 des Kaufwertes.

Feat:
- Den Feat Weapon Expertise aus Player Guide 2 erhält jeder Charakter als Gratisfeat auf Level 1 oder oder stattdessen als Ausgleich 5 weitere Berufs- oder Handwerksfertigkeitspunkte (siehe Beitrag flexiblere Fertigkeitssteigerung)

Geld verdienen:
- Man kann pro Woche normaler Arbeitstage die 1/2 Fache des Probenergebnisses mit einer Berufs/Handwerksfertigkeit an Gold verdienen. Je nach Profession kann man auch schneller, pro Tag, Geld verdienen (bitter selber ausrechnen). Nur interessant für Kampagnenpausen.

Saves:
- Saves würfelt man gegen DC 9 + Bonus des eigenen, jeweils angegriffenen Attributs (auch ein negativer Mod zählt)

Verletzungen:
- Schwere Verletzungen (Beinbrüche etc.pp.) werden als Diseases verregelt (Auswirkungen von initial state,worsen,final state sind stark spielstilabhängig). Jeder Treffer in Höhe des Healing Surge Wertes fügt dem Charakter eine Wunde zu, wenn ihm kein Save am Ende der Runde gelingt (Mod des Verteidigungsattribut beachten). Der DC gegen Endurance zur Verbesserung, Beibehaltung oder Heilung der Verletzung richtet sich nach der "DC and Damage by Level" Tabelle (DMG.S42) oder dem Level des Gegners.
Die Rate für Endurancewürfe ist abhängig von der Tödlichkeit der Kampagne (1mal pro Langer Rast, 1 mal jede Woche....)
- HP regenerieren sich nicht über Nacht ohne Healing Surges zu verbrauchen (Wir benutzen das gerne, da wir nicht die nötige Anzahl an Kampfencounter pro Tag abhandeln).

Action Points:
- Action Points dienen als Belohnungspunkte und es gibt keine Milestones mehr. Ein Actionpoint darf ausgegeben werden um einen Wurf zu wiederholen. Es gibt keine Beschränkung der Anwendungen mehr (wie. 1mal pro Encounter). Die Belohnungskriterien muss die Runde unter sich ausmachen.

Wiederbelebung:
- Wenn man wiederbelebt wird erhält man -1 auf alle Saves (auch Deathsaves) bis man das nächste Level erreicht. Der Malus kann auch durch eine Tempelspende oder durch ein Ritual an seinen Gott in Höhe des Verkaufspreises eines magischen Gegenstands der Charakterstufe in Gold (oder an Material in Höhe dieses Geldwertes) frei gekauft werden. Gottlose können unter normalen Umständen nicht wiederbelebt werden, es sei denn ein Gott reißt sich um die Seele.

Montag, 30. November 2009

D&D4 Spielhilfe: Monstertabellen nach Rolle und Lebensraum

Da habe ich es ja zum Monatsende gerade noch geschafft eine Spielhilfe fertig zu stellen, die seit Monaten unansehnlich auch meiner Festplatte dahinvegetiert.

Ich hab die Monster im englischen Monster Manual I (MMI) von D&D4 für eine neue Kampagne (die wohl so bald nicht stattfinden wird) nach Stufe, Monsterrolle und Lebensraum sortiert. Trotz der, zum Teil, starken abkürzungen kann man sie, denke ich, wiedererkennen. Hinter dem Monsternamen ist die Seitenanzahl angegeben, sowie der evt. spezielle Monstertyp, [E] = Elite, [S] = Solo.

Ich habe mich dabei nicht sonderlich nach der Einteilung der D&D4 Lebensräume orientiert, sondern habe die Monster nach persönlichem Geschmack den folgenden Lebensräumen zugeordnet:

Arctic
Civilization
Coastal
Deathlands
Desert
Firelands
Forest
Jungle
Mountains
Plains
Subterranean
Swamp
Universal

Das Monster in unterschiedlichen Lebensräumen mehrmals auftauchen ist durchaus Absicht. Für mich ist das nützlich, um schnell passende Encounter für die entsprechenden Lebensräume zusammen zustellen. Ausserdem kann man, trotz der willkürlichen Einteilung, sofort sehen in welchen Bereichen (entweder einzelne Rollen oder ganze Lebensräume) es im MMI massiv mangelt. In diesen Fällen darf man die Einteilung natürlich nicht in Beton gegossen sehen.

Da das ganze ohnehin geschmacksabhängig, ist habe ich neben der PDF auch die editierbare OpenOffice Datei hochgeladen. Ich habe immer noch keinen zufriedenstellenden Onlinespeicher gefunden, aber ich versuche die Links aktiv zu halten.

Monsterrollentabelle PDF
Monsterrollentabelle Odt

Sonntag, 8. November 2009

D&D4 Hausregeln: Herstellen von Gegenständen

Der alltägliche Überlebenskampf hält mich davon ab so viel zu schreiben, wie ich möchte und auch in meiner Rollenspielrunde geht es drunter und drüber, dazu später. Ich versuche daher zur Zeit 2 Beiträge pro Monat einzuhalten, wobei ich natürlich nicht aus Selbstzweck schreiben möchte; oder wenn es Neuigkeiten zu berichten gibt.


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Kein großer Wurf, aber da mir in D&D4 ein System fehlte, mit dem ein Charakter nicht magische Gegenstände herstellen kann, habe ich mir einfach etwas aus D&D3.5 und anderen Systemen zusammengebastelt:

Der Schwierigkeitsgrad (SG) legt wie üblich fest, was ein Spieler mit seinen Beurfs/Handwerksfertigkeiten würfeln muss, um einen Gegenstand herzustellen
(zu Berufs/Handwerksfertigkeiten hatte ich hier etwas geschrieben). Ein Wurf spiegelt immer eine Woche Arbeit wider.

Der Zeitfaktor F legt fest, wie schnell man einen Gegenstand in dieser Woche herstellen kann.

Die Mengenzahl M legt fest, wie wieviele Gegenstände man gleichzeitig herstellen kann. Die hergestellte Gesamtanzahl wird in Vielfachen der Mengenzahl gerechnet.

Die Kosten legen den Materialaufwand fest, den man pro hergestellter Mengenzahl investieren muss. Manche Gegenstände benötigen zudem bestimmte Ausrüstung.

Nach dem Würfeln multipliziert man jeden Probenpunkt über dem SG mit dem Zeitfaktor pro Woche. Das Ergebnis wird vom SG abgezogen. Ist dieser auf Null ist der Gegenstand, multipliziert mit der Mengenzahl, fertig und jedes weitere vielfache eine weitere Menge. Liegt der SG über Null wurde die Herstellung in der Woche nicht beendet und eine zweite Woche muss angesetzt werden, der SG behält aber den reduzierten Wert bei.

Beispiele:
Wenn jemand nun unbedingt Kerzen ziehen will, sähe das z.b. so aus:
SG10, Kosten 5s, F 4, M 20
Der Spieler würfelt nun eine 18, das bedeutet 8 Punkte über 10, macht 8*4 = 32 . Das ist das 3fache von SG10, es wurden also 3 fertige Mengen hergestellt.
Das sind 3*20 = 60 fertige Kerzen pro Woche bei 3*5 = 15s Kosten.

Ein Schwert wäre z.b.
SG15, Kosten 15Gs, F 1, M 1
Der Spieler würfelt 27, die Differenz ergibt 12, das ist ingesamt SG15-12*1(F) = 3: Der Charakter benötigt also eine zweite Woche um ein Schwert (M=1) herzustellen.

eine gute, maßgeschneiderte Rüstung wäre z.b.
SG18, Kosten 1000Gs, F 0,25, M 1
Der Spieler würfelt eine 34, das sind sind SG18 - 16 * 0,25 = 14. Der Charakter wird also bei gleicher Leistung noch 4Weitere Wochen benötigen, um eine meisterliche Rüstung herzustellen.

Man kann die Mengenzahl Zeitfaktor natürlich zusammenfassen, was ich für mich als SL und Spieler aber nicht praktikabel finde. Wenn man lustig ist und einen Taschenrechner benutzt oder am Spielabend um 3Uhr Spass am Kopfrechnen hat, kann man daraus natürlich einen Schritt beim Rechnen machen (Mengenzahl*Zeitfaktor*Differenz/SG) und erhält noch ein genaueres Ergebnis (beim Beispiel der Kerzen z.b. 64 statt 60 pro Woche). Wenn das Tagespensum wichtig ist, muss man das Ergebnis natürlich nur durch, zum Beispiel, 6 teilen (bei einem freien Tag pro Woche). Dem Beispiel nach wären das also 10Kerzen pro Tag.

Für Vereinfachungen und Vorschläge bin ich natürlich offen.

Samstag, 17. Oktober 2009

D&D4 Hausregeln: flexiblere Fertigkeitssteigerung

Für ein freieres, "simulativeres" D&D4 habe ich vor einiger Zeit eine Reihe an Hausregeln gebastelt, die ich zur Verfügung stellen (und ablegen) will. Ich benutze PHB1 und PHB2, sowie DMG1.


Fertigkeitspunkte:
Beim Stufenaufstieg jeder geraden Stufe (mit Erhalt der automatischen Fertigkeitspunkte) kann man Fertigkeitspunkte abhängig von Klasse + Intelligenzbonus auf andere Fertigkeiten bis zur Höhe Stufe+14 umverteilen. Es dürfen auch Punkte umverteilt werden, die man bereits bei der letzten automatischen Steigerung erhalten hat, eine Fertigkeit kann also in seinem Wert abnehmen.

Umverteilungspunkte je Klasse betragen Anzahl der Klassenfertigkeiten/2 abgerundet:

Cleric 3
Fighter 2
Paladin 3
Ranger 4
Rogue 5
Warlock 4
Warlord 3
Wizard 3
Avenger 4
Barbarian 3
Bard 7
Druid 4
Invoker 3
Shaman 4
Sorc 5
Warden 3

Beispiel: Auf Level 2 erhält der Kämpfer mit Intelligenz 14 +1 auf jede seiner Fertigkeiten und er darf nun 3 (1/2Level+ IntMod) Punkte auf andere Fertigkeiten verschieben. Der Spieler reduziert Akrobatik um -1 und Diplomatie um -2 und erhöht Heilen um +3. Man stelle es sich vor wie Steinchen, die man wegnimmt und woanders wieder ablegt. Wäre Heilen bereits auf 15 gewesen hätte er es nur um 1 erhöhen können (Maximum Level2+14=16). Auf Stufe 4 bekommt er wieder +1 auf jede seiner Fertigkeiten und darf erneut 3 Punkte davon umverteilen.

Lernzeit:
Der Spieler darf einen Punkt pro Woche Übung (8Stunden Tag) in einer Fertigkeit zusätzlich von einer beliebigen anderen Fertigkeit verschieben.

Prä-Abenteuerphase:
Stellt den Zeitraum dar, den der Charakter vor seinem Abenteurerleben verbracht hat. Jeder Spieler darf bei Charaktergenerierung 1 Skill Training + 8 Fertigkeitspunkte auf beliebig viele Handwerks-, Berufs- und Wissensfertigkeiten verteilen, die für die Kampagne von sekundärer Bedeutung sind.

Wichtig ist mir, daß diese Phase die gut ausgeglichene Steigerung von D&D4 nicht behindert oder durcheinander wirft, deswegen sind Prä-Abenteuerfertigkeiten und reguläre Fertigkeiten spielmechanisch voneinander getrennt und zehren in keiner Weise von den Standardkapazitäten. Die automatischen Steigerungen beruhen auf der Annahme, daß jeder Held etwas von allen abenteuerrelevanten Dingen aufschnappt. Mit den Hausregeln kann sich ein Charakter nun auf bestimmte Felder flexibler spezialisieren (noch besser, wenn er intelligenter ist).
Ich nehme an, daß sich Abenteuererfahrungen und Alltagserfahrungen nicht substituieren lassen. Jemand, der Erfahrungen als Schreiner sammelt, kann die Erfahrung kaum im Abenteuerleben anwenden, aus diesem Grund ist Umverteilung zwischen den beiden Fertigkeitsarten nicht erlaubt.
Und ich nehme ausserdem an, das jeder Charakter in seinem Abenteurerleben keine nennenswerten Alltagserfahrungen mehr macht, deswegen gibt es keine automatische Stufensteigerung. Man kann durch Lernzeit aber Fertigkeitspunkte innerhalb dieser sekundären Fertigkeiten generieren (reguläre Fertigkeiten kann man mit Lernzeit nur umverteilen). Mit 4 Wochen Übung kann man eine neue sekundäre Fertigkeit auf Stufe 1 aktivieren/erhöhen. Auch darf man Fertigkeitspunkte innerhalb dieser Gruppe umverteilen, die man seperat erhält. Die obere Grenze beträgt jedoch immer Stufe+14.

Beispiel: Ein Waldläufer mit Intelligenz 10 erhält auf Stufe 6 auf alle Fertigkeiten ausser den sekundären Fertigkeiten +1. Sowohl von den regulären, als auch den sekundären Fertigkeiten darf er nun 3 Fertigkeitspunkte (6 insgesamt) umverteilen.

Berufs/Handwerksfertigkeiten dienen auch zum Herstellen mundaner Gegenstände, werden aber auch für alle anderen Belange des Berufs wie z.b. Wissen beprobt (z.b. Beruf(Schmied) für das bewerten eines Schwertes).
Passt eine Prä-Abenteuerfertigkeit zu einer Abenteuerfertigkeit (reguläre Fertigkeitsliste), darf man sich oder andere mit dieser Fertigkeit unterstützen (Wurf auf DC10 gewährt +2 Bonus).
Mit Berufsfertigkeiten lässt sich Geld verdienen.

Hausregeln zum Geld verdienen und zur Gegenstandsherstellung stelle ich demnächst rein.

Dienstag, 13. Oktober 2009

Ein System für eine Sandkastenkampagne [Teil 5]

Nachdem ich mich in den vorherigen Beiträgen meiner Berichte zur Erstellung einer Sandkastenkampagne mit der Recherche, den Spielweltinhalten, sowie den Werkzeugen zum Umsetzen der Ideen beschäftigt habe, soll es nun zuletzt um das dazugehörige Regelwerk gehen.

In Wahrheit habe ich parallel an Allem gleichzeitig gearbeitet und meine Reihenfolge dient lediglich der inhaltlichen Ordnung und ich würde im Nachhinein auch empfehlen kein Thema aus den Augen zu verlieren. Eigentlich hatte ich vor, daß System vorzustellen, das ich vorhabe zu nutzen, mit allen dafür erstellten Hausregeln, jedoch hat sich herausgestellt, daß es einige Widersprüche und Kompromisse zu beachten gibt. Die Zeit, die ich an Hausregeln für eines der beiden Systeme gebraucht habe, rechne ich selbstredend dennoch in die Gesamtzeit mit ein. Stattdessen geht es jetzt also eher um einen Systemvergleich zweier Ansätze, die unterschiedlicher nicht sein können.

V. Wer die Wahl hat... (Dauer ~3Wochen, Ende offen, Gesamtdauer: 13 Wochen+)

Da meine grundsätzlichen Ansprüche an ein Rollenspiel sehr divergent sind, kann ich mich (noch) nicht entgültig für ein Regelsystem entscheiden. Mittlerweile habe ich jedoch zwei Systeme im Blick, die nebeneinander genannt komisch erscheinen:

Zum einen die GURPS Grundbücher und zum anderen die Dungeons&Dragon4 Grundbücher.

Bevor sich jemand wundert, beide Regelsysteme haben gemeinsam, daß sie es erlauben, einen Charakter verhältnismäßig detailliert in Werten auszugestalten, was ich für einen wichtigen Aspekt der Langzeitmotivation halte. Aus diesem Grund fielen etliche einfachere und eingängigere und vielleicht effektivere Regelsysteme aus der Wahl heraus. Ausserdem haben sie gemeinsam, daß ich beide in Buchform besitze und mich gut damit auskenne. Mit einem unbekannten System würde ich mich an so eine Kampagne auch nicht herrantrauen.

Soweit die Gemeinsamkeiten, kommen wir zu den Unterschieden.


GURPS:

Das Regelsystem von Steve Jackson ist im eigentlichen Sinne kein Rollenspielsystem. Es ist vielmehr ein Baukasten aus dem sich eine Spielrunde ein Regelsystem basteln muss. Das ist Stärke und Schwäche zugleich. Ich möchte das System hier nicht erklären, im Vordergrund von GURPS steht die Simulation von Charakterhandlungen und Ereignissen innerhalb einer Spielwelt. Das heisst, die Regeln zeigen nur, welche Folgen bestimmte Begebenheiten in einer Spielwelt haben, nicht ob deren Vorhandensein oder Konsequenzen einen Einfluss auf den Spielverlauf einer Runde haben (z.b. wie oft und wie lange kommt jeder Spieler an die Reihe?; Wieviel Belohnung ist für Charaktere angemessen?; Welche Abenteuerinhalte sind für welche Art von Charakter geeignet?; Mit welchen Mitteln kann der Spielleiter Abwechslung in die Abenteuer bringen? usw.). Es gibt nicht einmal regelunabhängige Ratschläge dafür. Kurzum: Bei GURPS steht die Spielrunde in der vollen Verantwortung:

Fertigkeitslisten müssen zusammengestrichen werden, Vor- und Nachteile müssen eventuell gestrichen, erweitert oder neu bewertet werden. Unter Umständen muss erst eines der angebotenen Magiesysteme ausgewählt und angepasst werden. Selbst der Spielstil muss anhand der Optionalregeln fesgelegt werden. Und insgesamt muss der Detailgrad ausgewählt werden, wobei zu beachten ist, daß GURPS extrem lückenhaft, manche mögen sagen unausgeglichen, wird, wenn man eine der vielen Regeln heraus nimmt. Man braucht schon einen guten Grund oder große Weitsicht um auf einen Regelaspekt in GURPS zu verzichten.

Ein einfaches Beispiel: Spielt man in offenen Nahkämpfen ohne unbalancierte Waffen, ist der Kämpfer mit der dicken Zweihandaxt der größte Haudrauf. Spielt man dann aber ohne Preise, ist auf einmal derjenige mit dem teuren Zweihänder der größte Kämpfer. Und spielt man dann zusätzlich noch ohne Waffenreichweite ist derjenige mit Hellebarde (einer Formationswaffe!) nahezu unaufhaltsam.

Und diese Wechselwirkungen ziehen sich durch das ganze Regelwerk, zum Teil in viel größeren, nicht immer ersichtlichen Ausprägungen. GURPS ist grundsätzlich gut durchdacht, gibt es eine Regel für etwas, kann man davon ausgehen, daß es einen Grund dafür gibt, der etwas mit dem Ausgleichen von Vor- und Nachteilen hinter diesem Etwas zu tun hat. Dinge hingegen, die ausschliesslich gut sind werden dagegen mit negativen CP bewertet und umgekehrt.

Die Alternative wäre das GURPS-Light System, daß eine einfache Auswahl von Regeln ist, die in sich ausgeglichen erscheinen. Aber ich habe GURPS ja schließlich nicht gewählt, weil es wenig Regeln besitzt. Denn die Regeln eignen sich besonders gut dazu, um einen Spielstil zu betreiben, der sich nicht auf bestimmte Tätigkeiten festlegt, was für eine offene Sandkastenkampagne eine gute Vorraussetzung ist. Möchte ein Spieler z.B. unbedingt Bäcker in einer der großen Städte werden, gibt es garantiert in GURPS eine Regel oder Fertigkeit, mit der er das umsetzen kann. Das ist grundsätzlich eine gute Sache, da die absolute Spielerfreiheit und die Verregelung der gewünschten Aktionen für meine Spielweise ja im Vordergrund stehen soll. Und je gleichmäßiger die Regeln unterschiedliche Aktionen behandeln, desto unwahrscheinlicher ist es, daß sich ein Spieler benachteiligt fühlt. Die Runde muss sich dazu nur unbedingt klar werden, was ihnen am Spiel Spass macht, da GURPS weder Vorschläge gibt, noch die Runde an die Hand nimmt.

Der große Nachteil ist aber die bereits erwähnte Disqualifikation von GURPS als Spiel. Ein Spiel berücksichtigt viel stärker die Ebene ausserhalb der Spielwelt, nämlich die Tätigkeiten am Tisch. Das einzige Zugeständnis dazu macht GURPS beim Grundmechanismus, der in allen seinen Ausbauten spielbar bleibt, aber allein schon durch die Menge an Optionen und einiger kurioser Auswüchse (Stichwort: Fall- und Kollisionsschadensberechnung) fällt es aus der Rolle und verlangt viel von der Spielrunde ab.

Und wie erwähnt liefert es keinerlei Werkzeuge, die es dem Spieler leichter macht einen Charakter zu bauen oder dem Spielleiter die Führung oder Gestaltung des Abenteuers. Ich denke hier an Herausforderungsgrade von Gegnern, Regelgerüste für typische Abenteuersituationen (Verfolgungsjadgen, Verhandlungen, Massenkämpfe,..), reduzierter Verwaltungsaufwand, auf Abenteuerinhalte angepasste Vorschläge zum Charakterbau, Nischenschutz von Charaktertätigkeiten usw. Es gibt zwar einige Zusatzprodukte, wie Dungeon Fantasy, allerdings ist dies wiederum mehr eine Bauanleitung, denn ein komplettes Spiel. Die Gruppe muss sich die Spielmechanismen also erst einmal selber schaffen.


Dungeons&Dragons 4:

Nicht nur seit der vierten Edition tun sich Rollenspieler mit dem Rollenspiel definierenden System schwer, denn es ist abstrakt (wobei es wesentlich abstraktere Regelsysteme gibt, die dann seltsamerweise keine so großen Fragezeichen hinterlassen) und abstrakt muss man es beschreiben. D&D4 ist in fast jeder Hinsicht ein Spiel, das heisst die Tätigkeiten am Tisch haben größere Priorität als die Darstellung der Charaktertätigkeiten in der Spielwelt. Das beginnt allein schon beim Probenmechanismus, der auf schnelles Abhandeln hin ausgelegt ist und hört lange nicht bei der Interpretation von Lebenspunkten, taktischem Figurenkampf und Freiformrollenspiel auf. Die Mechanismen unhinterfragt als Darstellung der Spielweltereignisse zu nehmen ist ein Fehler. Dennoch ist es möglich damit in einer Spielwelt zu spielen, Spielrunden tun dies seit über 30 Jahren.

Ich vergleiche dies immer mit Japanrollenspielen (siehe Final Fantasy und co.) auf dem PC und Konsole. Die Darstellung der Kämpfe in zwei gegenüberstehenden Reihen von Kontrahenten, die abwechselnd einen Schritt nach vorne tun und sich auf die Rübe hauen, während der Gegner still da steht ist höchstgradig unplausibel. Dennoch bieten diese Spiele mitunter höchst dramatische Kämpfe in sehr dichten Spielwelten und Charakterbeziehungen mit ihren Geschichten. Das funktioniert, weil die Darstellung nur eine Bildsprache ist. Die Übertragung auf die Spielwelt muss aber vom Spieler vorgenommen werden und je geschickter die eigentliche Tätigkeit der Charaktere verfremdet wird, desto leichter korrigiert man das unbewusst (man wird in das Rollenspiel gezogen obwohl sich die Figuren äusserst unecht verhalten). Obwohl Computerspiele realistischer werden, funktionieren sie im Prinzip noch alle nach diesem Prinzip. Sehr offensichtliche Beispiele mit starker Verfremdung wären noch Textabenteuer oder Rogue-Like Spiele. Und alle haben sie dies, mehr oder weniger absichtlich, von D&D übernommen (hinreichende Vermutung). Und auf dieselbe Weise kann man auch in D&D4 spannende Geschichten erspielen, obwohl die Charakterhandlungen vor allem in Kämpfen nicht immer direkt dargestellt werden (z.b. kann ein Krieger viele seiner Manöver nur einmal pro Kampf benutzen, die Charaktere bewegen sich auf Feldern usw.)

Es gibt kein Patentrezept dies auch beim Rollenspiel zu erreichen. Grundsätzlich erhöht sich die Möglichkeit mit tieferer Spielatmosphäre/guten Abenteuern/gutem Spielleiter und Mitspieler und der grundsätzlichen Einstellung die Regeln nur als verschlüsselte Botschaft, Medium oder Sprache zu verstehen, die von der Spielwelt berichtet. Ich finde es erstaunlich, wie man über diesen Umweg sich eine von den Regeln losgelöste Spielwelt vorstellen kann. Die Spielwelt geschieht dann in der Vorstellung, alle anderen Störelemente, inklusive der Regeln, passieren am Tisch (zusammen mit den Chips und Spielmaterialien). Das kann eine ganz andere Qualität bieten, als wenn man die Spielwelt mit direkt simulierenden Regeln abgleichen muss, bei der Spielwelt und Regeln viel direkter verknüpft sind (und man sie sich entsprechend schlechter wegdenken kann).

Natürlich schränkt dies die Auswahl an Handlungen massiv ein, wenn man wert auf Verregelung setzt, denn D&D simuliert nur wenig. Es bietet Regelgerüste für genau eine bestimmte Form des Rollenspiels und Tätigkeiten: Selbstständige Helden, die für Reichtümer und Schätze überwiegend Kämpfe und andere Herausforderungen bestehen, um massiv an Macht dazuzugewinnen. Hat eine Runde schon diese, ganz konkrete Spielweise vor Augen, ist man mit D&D sehr gut bedient, denn in Folge dessen ist weder für Spieler noch Spielleiter so gut wie kein Mehraufwand nötig. Man kann problemlos alle Regeln nutzen, da die Menge überschaubar ist und man muss so gut wie nichts nachkorrigieren, wie es bei Rollenspielbaukästen der Fall ist.

Das Problem bei meinem gewählten Ansatz liegt auf der Hand. Ich möchte Charakterhandlungen verregelt sehen um Spieler fair zu behandeln und sie langfristig mit den Regeln zu beschäftigen und zu motivieren, das bietet D&D4 aber nicht. So wie ich in GURPS mir alle spielmechanischen Aspekte nachbauen muss, muss ich in D&D4 also alle simulativen Aspekte nachbauen. Dazu gehören z.b. Regeln für das Handwerk, Konstruktion und Reperatur, zu Berufen, zusätzliche Fertigkeiten und Fertigkeitsoptionen, Regeln für das Handeln, detaillierte Erstellung magischer Gegenstände, Verletzungsregeln usw.

[Anmerkung: Warum benutze ich also nicht einfach D&D3.5? Zum einen halte ich D&D4 von der Komplexität her für wesentlich weniger aufwändig, spielbarer und schneller (“Turn undead” werde ich in diesem Leben nicht mehr lernen und “Magic Item Crafting” habe ich noch nie verstanden), die Charaktergestaltung halte ich für ausserodentlich eingeschränkt (Zusatzbücher zählen nicht) und die Magie unausgeglichen. Zudem ist mir das Machtniveau von D&D3.5 gegenüber D&D4 viel zu stark. Unterschiedliche Charakterklassen können sich zudem gleichberechtigt in der Gruppe beteiligen. Zuletzt aber bietet D&D4 die wesentlich brauchbareren Werkzeuge für den Spielleiter. Auf das System der Herausforderungsgrade kann man sich meiner Erfahrung nach wirklich verlassen und Monster zu erstellen und zu modifizieren ist kinderleicht.]


Vielleicht ist ein bisschen klar geworden welche beiden Ansätze ich über die unterschiedlichen Regelsysteme nutze um zu demselben Ergebnis zu kommen und warum es so schwer fällt sich festzulegen und was man meiner Meinung nach dabei zu beachten hat. Meine fertigen Hausregelvorschläge zu D&D4 stelle ich evt. nach und nach hier zur Verfügung.

An dieser Stelle setze ich die Planung einer Sandkastenkampagne auf “ende offen”, zumal meine Rundensituation im Moment keine Möglichkeit für den Start einer offenen Kampagne zulässt. Mindestens 3 Monate mit Pausen, insgesamt circa ein halbes Jahr, habe ich mit wenig Vorwissen bislang daran gesessen, was meiner Vorabplanung ungefähr entspricht. 1 Woche oder gar 8 Stunden, wie man manchmal zu Lesen bekommt, halte ich für sehr unrealistisch. Ich hab es als viel Arbeit und Aufwand empfunden und die Gestaltung würde mit jedem fortschreitendem Spielabend vorrangehen. Ich denke, daß auch andere Spielleiter, mal ganz ohne Schönreden, Versprechungen und Werbung machen für eine offene Kampagne, mehr oder weniger mit diesem Zeitraum rechnen müssen. Dennoch bin ich überzeugt, daß sich der Aufwand lohnt und zu einem befriedigenderen und selbstbestimmten Spiel führt, für Spieler und Spielleiter. Ich hoffe die Berichte helfen dabei, sich einen Einblick in die Planung zu verschaffen, um zu entscheiden, ob man sich darauf einlassen will.

Donnerstag, 13. August 2009

D&D4 ist nicht "Hei Pauer"

Viele Vorurteile kursieren über D&D4, die es mitunter schwer machen sich konstruktiv auf einer Ebene über das Rollenspiel zu unterhalten. Eines davon ist die hartnäckige Annahme, D&D4 wäre ein stark magisches und von der Mächtigkeit stark ausgeprägtes System (nicht zu verwechseln mit Spielwelt). Vielmehr scheinen mir das aber Altlasten zu sein, die von Spielern der D&D3.5 Version in die neue transportiert werden, die D&D eben so spielen, wie sie es immer getan haben.
Doch es gibt einige Hinweise, die D&D4 im Vergleich zu Systemen wie DSA4 oder GURPS4, die als niedrig Magie verschriehene gelten, als bodenständig erscheinen lassen:


- Einzelne Standardmonster können von den Kampfwerten her mit den Helden mithalten oder ihre Fähigkeiten gar übersteigen. Nicht umsonst funktioniert D&D4 nach der Rechnung, das die Heldenanzahl an Monstern der Gruppenstufe eine Herausforderung darstellen. So genannte Elitemonster, also gute Kämpfer der entsprechenden Spezies (was selbst ein Goblinstammeskrieger sein kann) ist selbst für zwei Helden nur schwer zu überwinden. Man muss gar nicht erst die übergroßen Solomonster heranziehen um starke Gegner zu bekommen. Es gibt die Lakaienmonster, die aber nicht etwa wenig Blut in ihren Adern haben, sondern schlicht und einfach nicht zum Kämpfen ausgebildet sind und diese sind für einen ausgebildeten Kämpfer selbst in “realistischen„ Spielwelten Gegner, die man mit 1-2 Hieben überwindet. Zudem sollte man nicht dem Verdacht erliegen, sie mit schwachbrüstigen CR1/2 Monstern (CR für Challenge Rating) aus D&D3.5 zu vergleichen, denn jeder Lakai besitzt relativ gute Verteidigungswerte und kann relativ problemlos die Verteidigung eines Helden knacken. Scharmützel, bei denen die Monster nur auf einer 20 treffen, sucht man vergeblich.

- Trefferpunkte (TP) sind keine Lebenspunkte. Den vorherigen Satz am besten so oft lesen, bis man ihn nicht mehr vergisst. TP sind keine Lebenspunkte. Sie stellen das Vermögen eines Kämpfers dar, sich im Kampf zu beteiligen, sei es durch Ausdauer, gute Beinarbeit oder auch das Einstecken von Verletzungen. Da sich die TP in D&D4 aber binnen Minuten regenerieren, sofern Heilschübe vorhanden sind, kann letzteres damit nur in Ausnahmefällen gemeint sein (nämlich wenn der Charakter keine Heilschübe mehr hat). Die Helden erholen also einfach ihre Ausdauer von einem Kampf oder gewinnen ihren sicheren Stand zurück, und wie lange kann so etwas schon dauern? Es ist ohne Probleme möglich das System so auszulegen, das die Charaktere nur wenige bis einen echten Hieb aushalten können. Einen Kampf wie in DSA4, in der ein Ritter mit Rüstungsschutz12 eine beliebig lange Zeit eine beliebige Anzahl von Treffern ohne Schaden wegstecken kann, ist hier nicht denkbar.

- Zaubereffekte, die in 3.5 niedrigstufig waren, sind nun teilweise 10 Stufen höher angesiedelt oder brauchen durch die Ritualregeln 10Minuten an Vorbereitung (+ monetäre Kosten) und ein verdammtes Talent! um gesprochen zu werden. Zudem besitzen die Zauber nur kurze Wirkzeit: entweder bis zum Ende einer Runde, bis der Gegner einen Sicherungswurf schafft (was meistens auch nicht viel länger dauert), oder 10Minuten. Die Reichweite beträgt dabei nur wenige Kästchen (in der Regel 20 à 1,5 meter). Ein bis zum Horizont Wunder wirkender Geweihter aus DSA kann darüber nur müde lächeln.

- Die Zauberanzahl ist extrem gering! Ein Zauberwirker muss mit maximal 17 vorbereiteten Zaubern haushalten, auf Stufe30! Dazu gesellen sich eine Hand voll Rituale mit besagter Vorbereitungszeit. Aventurische Zauberer oder Charaktere, die mit GURPS erstellt wurden und problemlos an 40 Startzauber gelangen können, muten dagegen wie Halbgötter an. Der D&D4 Zauberwirker muss diese Zauber einmal am Tag festlegen, es gibt keine Schonungsregel für Spieler mit wenig Weitblick, ähnlich in D&D3.5, wonach ein Zauberwirker Plätze freihalten kann, um sie nachträglich zu bestimmen. Jeden einzelnen davon kann er nur einmal im Kampf wirken, einige davon sogar nur einmal am Tag und er kann jeden Zauber nur einmal vorbereiten. Im Vergleich zu anderen Spielwelten wie Aventurien besitzen die Gegner im D&D4 Monsterhandbuch zudem durchweg gute Verteidigungswerte gegen Magie, was den Schluss zulässt, daß die Magie keinen großen Einfluss auf die materielle Welt hat.


D&D4 hat in der Tat auch Brüche mit diesem Konzept, z.b. die Regenerierung der TP über Nacht, weshalb ich in meinen Runden immer die Hausregel verwende, daß TP auch über Nacht Heilschübe verbrauchen, oder die frei verfügbaren Zauber, die ein Charakter zwar immer wirken kann, die aber wenig mehr als bunte Lichter sind (als reinen Hintergrundeffekt kann man das aber wohl als “magisch„ gelten lassen). Es gibt viele magische Gegenstände, die allerdings im Vergleich zur Vorgängerversion extrem schwachbrüstig sind, da ihre Effekte nur einmal am Tag und nur einmal pro Heldenrang wirken und nicht mit anderen Effekten kombiniert werden können. Genaugenommen ist ein D&D4 Held bis auf den Verstärkungsbonus nicht auf die magischen Gegenstände angewiesen (dennoch lässt es die D&D Welten zweifellos als “magisch„ erscheinen).

Das Problem ist, das die Präsentation der Spielwelten in Bild und grundbuchferner Quellenbuchform zwecks Werbung und Wildern auch bei neuen Käuferschichten, wie quitschbunte Bilder verwöhnte Jugendliche, durch wizards of the coast zu vielen Fehlurteilen und Fehleinschätzungen führen, wie sich D&D4 spielt und was das System leisten kann. Meiner Erfahrung nach lassen sich auch viele erfahrene Rollenspieler von der Präsentation in ihrer Vorstellungskraft stark hemmen.

Insgesamt sind die Brüche aber wenige Aunahmen, die mindestens von den niedrigstufigen Hinweisen ausgeglichen werden, so daß man bei ehrlicher Auseinandersetzung mit dem Regelwerk die Behauptung, D&D4 würde in der oberen Liga der stark magischen und mächtigen Spielsysteme mitwirken, nicht aufrecht erhalten kann. Im günstigsten Fall gibt es gar keine Fokkusierung und D&D dient mit wenigen Abänderungen sowohl für ein mächtige, als auch für niedrig magische Spielwelten, was es leistungsfähig macht. Zumindest die starke Abschwächung gegenüber der 3.5 Version ist aber mehr als offensichtlich.
Es sind diese und andere Gründe, die mich auch dazu bewogen haben zu D&D4 zu greifen, um eine geplante niedrig Phantasie Spielrunde zu starten, die ich in absehbarer Zeit an dieser Stelle auch organisieren will.